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Fokus auf das Dienen – Beim ITSM stehen wieder Menschen und Services im Vordergrund

by Katharina Konstacky-Degasperi

Ober-Servicenerd Robert Sieber organisiert mit dem Servicenerds.Camp 2017 am 27. und 28. Oktober 2017 in Frankfurt am Main das Schlüsselevent für IT-Service Profis im DACH Raum. Anlässlich seines Vortrages bei Be CIO am 13.9.2017 in Köln haben wir ihn gefragt, was von ITIL und Co im Digitalen Zeitalter übrigbleibt und wie sich das IT-Servicemanagement weiterentwickeln wird.

Wie verändern sich die Anforderungen an das IT-Servicemanagement in Zeiten der Digitalisierung?

Servicemanagement wurde und wird häufig mit dem Ziel der Optimierung der Abläufe einer IT-Abteilung etabliert. Der Service Desk als Abschottung zum Kunden, ausgefeilte Prozesse für Störungen, Probleme und Veränderungen. Und das war es. Nichts weiter. Frei nach dem Motto „Mehr Tickets mit weniger Menschen“ – Also auch noch unsinnige KPIs.

Wir dürfen endlich den Kunden und die Services, die wir für diese Kunden erbringen, in den Mittelpunkt unseres Handels stellen. Echte Serviceorientierung etablieren. Mit der Digitalisierung wird die ganze Welt ein Service. Das darf in unsere Köpfe rein.

Wobei die Lage, in die sich viele interne IT-Abteilungen manövriert haben, nicht erst durch die Digitalisierung prekär wird. Sie ist eigentlich schon immer schlecht für das Unternehmen. Bisher wurde es akzeptiert, weil es kaum Alternativen gab. Nun wird allen klar, dass IT auch nur ein Produktionsmittel ist. Wenn es differenzierend ist, produziert das Unternehmen selbst. Ansonsten wird es am Markt zugekauft.

Darauf dürfen wir uns einstellen. Ich bin der Überzeugung, dass interne IT vielfach einen großen Vorteil gegenüber Externen haben: Sie kennen das Unternehmen, das Geschäft und die Prozesse. Sie können eigentlich punktgenau das liefern, was gebraucht wird. Sie tun es nur einfach nicht.

Ich habe es mal kurz gefasst: Serviceorientierung bedeutet die Ausrichtung aller Aktivitäten auf das Dienen! Serviceorientierung und Dienen ist viel, viel mehr als Technik und die genannten drei Service Support Prozesse. Der Fokus muss sich verschieben – wichtig sind Strategie, Kundenbetreuung, Anforderungsmanagement, Business Analyse, Portfoliomanagement und die Steuerung der externen Provider. Und vor allem das Anbieten echter, nutzbringender Business Services. Denn: Services sind Aktivitäten, aus denen Ergebnisse resultieren.

Wie wichtig sind Standards noch, während Agilität und Innovationskraft in der IT immer wichtiger werden?

Mit der ISO 20.000 haben wir den einzigen Standard im IT-Service-Management. Alles anderes sind Frameworks, Good oder Best Practices. Nichts, was man so umsetzen muss, wie es im Buche steht. Selbst die ISO 20.000 zielt auf das Was ab und nicht auf das Wie.

Das ist für mich ein essenzieller Punkt: Es sind alles Werkzeuge! Wie der Hammer, die Maurerkelle oder Rasenmäher. Und jeder entscheidet selbst, was er davon wie anwendet. Dieses Missverständnis ist auch eine Ursache für die Situation, die ich in der ersten Frage geschildert habe.

Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir über sehr viele Werkzeuge verfügen: ITIL, COBIT, FitSM, Scrum, Kanban, DevOps oder SIAM, um einige zu nennen. Die Aufgabe ist es, den richtigen Mix an Werkzeugen für die konkrete Situation des Unternehmens zu finden, umzusetzen und stetig zu verbessern.

Bin ich ein großer Onlinehändler und meine Softwareentwicklung erstellt jeden Tag eine Unmenge kleinster Realeses, dann darf ich definitiv überlegen, wie ich die Ideen von DevOps und Continouse Delivery in meine Umgebung so schnell wie möglich integrieren kann. Keine Frage!

Bin ich ein Krankenhaus und die einzigen Veränderungen sind die halbjährlichen Releases der Softwareanbieter, so ist die Wendigkeit, die ich durch Agilität gewinne, wahrscheinlich kein Wert für mein Unternehmen. Dafür sieht meine Service-Management-Umgebung und Prozesswelt ganz anders aus.

Werden die gängigen ITSM Tools den neuen Anforderungen gerecht? Was sollte man bei der Auswahl beachten?

Viele Werkzeuge werden noch nicht einmal den „alten“ Anforderungen gerecht. Sie kennen nicht einmal richtige Services. Also Produkte, die ich beschreiben, verkaufen und verwalten möchte. Für die ich eine Architektur in der CMDB abbilden möchte. Die ich kalkulieren und verrechnen möchte.

Letztes Jahr habe ich ein neues Tool ausgesucht. Ich bin sehr gut damit gefahren, dass ich im Vorfeld die wichtigsten Punkte für mich definiert habe. Ich habe festgelegt, dass das Tool:

  • ein SaaS sein muss,
  • Services tatsächlich abbilden können muss,
  • ein Self Service Portal zur Verfügung stellen muss,
  • Service-Portfolio und Projekte abbilden können muss und
  • das Finanzmanagement stark unterstützen muss.

Mit diesen wenigen, groben Anforderungen habe ich mir verschiedene Werkzeuge angeschaut. Genau auf diese Punkte überprüft.  Bei meinem Favoriten habe ich mir dann auch die weiteren Funktionen und Prozesse angeschaut. Nachdem das auf den ersten und zweiten Blick ok war, habe ich es getestet und letztlich auch gemietet.

Ich kann nur vor den meterlangen Excel-Anforderungslisten warnen. Diese verschlingen ungemein viel Zeit bei der Erstellung und beim Ausfüllen. Die Aussagekraft, die man in der Regel erhält ist sehr gering. Die Fähigkeiten der Tools liegen sehr nah beieinander. Die Zeit können Sie sich sparen.

Konzentrieren Sie sich im ersten Schritt auf die wirklich wichtigen großen Punkte, die das Werkzeug abdecken soll. Schauen Sie sich diese an und dann erst den Rest.

Der Wechsel eines Tools ist immer ein wirklich gute Gelegenheit, die internen Prozesse auf Null zurückzusetzen und zu schauen, was nötig ist, um mit den Abläufen auszukommen, die das Tool mitbringt. Das senkt nicht nur ungemein die Implementierungskosten, sondern entschlackt die Prozesse enorm.

Welche Themen beschäftigen die Servicenerds Community?

Über viele Themen haben wir schon gesprochen: Im Frühjahr habe ich eine Webcastserie für die Community organisiert. Sechs Hersteller haben Ihre Tools vorgestellt und wir konnten alle Fragen stellen. Die Resonanz war großartig: Sehr kompakt ein Marktüberblick und vor allem ohne gleich die Kontaktdaten an die Hersteller zu geben. Da ist die Community quasi die „Firewall“.

In einem speziellen Teil der Community ist gerade „agiler Sommer“. Wir beschäftigen uns mit den verschiedenen agilen Ansätzen und entwickeln Ideen, wie wir das ins Service-Management übertragen können.

Natürlich spielt auch der Service an sich eine Rolle. Die Hauptrolle möchte ich sagen. Also: was ist ein Service, wie finde ich die richtige Flughöhe, wie beschriebe ich die Architektur, wie berechne ich die Kosten usw. Das sehe ich vor allem an den Downloadzahlen der IT-Service-Canvas.

Das ist ein Hilfsmittel, um die Entwicklung eines Service zu strukturieren und zu visualisieren. Ähnlich der Business Model Canvas. Es sind insgesamt zwölf Schritte. Und da kommt man an allem vorbei, was bei der Erbringung von Services weh tut und geklärt werden darf.

Richtig bunt werden die Themen auf unserem Servicenerds.Camp – das Barcamp zum Thema Servicemanagement. Das Veranstaltungsformat Barcamp ist super spannend: es gibt keine Agenda, keine Hersteller und keine Success-Storys. Jeder Teilnehmer kann und soll eigene Beiträge beisteuern. Egal ob eine Frage, eine Thema worüber er diskutieren möchte, eine Problem, zu dem er Ideen benötigt oder der Bericht über ein Projekt.

Beim letzten Camp hatte wir Themen wie: Knowledge-Management, Innovations- und Kreativtechniken, Service-Katalog, Marketing für IT-Services und Verrechnung. Das spannende sind die unterschiedlichen Erfahrungen und Blickwinkel der Teilnehmer. Ich gehe immer ganz elektrisiert nach den zwei Tagen nach Hause.

Wer sich selber davon überzeugen möchte, kann am 27. und 28.10 nach Frankfurt kommen. Da findet das nächste Servicenerds.Camp statt. Und ja, der Samstag ist Absicht! So kommen nur Menschen, die es ernst meinen!

Was sind aus Deiner Sicht die 3 wichtigsten ITSM Trends, mit denen man sich auseinandersetzen sollte?

Ich hatte das Vergnügen über ein Mitglied aus der Servicenerds-Community ganz nah an einem Proof of Concept zum Thema Künstliche Intelligenz im Service Management dabei zu sein. Mit Hilfe AI-basierender Prozessautomation wurden 80% der auftretenden Incidents durch die Maschine gelöst. Ohne Eingriff eines Menschen. Und das in einer ziemlich komplizierten Umgebung. Das hat mich sehr beeindruckt. Das ist ein Thema, das kann ich nur jedem ans Herz legen, der Services im eigenen Haus produziert. Der Kosteneffekt und das Potential sind enorm!

Unternehmen kaufen ihre IT-Leistungen vermehrt am externen Markt. Damit gewinnt das Unternehmen viele zusätzliche Lieferanten. Lieferanten, die in der Servicearchitektur jeweils einen Beitrag leisten. Der Service an sich die Leistungen enthält die Leistungen mehrerer interner und externer Lieferanten. Und das wird zum Problem werde. Unternehmen dürfen Strukturen aufbauen, die das Multiprovidermanagement beherrschen, um der Ende-zu-Ende-Verantwortung gerecht zu werden.

Ich sprach eingangs vom Vorteil einer internen IT: Sie kennt das Unternehmen, das Geschäftsmodell und die Prozesse. Sollte sie zumindest. Denn nur so kann sie die Ende-zu-Ende-Verantwortung für einen Service übernehmen. Das ist auch kein Trend, sondern eine Notwendigkeit, um die eigene Existenz rechtfertigen. Die IT darf sich zum Prozessberater und Moderator entwickeln.

Am 27. und 28.10. 2017 laden die Servicenerds rund um Robert Sieber zum servicenerd.camp – hier treffen Sie zahlreiche Kollegen aus unterschiedlichen Branchen zum intensiven Erfahrungsaustausch.

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2 comments

flowerkey 29. April 2020 - 10:28

Hey danke für den lesenswerten Beitrag! Interessant wie sich die IT Services Management verändert. Viele Grüsse

Reply
Fernando Ducoing 11. Mai 2020 - 8:54

Bitte sehr. Wir freuen uns, dass Sie diesen Beitrag lesenswert finden.

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