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7 Kardinalfehler beim Service Management im digitalen Zeitalter

by Annecilla Sampt

Michael Thissen ist der SERVICE GUIDE – zumindest ist er Autor des gleichnamigen Buches. Hier fasst er seine jahrelangen Erfahrungen zum Thema Service und Service Management in einem umfassenden Standardwerk zusammen, das sowohl bei der Selbsteinschätzung als auch beim Optimieren von Service-Strategie und Prozessen hilft.

Unser Event zur digitalen Innovation im Unternehmen, #IDEE 2019 am 20. Mai 2019 in Wien, befasst sich intensiv mit den neuen Anforderungen von Kunden an Dienstleistern. Unsere Frage an Michael: Welche Fehler gilt es beim Service Management auf jeden Fall zu vermeiden:

Ich habe in der Zwischenzeit 14 Kardinalfehler herausgefunden, aber die wesentlichen 7 sind eindeutig diese:

1. Service-Einbahnstraßenkommunikation

Typischer Servicefehler ist das »Nicht Reagieren« oder das »Nicht-Antworten« in der heutigen Zeit. Ich persönlich bekomme sprichwörtlich einen dicken Hals, wenn ich Mails an Kundencenter sende und nie eine Antwort erhalte. Ich frage mich dann immer wieder, hab ich gerade eine Mail an schwarzes.loch@beispielunternehmen.de gesendet? Liebe Unternehmen, es ist doch so einfach, schnell und automatisiert Kundenanfragen zu beantworten. Mit dem zusätzlichen Einsatz von Lösungen und etablierter künstlicher Intelligenz werden Antworten oder Reaktionen auf schnellstem Wege zurück zum Melder geschickt. So weiß er, dass jemand auf sein Anliegen reagiert hat und bald eine Lösung für sein aktuelles Bedürfnis vorliegen kann.

IDEE Meme Michael Thissen2. Service-Abstellgleis

Klassisch ist auch, den Kunden auf das Abstellgleis zu schieben und ihn dann am besten noch total zu vergessen. Die Rede ist von Reaktions- und Wartezeiten mancher Unternehmen. Wie in der Einbahnstraßenkommunikation schon deutlich gemacht, müssen Sie dem heutigen Kunden schnell antworten. Im Folgenden möchte ich Ihnen aufzeigen, was passieren müsste und was in der Realität häufig passiert, wenn eine Kundenanfrage eintrifft. Mit Eintreffen dieser sollte ein standardisierter Prozess aktiviert werden. Idealerweise ist die eingehende Kundenanfrage der Startpunkt und diese sollte bei Ihnen einen standardisierten Prozess aktivieren.

 

Idealerweise werden bei festgelegten Zwischenschritten immer Meldungen an den Kunden versendet, damit er über den aktuellen Bearbeitungsstand informiert ist. Was aber heutzutage gerne passiert, ist, dass nach der Eingangsbestätigung nichts mehr passiert und Kunden tage- oder wochenlang auf Reaktionen warten. Auf erneutes Anfragen kommt es daher nicht selten vor, dass man die Eingangsmeldung bzw. die Folgeaktivitäten nicht mehr finden kann und schon sinkt die Kundenzufriedenheit deutlich. Schaffen Sie sich hier Lösungen an, die alle Kundenaktivitäten prozessual steuern und somit schnell auf den aktuellen Status zugegriffen werden kann.

Kunden wollen nicht warten! Kunden wollen wissen, wann was passiert. Und das jederzeit!

3. Service- und Systemunzuverlässigkeit

Sind Sie ein Dienstleister oder sogar ein Produkthersteller im technischen Umfeld? Dann ist die Verfügbarkeit, also die Systemzuverlässigkeit einer Ihrer wichtigsten Servicemesspunkte. Wir wollen nicht vermuten oder hören, dass Hersteller extra die eigenen Produkte so erstellen, dass nach einiger Zeit ein Ausfall oder sogar eine komplette »Nicht-Mehr-Nutzung« aktiviert wird. Mit den jahrelangen Erkenntnissen und Qualitätssteigerungen müssen dem Kunden Produkte heutzutage höchst zuverlässig zur Verfügung gestellt werden. Ein Ausfall darf nur noch in seltensten Fällen auftreten, der dann aber wirklich serviceorientiert behandelt wird. Also schnell und unterstützend für die Kundenbedürfnisse.

4. Service-Komplexität

Kennen Sie das womöglich aus eigener Erfahrung, dass ein Verkäufer Sie mit Nutzenargumentation sprichwörtlich außer Gefecht gesetzt hat? Minimieren Sie das Nutzerchinesisch auf ein Minimum. Ikea hat es mit seinen Anleitungen schon vorgemacht und eigentlich sollten alle Anleitungen so schlicht wie möglich aufgebaut sein. Für Kunden ist die richtige Usability unumgänglich. Leider findet sich immer wieder eine komplizierte Nutzung vor, sodass sich viele Kunden erschreckt zurückziehen und das Produkt oder die Dienstleistung nicht mehr nutzen wollen. »Keep it Simple« ist die Devise, die zum verblüffenden Service einfach dazugehören muss. Und das sollte in allen Ebenen, die einen Kunden betreffen, umgesetzt werden. Ob es sich dabei um eine Installation einer Anwendung, die Inbetriebnahme eines technischen Geräts handelt, oder möglicherweise eine Vertragsverlängerung oder sogar Kündigung … für den Kunden sollten einfache Schritte fokussiert werden. Nehmen Sie die Komplexität raus und schaffen so Leichtigkeit. Je einfacher es ist, umso zufriedener ist der Kunde.

Und hier können Sie heutzutage viel mehr Innovationen nutzen, indem Sie zum Beispiel kleine Anleitungsvideos online stellen, anstatt mühselig Dokumentationen erstellen. Nicht umsonst ist YouTube so eine erfolgreiche Plattform.

5. Service-Datenlöcher

Kundendaten und deren Datenqualität ist das A und O eines Unternehmens. In vielen Firmen fallen fehlende, fehlerhafte oder noch nicht aktualisierte Daten intern erst einmal gar nicht besonders auf, haben aber aus verschiedenen Perspektiven große Folgen.

  • So kann eine Frau mit der Anrede »Herr« angeschrieben werden oder sogar ihr verstorbener Mann erhält noch von Firmen Post, obwohl dort die Information über dessen Ableben längst eingegangen ist. Dies kann einen sehr unangenehmen Eindruck hinterlassen!
  • Ebenso kommt es sehr oft vor, dass jemand umziehen möchte und gibt die neue Adresse rechtzeitig an den zuständigen Energieversorger weiter. Die Abschlussrechnung erhält man aber immer noch nicht, da diese noch an die alte Adresse ging und nicht zugestellt werden konnte!
  • Oder zielorientierte Werbung über Seniorenreisen an jemanden senden, der gerade 30 geworden ist!
  • Ein Kunde ist in unterschiedlichen Systemen hinterlegt, weil der Lieferant verschiedene Verkaufsquellen hat. Jedoch sieht keiner den Zusammenhang und stellt daher ggfs. die falschen Fragen oder legt Angebote vor, die der Kunde schon von woanders erhalten hat!
  • Ein Kunde ruft an und wird mehrmals weiterverbunden. Jedes Mal muss er alles zu seinem Anliegen wiederholen, weil keine ordentliche Dokumentation durchgeführt wird!

Ich könnte hier noch gerne weitere scheinbar lustige Perspektiven nennen, doch irgendwann ist Schluss mit lustig und der Kunde ist verärgert. Das Thema ist hier die Datenqualität. Mein Tipp: Achten Sie hier besonders auf Historien. Je besser Sie nachvollziehen können, was um den jeweiligen Kundendatensatz schon alles geschehen ist, umso gezielter können Sie den Kunden ansprechen und für sich gewinnen. Und ein persönlicher netter Gruß zum Geburtstag kommt immer noch gut an.

6. Service-Floskeln

„Hat´s geschmeckt“ – Wie oft haben Sie diesen Satz schon von einer gastronomischen Servicekraft gehört? Die meisten haben bisher immer mit „Ja, hat geschmeckt“ geantwortet.

Warum antworten Sie nicht auf die Frage so: „Nennen Sie mir bitte einen Grund, warum ich Ihnen diese Frage beantworten soll“! Machen Sie das mal bitte und genießen das verdutzte Gesicht der Servicekraft für diesen Moment.

Ganz ehrlich … die Frage, ob es geschmeckt hat, ist nicht richtig formuliert. Eine serviceorientierte Frage zielt auf eine Antwort ab, mit der man auch etwas anfangen kann. In dem Falle wäre die richtige Fragestellung der gastronomischen Servicekraft eine solche, mit der täglich pro Gast analysiert werden kann, wo Optimierungen angesetzt werden sollten. Man setzt sich regelmäßig mit allen Beteiligten zusammen und versucht, aus den gewonnen Kundeninformationen Verbesserungen am Service bzw. an der ganzen Servicekette identifizieren zu können.

In der heutigen Servicewelt sind zu viele Floskeln gegenüber den Kunden spürbar. Diese nichtssagenden Redewendungen werden meist nur aus Höflichkeit gebraucht. Hier müssen die richtigen Formulierungen und erstgemeinten Gesten erzielt werden, damit eine Kundenverblüffung sichergestellt wird.

7. Service-Problemschieberei

Ist Ihnen das auch schon vorgekommen, dass Sie eine Serviceleistung beauftragt haben, und dann aus irgendwelchen Gründen eine Verzögerung aufgetreten ist? Das kann ja immer wieder vorkommen, aber dann bitte nicht so agieren, dass man das eigene Problem zum Kundenproblem macht!

Gelebte Praxis: Das Auto einer Freundin von mir wurde aufgrund eines Unfalls in eine Meisterwerkstatt geliefert. Mit den abschließenden Worten wurde inklusive der Bereitstellung eines Leihwagens eine Reparaturzeit von 5 Tagen vereinbart. Der Meister selbst war total überzeugt davon, in diesem Zeitraum den Wagen reparieren zu können. Am letzten Tag rief man an, um mitzuteilen, dass die Reparatur doch noch länger benötigt, aber der Leihwagen dringend wieder zurückgegeben werden müsse. Es gab einen unvorhersehbaren Zwischenfall, sodass nun die Reparatur doch länger benötigt und man den Leihwagen dringend zurück benötigen würde.

Hier gab es keine Lösungsvorschläge, sondern nur Problemverschiebungen.

Bitte, machen Sie nie den Fehler, Ihre Probleme zu den Problemen anderer zu machen!

Mehr dazu beim Confare Event IDEE 2019 in Wien am 20. Mai 2019.

Hier wird auch der IDEAward 2019 für digitale Innovation in Unternehmen verliehen.

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