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Zweitklassige Führung kann man sich nicht leisten – Was Führungskräfte in dynamischen Zeiten stärkt

by Annecilla Sampt

Im Confare Seminar Disruption und Führung – Management Maximen für das Digitale Zeitalter mit Monika Herbstrith-Lappe geht es darum, wie Führungskräften trotz Ungewissheit und Veränderung voran gehen können. Im Blogbeitrag lesen Sie, wie sich die Anforderungen an Manager entwickeln und wie Sie mit Veränderung richtig umgehen.

Das Paradoxon des Ungewissen: Das Unvorhersehbare vorausschauend managen

Heraklit wird eines Besseren belehrt: Der Wandel ist nicht mehr beständig. Er unterliegt selbst einem Wandel vom continous zum disruptive change. „Gewiss ist nur die Ungewissheit“ ist die Devise der aktuellen Zeit der Umbrüche. Dabei unterscheidet man noch das „know unknown“ und das „unknown unknown“. Bei ersterem ist uns zumindest klar, WAS passieren könnte. Das kann man mit Ansätzen des klassischen Risikomanagements absichern. Viel tückischer ist das jetzt vorherrschende noch unbekannte Ungewisse, das noch unserer Vorstellung entzogen ist, weil es noch nicht vorgekommen ist. Wie kann man sich darauf einstellen und vorbereiten?

Trendforscher Matthias Horx meint dazu: „Ich habe festgestellt, dass die Menschen sich gar nicht wirklich für die Zukunft interessieren. Sie interessieren sich eher für die Verlängerung der Vergangenheit ins Morgen. Genau das aber hat die Zukunft nicht im Programm“ Als Statistikerin formuliert: die beschreibende Statistik der Daten der Vergangenheit wird mit der schließenden Statistik zur Vorhersage für zukünftige Ereignisse verwechselt. Das geht jedoch nur, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht oder zumindest absehbar kontinuierlich verändern. Umbrüche mit völlig neuen Voraussetzungen und Gesetzmäßigkeiten stellen mathematisch betrachtet Singularitäten da, wo diese Schlussfolgerung ins Leere geht.

Wie sehr es neue Denkansätze braucht, bringt auch der Quantenphysiker Hans-Peter Dürr auf den Punkt: „Wir leben im 21. Jahrhundert mit der Technologie des 20. Jahrhunderts und wollen die heutigen Probleme mit dem Denken des 19. Jahrhunderts lösen und das kann nur in den Graben gehen.“

Welche anderen Kompetenzen braucht es?

Distribution und Führung - Vertrauen auf dem PrüfstandUnsere Welt braucht „Erfahrene AnfängerInnen“: Einerseits Erfahrungsschätze und andererseits die Bereitschaft sich immer wieder neu auf Situationen einzustellen. Bertold Brecht: „Man muss vom Alten lernen Neues zu machen.“ „Das haben wir schon immer so gemacht.“ ist für die Welt der Umbrüche eine fatale Einstellung. Prof. Helmut Karner, Mitglied des Föhrenbergkreises hat schon zu Ende des letzten Jahrtausends gemeint: „Wir verhalten uns häufig wie jemand, der auf der sinkenden Titanik um das Recht der Liegestühle kämpft.“ Viele Unternehmen optimieren die Effizienz der „Abläufe auf der Titanik“ und übersehen dabei, dass das Spiel „Titanik“ ein Ablaufdatum hat.

Die Kunst besteht darin, möglichst lange im Anfängergeist und im Entdeckungsmodus zu bleiben: die herzhafte Freude Neuland zu erkunden. Zenmeister Shunryû Suzuki Rôshi in seinem Buch „Anfängergeist“: „Bewahre dir einen forschenden Geist und klebe nicht an dem, was du schon weißt.” Im Geiste der AnfängerInnen gibt es mehr Möglichkeitenals im Geiste der ExpertInnen, die einige Lösungen kennen. Humor und Spaß sind Quellen für Kreativität und Innovation – ganz im Sinne von Steve Jobs: “Stay hungry & stay foolish”.

Den innovativen Erkundungsmodus gibt es nur, wenn wir NICHT unter Stress stehen. Stress erzeugt Tunnelblick. Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker: „Ganz neue Zusammenhänge entdeckt nicht das Auge, das auf ein Werkstück gebeugt ist, sondern das Auge, das in Muße den Horizont absucht.“ Reflexionsfähigkeit und sich selbst immer wieder in Frage zu stellen, gehört zu den Schlüsselfähigkeiten. Der Appell von Sir Winston Churchill gilt mehr denn je: “Zwei Dinge sind zu guter Arbeit nötig: unermüdliche Ausdauer und die Bereitschaft, etwas, in das man viel Zeit und Arbeit gesteckt hat, wieder wegzuwerfen.” Nicht ohne es zu würdigen. Denn Wertschätzung für das Bestehende ist Voraussetzung für Veränderungsbereitschaft. Das Alte schlecht oder lächerlich zu machen, ist genauso ein No-Go wie bei einem Bewerbungsgespräch über den letzten Arbeitgeber schlecht zu reden. Es waren zu ihrer Zeit Erfolgsstrategien UND die sich abzeichnenden geänderten Rahmenbedingungen brauchen neue Strategien. Veränderung braucht Spielbein UND Standbein. „Was bleibt gleich und was wird anders?“ ist die Schlüsselfrage. Oder mit den Worten von Dalai Lama: „Öffne der Veränderung deine Arme und behalte deine Werte im Auge.“

Welche strukturellen Voraussetzungen braucht es zum Meistern der aktuellen Herausforderungen?

Cédrik Villani, Träger der Fields Medaille, nach seinem Erfolgsrezept gefragt: „Man macht kaum Fortschritte, wenn man nicht akzeptiert, sich einer Situation auszusetzen, in der man verwundbar ist.“ Von zentraler Bedeutung ist die Überwindung von Ängsten vor Veränderungen und von Fehlern. Eine Innovationskultur braucht eine Mut- und Vertrauenskultur. Diese wiederum gedeihen nur auf dem Nährboden einer Fehlerkultur und eine Kultur des Scheiterns. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass FEHLER durch Vertauschen weniger Buchstaben zu HELFER wird. Und GESCHEITERT trennt nur der Buchstabe T von GESCHEITER. In Facebook kursiert der Spruch: „Niederfallen, aufstehen, Krone zurechtrücken und weitergehen.“ Übrigens James Bond rückt nach einem Gemätzel immer zunächst die Manschettenknöpfe zurecht, um wieder in seiner Würde anzukommen. Beide vergessen etwas ganz Wesentliches, nämlich die Reflexion: Was lerne ich daraus? Was mache ich ab jetzt anders, um das Risiko des Scheiterns zu reduzieren?

Treffend ist auch die Episode von Edison. Seit Assistent kommt verzweifelt zu ihm: „Schon wieder ein Fehlversuch.“ Edison freudig: „Wir sind wieder einen Schritt weiter, weil wir eine weitere Möglichkeit ausschließen können.“ Die Devise von Musil trifft es auf den Punkt: „Wir irren vorwärts.“ Tückisch ist auch der Rückfall in alte Muster. Mike Schünemann: „Ich habe keine Angst vor dem, was das neue Jahr an Unbekanntem für mich bereit hält. Ich fürchte mich eher vor dem Zurückfallen in bekannte, alte Gewohnheiten.“ Damit dies nicht passiert gilt es, alte Gewohnheiten durch neue zu ersetzen. Das braucht mehrmalige Wiederholung und besondere Aufmerksamkeit über mehrere Wochen. Hilfreich kann auch die Strategie „Cut des Alten“ sein – im Sinne der Indianerweisheit: „Wirf dein Herz über den Fluss und springe nach.“ Früher wurden nur Nichtschwimmer als Flößer angeheuert. In einer Gefahrensituation würden sie alles tun, um das Floß und damit sich selbst zu retten. Eine radikale Form, die Identifikation und damit das Engagement zu steigern.

Worin bestehen Fallen?

Gefährlich ist die Neigung von Organisation, sich immer wieder ähnliche MitarbeiterInnen im Recruiting zu wählen. Der Systemtheoretiker Heinz von Förster appelliert: „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird.“ Entscheidungen sind schlecht, wenn sie den Handlungshorizont einengen oder in Sackgassen führen. Mit meiner Liebe zu Wortspielen: „Vielleicht wird alles vielleichter, dann wird es viel leichter!“ Tatsächlich potenziert  Vielfalt und Unterschiedlichkeit die Erfolgschancen. Je breiter das Spektrum der Kompetenzen und das Handlungsrepertoire desto wahrscheinlicher wird es, in neuen Situationen Zielführendes nutzen zu können. Als Mathematikerin kann ich es auch so formulieren: „Die Vielfalt unter den Voraussetzungen erweitert die Lösungsräume.“

Der Preis einer Diversitykultur sind Spannungen – im konstruktiven Sinn als Gegenteil von Langeweile und mit der destruktiven Auswirkung von Reibungsverlusten durch Konflikte. Johann Wolfgang von Goethe: „Das Gleiche lässt uns in Ruhe, der Widerspruch ist es, der uns kreativ macht.“ Damit aus den Unterschiedlichkeiten Konfliktpotenziale in nützliche Synergien umgewandelt werden, braucht es den wertschätzenden Umgang mit Unterschiedlichkeit. Das Getriebe verdeutlicht besonders treffend, wie wertvoll ergänzende Unterschiedlichkeit sein kann: Völlig kontraproduktiv wäre es, wenn das große dem kleinen Zahnrad vorwerfen würde: „Bist du aber klein.“ Was vermutlich den Gegenvorwurf des kleinen flinken an das große auslösen würde: „Na, du drehst dich aber langsam!“ Technisch betrachtet sorgt das eine für die Geschwindigkeit und das andere für das Drehmoment und damit die Kraft. Je mehr sich die Zahnräder unterscheiden, desto größer ist die Übersetzung – und je besser sie zueinanderpassen und ineinandergreifen, desto höher ist der Wirkungsgrad und desto geringer sind Reibung und Verschleiß.

Was bedeutet all das für Führungskräfte?

Völlig kontraproduktiv ist das Konzept „Der/die beste ExpertIn wird Führungskraft.“ Ein Dirigent, der den Ehrgeiz hätte, jedes Instrument am besten zu spielen, würde völlig kontraproduktiv dafür sorgen, dass das Orchester mittelmäßig bleibt. General a.D. Dr. Franz-Eduard Kühnel bringt es auf den Punkt: „Erstklassige Führungskräfte entwickeln ein erstklassiges TEAM. Zweitklassige-Führungskräfte bevorzugen ein drittklassiges TEAM.” Letzteres können sich Unternehmen nicht mehr leisten. Es braucht das Führungsverständnis, dass Leader dem TEAM Orientierung bieten und Voraussetzung dafür schaffen, dass alle bestmögliche Beiträge für gemeinsame Ziele liefern. Mit den Worten von Max Reinhardt in der Überzeugung von Bedeutung des Zusammenspiel im Ensemble: „Einer für alle und alle für eine gemeinsame Idee.“ Meine beiden zentralen Führungsthesen: „Führen heißt Ausgleich zu schaffen zwischen gemeinsamen Zielen und individuellen Bedürfnissen.“ Und: „Aufgabe der Führungskraft ist es, dafür zu sorgen, dass die Stärken der Einzelnen auf gemeinsame Erfolge fokussiert werden.“

Ein weiteres Auslaufmodell ist der Anspruch von Führungskräften wahre den Anschein der Perfektion. Das ist zum Scheitern verurteilt. Pioniergeist ist mit diesem Anspruch nicht kompatibel. Eine chinesische Weisheit besagt: „Besser auf neuen Wegen etwas stolpern als in alten Pfaden auf der Stelle zu treten.“ Ich habe dafür das Konzept „Souveränität 4.0 entwickelt: Das herkömmliche Konzept Souveränität 1.0 verfolgt das Ideal makellos und fehlerfrei zu funktionieren, alles zu können und zu wissen. Souveränität 2.0 hat als Ziel stimmig zu agieren: einerseits authentisch sowie andererseits rollenklar und angemessen in Bezug auf das Umfeld. In einem dynamischen Umfeld braucht es schon Souveränität 3.0. Da kommt hinzu Agilität und Wendigkeit. Conrad Celtis: „Wer klug ist, ändert mit den Umständen seinen Plan.“

Unsere komplexe Welt der Umbrüche und Widersprüchlichkeiten braucht Souveränität 4.0: Martin Gutls Aussagen bringt Leadership in Zeiten mit disruptive changes auf den Punkt. „Selbst ratlos sein und doch viele beraten können. Selbst gebrochen sein und doch vielen als Halt dienen. Selbst Angst haben und doch Vertrauen ausstrahlen. Das alles ist Menschsein, ist Leben.“
In kritischen Zeiten steht das Kapital Vertrauen auf dem Prüfstein. Nichts prägt die Produktivität und Motivation der MitarbeiterInnen mehr als das Verhalten der Führungskraft in Krisen.

Und was bedeutet das für die CIOs?

CIOs sind die großen Gewinner oder Verlierer dieser Entwicklungen – je nachdem ob sie als PionierInnen gestaltend vorangehen oder andere vorziehen lassen. Zu bedenken gebe ich, dass der Tischstaubsauger von Black & Decker erfunden wurde und nicht von einem renommierten Staubsaugerhersteller. Oder Carsharing-Systeme nicht von Leihautofirmen. CIOs können maßgeblich zum Gelingen der digitalen Transformation beitragen, wenn Sie sich ihrer Stärken & Kompetenzen bewusst sind und diese auch entsprechend im Unternehmen vermarkten können. Lernbereitschaft ist eine essentielle Basis. Und die Bereitschaft Dinge quer und neu zu denken. Mit den Worten von Marcel Proust: „Die wahre Entdeckungsreise liegt nicht darin, neue Länder zu erkunden sondern darin,
die Welt mit neuen Augen zu sehen.“

Das Training „Disruption und Führung – Management Maximen für das Digitale Zeitalter“ mit Monika Herbstrith-Lappe findet am 18.4.2018 statt.

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