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Andreas Meyer-Falcke – KI-Kompetenz als KI-K Starter unserer Gesellschaft

by Bianca Bogad-Frey

NEU im #ConfareBlog
Andreas Meyer-Falcke, KI-K, KI-Kompetenz als KI-K Starter unserer Gesellschaft

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Wir sind überzeugt, dass IT und Technologie entscheidende Hebel dabei sind die Probleme unserer Zeit zu lösen. Daher begeistert es uns, seit vielen Jahren mit jenen intensiv zusammenzuarbeiten, die in Unternehmen Transformation und Wandel vorantreiben – den IT- und Digitalisierungs-Verantwortlichen.

Eine Gruppe von IT-Professionals und CIOs rund um Dr. Anke Sax und Prof. Dr. Katja Nettesheim ist jedoch überzeugt, dass KI-Know-how nicht nur in IT-Abteilungen verankert sein muss, sondern ebenso Awareness in Boards, bei Anwendern, Schulen und Behörden braucht. Alle Infos zur Initiative, Teilnehmer*innen und Ziele finden Sie unter www.ki-k.org/

Der Ideale Ansprechpartner: ehemaliger Beigeordneter für IT der Landeshauptstadt Düsseldorf & Langjähriger CIO Andreas Meyer-Falcke. In diesem Interview erklärt der Confare #ImpactAward Nominee 2021, wie man einen Konsensus aus Gesellschaft und IT schaffen kann.

Was bedeutet KI-Kompetenz für Dich persönlich?

KI-Kompetenz erwerben, das Erreichte sicherstellen und ausbauen heißt für mich viel lesen, zuhören, informieren, ausprobieren, lernen eben. Alleine und mit anderen zusammen, zum Beispiel in meiner Rolle als Botschafter von www.URBAN-KI.de. Davon zu profitieren, dass es viele Menschen gibt, die schon lange KI-kompetent und bereit sind, ihr Wissen, ihre Erfahrungen mit Anwendungsmöglichkeiten und Herausforderungen von KI zu teilen.

Mit welchen Themen sollte man sich denn heute im Alltag beschäftigen um KI-ready zu sein? Was wären Deine Empfehlungen?

KI-Kompetenz ist ein Teil von digitaler Kompetenz. Wir alle benötigen sie in der heutigen Zeit. Egal, wie alt wir sind, was wir beruflich oder privat machen, wo auch immer wir im Alltag mit Computern und deren Programmen in Berührung kommen. Da wir aber alle verschiedene Ausgangspositionen, Kenntnisse, Erfahrungen haben, muss jeder für sich zunächst selber feststellen: „Wo stehe ich?“ „Was weiß ich?“ „Wohin will ich?“ und hierauf sein individuelles KI-K-„Förder-Programm“ aufbauen. Unterstützungsangebote hierbei gibt es viele, die helfen, Fragen zu beantworten wie: Was ist KI, wie funktioniert sie? Welche technologischen Trends gibt es? Wie werden Daten gesammelt, analysiert und genutzt? Wie gehen wir als Gesellschaft verantwortungsvoll mit KI um?

Natürlich kann man in seinen Browser auch einfach www.chatgpt.com eingeben und seinem PC den Befehl geben: „Schreib mir einen Text zu KI Kompetenz und beantworte mir die folgenden Fragen…!“ Dann macht mein Rechner, was er will und ich konsumiere. Spätestens hier trifft KI-Kompetenz auf KiK. Wer kennt sie nicht, die KiK-Discounter? Der „Kunde ist König“. Wie bei KI. KI um ihrer Selbstwillen ist für die Meisten von uns wenig spannend. Erst wenn der Anwender von KI weiß, wozu er KI nutzen kann, wobei ihn ein derartiges KI-Programm sinnvoll unterstützt, ihm hilft, sein Leben leichter zu machen, wie man mit den Ergebnissen umgeht, ist der Nutzer als Kunde von KI auch ihr König und nicht ihr Untertan.

Zur KI-Readiness im Speziellen, zur Digitalität allgemein gehört es aber auch, die eigene Persönlichkeit weiter zu entwickeln. Nicht nur die Kompetenz im Umgang mit der Technik auszubauen, sondern auch in digitale Awareness zu investieren. Projekte wie Future meets you, die sich in erster Linie an junge Menschen wenden, die gerne als digital natives bezeichnet werden, machen es vor. Es gelingt tatsächlich, Kompetenzen zu fördern, mit deren Hilfe ich Neugier wecke, Offenheit im Umgang mit Neuem (auch neuen Technologien) entwickle. Kreativität und kritisches Denkvermögen, emotionale, zwischenmenschliche Intelligenz und die Fähigkeit zur Selbststeuerung sind wesentliche Themen.

Was also ist meine wichtigste Empfehlung für KI-K?

Die allgemeine Akzeptanz gegenüber KI zu wecken und zu fördern. Die „Profis“ wissen um die Komplexität, die KI mit sich bringt, die Gefahren, die damit einhergehen können, die ethischen Implikationen. Aber zeigen wir mit demselben Engagement auch die Chancen auf, die in der – vernünftigen – Anwendung von KI liegen? Und zwar so, dass die, die davon profitieren, motiviert werden zu rufen: „Ja, ich will!“?

Denn ohne uns als KI-Kunden, ohne uns als Nutznießer oder gar gegen uns wird es nichts werden mit KI und damit mit der digitalen Transformation. Das Beispiel „Gesundheitskarte“ sollte uns ein warnendes sein. Die Idee „verfolgt“ uns schon seit Jahrzehnten, ohne wirklich umgesetzt zu sein. Vielleicht auch deshalb, weil diejenigen, die von ihr profitieren sollen – nämlich wiederum wir alle als Patienten – davon gar nichts mitbekommen haben oder uns deren Nutzen nicht wirklich verständlich erklärt wurde.

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Eine Strategie mit Veränderung umzugehen ist Ignoranz. Wie wirkt es sich aus, wenn man sich dem Thema KI-Kompetenz nicht stellen will?

„Den Kopf in den Sand stecken“ ist eine Methode, die dann erfolgreich ist, wenn wir unseren Erfolg daran messen, möglichst wenig selber aktiv sein zu müssen. Wir warten einfach darauf, bis „die anderen“ die Arbeit für uns erledigt haben. So, wie bei vielen technologischen Innovationen in den zurückliegenden Jahren. Getreu dem Motto: „KI kommt so oder so.“. Aber wenn KI dann „da ist“, allerorten greift, sollten wir auch nicht die Abhängigkeit von denen beklagen, die sie vorangetrieben haben, nicht über deren Wettbewerbsvorteil jammern. Dann ist es zu spät, verzweifelt zu versuchen, aus dem letzten Waggon nach vorne auf die Lokomotive zu kommen. Die Bandbreite von ethischen bis zu IT-sicherheitstechnischen Fragen und Herausforderungen lässt sich nur schwerlich post hoc klären. Ist es da nicht sinnvoller (und Kräfte schonender), wenn wir von vornherein vorne mitfahren und den Kurs mit-/bestimmen können?

Wie wirkt es sich also aus, wenn wir uns dem Thema KI nicht stellen wollen? Als ehemaliger CIO eines Bundeslandes, als ehemaliger IT-Verantwortlicher einer Landeshauptstadt liegt es auf der Hand, dass mir bei dieser Frage als erstes der Öffentliche Dienst (ÖD) mit seiner Verwaltung in den Sinn kommt. Obwohl ich natürlich weiß, dass KI alle unsere Lebensbereiche nicht nur tangieren, sondern verändern wird. Aber zurück zur Verwaltung: Von ca. 5,5 Millionen Arbeitsplätzen im ÖD sind aktuell ca. 10% vakant. Nicht, weil sie nicht besetzt werden sollen oder dürfen, sondern weil die „Bewerberlage“ schlicht so schlecht ist. Tendenz stark steigend, und zwar rasch. Denn die Babyboomer werden auch im ÖD in „diesen Tagen“ in Rente oder Pension gehen. Den Krankenstand im ÖD mit weiteren 10% anzusetzen, greift nicht zu hoch.

Summa summarum fehlen somit im ÖD aktuell täglich ca. 1 Millionen Menschen (nochmals: Tendenz stark steigend). In der Konsequenz müssen also 4 Millionen die Arbeit erledigen, die eigentlich für eine Million Menschen mehr gedacht war. Wie wirkt sich das aus? Wir können es täglich erleben: Über-/lange Warte- und Bearbeitungs-Zeiten, Frust gleichermaßen bei Beschäftigten und – zunehmend auch aggressiveren – Kunden der Dienstleistungen des ÖD sind einige der konkreten Folgen.

Wir könnten nun darauf hoffen, dass irgendwann einmal Entbürokratisierung und Aufgabenkritik tatsächlich ihre Wirkung entfalten. Aber wenn wir ehrlich sind, warten wir darauf nicht schon seit Jahrzehnten? Und werden dem ÖD nicht stattdessen immer wieder und immer mehr neue Aufgaben zugeschrieben? Kann denn KI alleine aus diesem Dilemma helfen? Nein.

Doch in Abwandlung des berühmten Satzes von Alt-Bundespräsident Roman Herzog im Jahr 1997: „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen.“ ist es jetzt an der Zeit zu sagen: „Durch Deutschland muss ein Ki-K gehen.“ Wie ging der Satz eigentlich weiter? „Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen.“ (Herzog, Berlin, 1997). Abschied nehmen von dem, was bislang war. Das gilt auch für unsere Verwaltungen. War es in früheren Zeiten ein guter Service für die Bürgerinnen und Bürger, in ihrer Gemeinde – quasi um die Ecke – ein Amt zu haben, „auf das man gehen konnte“, so bietet die Digitalisierung, besser noch: die digitale Transformation, die Chance, viele Verwaltungsdienstleistungen an zentraler Stelle in die Cloud zu verlagern und via Internet zu erledigen: Der Bürger geht nicht mehr auf’s Amt, die Leistungen des Amtes kommen vielmehr zu ihm.

Damit die quantitativen personellen Defizite im ÖD tatsächlich aufgefangen werden können, damit seine Leistungen wirklich durchgängig digital, also medienbruchfrei im Sinne von „ohne Mensch-Maschine-Schnittstellen“ angeboten werden können, bedarf es neben dem Hinterfragen und dem dann folgenden Ändern althergebrachter, gewohnter, liebgewordener Abläufe und Organisationsstrukturen des sinnvollen Einsatzes von Automatisierung und eben KI.

Zurück zur Frage: Ohne KI-Kompetenz werden wir auf Dauer eine verlässliche, rechtssichere Verwaltung nicht halten können. Im Gegenteil, wir werden immer mehr Personal benötigen (nicht zuletzt zusätzlich zum jeweiligen Fachpersonal auch solches für das Aufrechterhalten „klassischer“ IT-Kompetenz in mehr als 10.000 Kommunen), werden immer mehr Personal fordern, es uns in konkurrierenden Employer-Branding-Kampagnen wechselseitig abwerben oder gar nicht erst bekommen, um dann im Ergebnis festzustellen, dass der oben geschilderte Frust auf Beschäftigten- und Kundenseite nicht ab-, sondern zunimmt.

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Wo gibt es denn gesellschaftlichen Handlungsbedarf, damit Europa bei KI morgen noch mitreden und eine Rolle spielen kann? Überall?

Mit dem EU-AI-Act (artificial intelligence) hat die Europäische Union ein Regelwerk vorgelegt mit dem Ziel, innerhalb des europäischen Binnenmarktes nur vertrauenswürdige KI zuzulassen und ihre Bürgerinnen und Bürger so zu schützen. Das ist gut so. Die rechtlichen Rahmenvorgaben sind also (halbwegs) klar, jetzt muss in der EU aber auch ausreichend in entsprechende KI-Forschung und Entwicklung, in Bildung (von Laien) und Ausbildung (von Fachkräften) investiert werden, muss Innovationsförderung europäische Start-ups ebenso wie KI-Unternehmen innerhalb der EU im Fokus haben. Was spricht zudem eigentlich gegen geschützte Experimentier-Räume, thematische Sonderwirtschaftszonen sozusagen, in denen analog zu den vielzitierten US-Garagen KI-nutzende Produkte entwickelt werden dürfen, ohne schon in der Entstehung zugleich wieder eingeschränkt zu werden?

Wer sind dabei die wichtigsten Akteure?

Wissen wir im E-Mobil-Zeitalter noch, was ein Kick-Start ist? Richtig, ein kräftiger Tritt auf den Starter – und schon läuft das Motorrad. Was wir heute brauchen, ist ein Ki-K Starter. Wer diesen Starter tritt, wer sich traut, aktiv zu sein, der ist der wichtigste Akteur.

Das kann jeder sein. Menschen, die sich professionell mit Digitalisierung und damit auch mit KI befassen, CIOs, CDOs, CISOs, IT-Dienstleister und Entwickler. Politische Entscheidungsträger, die die – richtigen – Rahmenbedingungen schaffen. Schulen und Hochschulen bei der Ausbildung von “Laien” und Fachkräften. Aber auch digital Affine, Bürger, Mitarbeiter. Eben alle in der Gesellschaft, die möchten, dass sich etwas ändert, die die Entwicklung vorantreiben oder Standards setzen wollen.

Wer aber gibt denen, die es können, den Anstoß, anzufangen? Das erinnert mich an Tipp-Kick, das Tischfußballspiel, bei dem man dem eigenen (!) Spieler „auf den Kopf haut“, damit er schießt. Erst der Anstoß (Tipp) führt zum Erfolg (Kick). Der aber stellt sich nicht ein, wenn wir unserer Neigung folgen und demjenigen, der das Neue will, immer wieder auf die Finger klopfen.

Wer also „tippt“ wem „auf den Kopf“, damit KI kommt? Damit sind wieder wir alle adressiert. Wir sollten – jeder an seinem Platz, in seiner Funktion und Rolle, in der eigenen Community – diejenigen ermuntern, voran zu machen, von denen wir wissen, dass sie es können. Die mutig sein wollen. Sich technologieoffen den neuen Herausforderungen stellen.

Wie wichtig ist das Thema Regulierung? Bremse, Enabler, Treiber?

Das Thema ‚Regulierung‘ ist sehr ambivalent: Derjenige, der Regeln setzt, muss sorgfältig abwägen, zu welchem Zweck und mit welchem Ziel diese Regelungen erfolgen sollen. Nicht adäquate Regulierung kann Innovationen bremsen oder gesellschaftliche Risiken fördern – und umgekehrt. Dieselbe Reglung kann also sowohl Bremser als auch als Treiber sein.

Eine nicht zu unterschätzende „Gefahr“ birgt meines Erachtens aber vor allem unser gewohntes Vorgehen bei technologischen Neuerung. Es hat oftmals den Anschein, wir mögen es, insbesondere die Risiken (und weniger die Chancen), die beispielsweise in KI-Anwendungen liegen (können), intensiv zu diskutieren und darüber zu versäumen, parallel Erfahrungen mit der Anwendung von KI selber zu machen. Ja, Fragen gibt es genug mit Blick auf Ethik, Datenschutz und -Sicherheit, Urheberrecht, Arbeits- und Vertragsrecht, Verwaltungsverfahrensrecht u.v.m. Über deren Beantwortung dürfen wir aber nicht vergessen, dass weltweit mit Hochdruck an einer Vielzahl von KI-gestützten Anwendungen gearbeitet wird und bereits eine Vielzahl an solchen Anwendungen im Einsatz ist.

Ein Beispiel: Natürlich ist die folgende Frage berechtigt: „Ist es ethisch vertretbar, KI in der Verwaltung für mehr als nur für Assistenzdienste zur Unterstützung der Beschäftigten einzusetzen?“ und sie mit „Nein!“ zu beantworten. Aber ebenso muss die Frage erlaubt sein: „Ist es nicht unethisch, immer weniger Beschäftigten immer mehr Arbeit aufzubürden wohl wissend, dass sie diese nicht schaffen werden?“ Hier ist die Antwort m. E. klar: „Ja!“.

Es ist wie beim Autofahren: Gas geben und bremsen immer dann, wenn es erforderlich ist. Nur auf der Bremse stehen bringt uns nicht ans Ziel, Raserei um des Rasens willen schneller nur ins Grab. Zu wissen, wann ich welches Pedal treten muss, ist übrigens Teil von KI-Kompetenz; in diesem Fall Kompetenz auf den regulatorischen Ebenen. KI-K kann somit beides schaffen: Klare Leitplanken vorgeben und zugleich Vertrauen aufbauen.

Warum ist Dir das Thema KI persönlich so wichtig? Warum engagierst Du Dich in Initiative KI-K?

Ich habe viel Verständnis dafür, dass Neuerungen egal welcher Art verunsichern können. Das gilt für solche wie KI in besonderem Maße, denn wirklich zu verstehen, nachvollziehen zu können, was sich hinter dieser Technologie konkret verbirgt, wie KI „funktioniert“, wie Algorithmen unser Leben schon heute beeinflussen, ist für viele Menschen, wenn sie auf sich alleine gestellt sind, nahezu unmöglich.

Weil aber KI unsere Zukunft maßgeblich gestalten wird, ist es wichtig, den Dialog hierüber zu fördern, unser Wissen natürlich über Risiken, vor allem aber auch über Chancen zu teilen. Ich möchte dazu beitragen, über das, was es schon gibt, zu informieren, zur Neugier zu motivieren und unsere Gesellschaft mit darauf vorzubereiten, was noch kommen kann – und wird. Dabei tut es gut zu wissen, dass es ganz viele gibt, die bei Ki-K mitmachen, um genau das zu erreichen.

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