In einem Monat ist es soweit. Österreichs größter und wichtigster IT-Management-Treffpunkt, das Confare CIOSUMMIT Wien geht über die Bühne und Confare kürt gemeinsam mit Bundesministerin Margarete Schramböck, EY und der Computerwelt die IT-Manager des Jahres. Der Confare CIOAWARD 2021 hat eine enorme Bedeutung für die österreichische IT-Community. Dabei geht es nicht nur um die Auszeichnung von Erfolgen sondern auch darum, inspirierende Role Models und Vorzeigebeispiele zu präsentieren. Daher stellen wir Ihnen im Confare Blog auch dieses Jahr wieder die spannendsten Kandidaten vor.
Als CIO/CDO der ASFINAG gestaltet Bernd Datler mit seinem Team die Mobilität der Zukunft. Da seiner Ansicht nach Digitalisierung und IT dabei entscheidende Faktoren sein werden, hat man in den letzten Jahren die interne IT des Unternehmens zukunftsorientiert aufgestellt. Dass dies gelungen ist, macht Bernd zu einem aussichtsreichen Kandidaten für die Auszeichnung als #TopCIO 2021 und den Confare CIOAWARD.
Wie ist die IT im Konzern aufgestellt? Wie hat sich das historisch entwickelt?
Die IT ist in der ASFINAG in der Maut Service GmbH, einer 100%-Tochter der Konzernholding konzentriert und wird aus dieser Gesellschaft als Dienstleistung für die fünf Konzerngesellschaften erbracht. Die Fertigungstiefe ist dabei je nach Service sehr unterschiedlich.
Bis in die frühen 2000er war die ASFINAG ein reiner Konsument von externen IT-Leistungen mit einem kleinen IT-Team in der Holding, das primär Leistungen einkaufte. Das änderte sich mit der Übernahme der EUROPPASS, die das österreichische Mautsystem für LKWs und Busse projektiert hatte und betrieb. Da Maut ein IT-lastiges Geschäft ist, wurde ab 2008 die IT-Funktion in die neu geschaffene Maut Service Gesellschaft verlagert und sukzessive um neue Leistungsinhalte erweitert.
In den darauffolgenden Jahren hat sich die Maut Service GmbH als interner IT-Dienstleister mit breitem Spektrum etabliert.
Was waren die Schwerpunkte der IT-Transformation? Was macht eine moderne IT-Organisation aus?
Die Entwicklung der Maut Service GmbH zum heutigen internen IT-Dienstleister erfolgte in vier Phasen:
1) Die Entstehung: Zwischen 2008 und 2011 wurden verschiedene IT-Funktionen und Services in die Maut Service Gesellschaft übertragen. Diese hatten historisch unterschiedliche Organisationsstrukturen, Prozesse und Technologien. Darüber hinaus wurden viele Leistungen von den Fachabteilungen eigenständig beschafft.
2) Konsolidierung und Skalierung: In den folgenden Jahren wurden auf Basis eines IT-Leitbilds organisatorische Synergien gehoben. Dabei wurde einerseits der Plattformgedanke stark umgesetzt und Lösungen filetiert und damit begonnen, sie auf gemeinsame Bausteine zurückzuführen. Andererseits wurden die Servicebündel in einer Competence Center-Struktur verankert Es folgte die Qualifizierung des Personals und die Beschaffung großer Dienstleistungslose für spezifische Tätigkeiten, um die Skalierung weit über die Ressourcengrenzen des Eigenpersonals bei gleichzeitigem Erhalt der Kompetenz und Steuerungsmöglichkeit zu erreichen.
3) Standardisierung, Privacy und Security: 2015 war absehbar, dass Security und Privacy zentral für ein so breit aufgestelltes Unternehmen wie die ASFINAG sehr wichtig werden würde und dass auch europäische Festlegungen dazu kommen würden. In der Folge wurden dazu Umsetzungsvorhaben im Schulterschluss mit den Fachabteilungen aufgesetzt – diese Kooperation war unverzichtbar und ist der Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung und das nachhaltige Befolgen der Veränderungen. Der Zugang zum Top-Management war entscheidend, um dieses Committment gesellschaftsübergreifend sicherzustellen.
Als gemeinsame methodische Basis für alle unsere Vorhaben wurde die ISO 20000 identifiziert und letztlich in einem Reorganisationsprojekt ausgerollt. Der Zertifizierungsumfang beschränkte sich dabei aus Ressourcengründen auf die Flaggschiffservices, wird aber seither jedes Jahr ausgedehnt.
4) Digitalisierungsstrategie: IT hat sich immer mehr zum Business Enabler entwickelt, so auch in der ASFINAG. Dem wurde mit einer eigenen Digitalisierungsstrategie Rechnung getragen. Diese ist mit allen anderen Konzernstrategien verzahnt, wird vom Top-Management mitgetragen und bildet die Grundlage aller aktuellen größeren Vorhaben. Das Vertrauen, als CIO auch Stragieowner dieser zentralen Strategie sein zu dürfen, ist für mich eine schöne Bestätigung der Wertschätzung der bisherigen Arbeit von meinem Team und mir.
Was macht eine moderne IT-Organisation aus?
In einer Zeit stark wechselnder Bedarfe muss auch die IT-Organisation flexibel bleiben. Darüber hinaus gilt es, mit den unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die für verschiedene Leistungsbereiche benötigt werden, umzugehen. Eine starre Aufbauorganisation kann diese Herausforderungen nicht abdecken und kann daher nur ein grobes Skelett einer modernen IT-Organisation bilden. Dabei kann sie einen stabilen Unterbau für wiederkehrende Aufgaben bieten und Mitarbeitenden mit ähnlichen Kompetenzen eine „Homebase“ bieten.
Die wesentlichen Erfolgskomponenten sind aber die Prozesse, Methoden und vor allem die Kultur. Ein methodischer Hintergrund mit Rollendefinitionen und Zusammenarbeitsmodellen bildet die Basis, in unserem Fall die ISO 20000. Gerade bei einer breiten Service-Landschaft wie in der ASFINAG ist auch unkomplizierte Kommunikation wichtig und das flexible Zusammenarbeiten in häufig wechselnden Projektteams. Agile Methoden kommen zum Einsatz wo die Themenstellung sich dafür eignet, es muss aber auch die Kundenorganisation damit umgehen können, um eine erfolgreiche Umsetzung zu ermöglichen. In Summe ist es kein „one size fits all“ sondern ein Set an Bausteinen, die für das jeweilige Service passend zusammenspielen.
Was waren die Herausforderungen bei dieser Veränderung? Wie haben Sie diese gemeistert?
Die Herausforderungen für uns als interner IT-Dienstleister waren vielfältig und haben sich im Zeitablauf auch verändert. In der Phase der Entstehung gab es teilweise Skepsis bei den Kunden über die Leistungsfähigkeit eines internen Dienstleisters und auch vereinzelt Widerstände. Über die Jahre gelang es durch konsequente Ausrichtung auf den Kundennutzen, uns die Wertschätzung zu verdienen. In der Phase der Skalierung beschäftigte uns stark, wie wir wechselnde externe Partner so einbinden können, dass eine möglichst konstante Qualität geboten werden kann. Längerfristige Partnerschaften sind hier geeigneter als externe Einzelbeauftragungen und auch bei der Fertigungstiefe haben wir definiert, welche Teile wir jedenfalls selbst machen und welche Werkzeuge eingesetzt werden sollen. Transitionsvereinbarungen bei Dienstleisterwechseln runden das Bild ab. In der Phase der Standardisierung, Security und Privacy beschäftigte uns stark, wie wir die gesamte Organisation auch unserer Kunden darauf einschwören können, da diese Themen nicht von Dienstleisterseite alleine gelöst werden können. Hier war mein Zugang zum Top-Management-Kreis der ASFINAG essentiell um speziell auch in den anderen Konzerngesellschaften Commitment sicherzustellen.
Im Rahmen der Digitalisierung beschäftigt uns einerseits stark der Kompetenzaufbau in den Kundenorganisationen, um die Möglichkeiten aktueller Technologien wie etwa AI richtig einschätzen zu können, um sich realistische Lösungen wünschen zu können. Methodisch nimmt der Anteil agiler Methoden wie etwa Scrum immer mehr zu. Dass „agil“ nicht „planlos“ bedeutet, und eine disziplinierte Zusammenarbeit von Fachabteilung und IT erfordert, um Zeit, Budget und Qualität einzuhalten, mussten wir uns in manchen Bereichen erst erarbeiten. Andererseits hat die ASFINAG mit ihrem breiten Tätigkeitsspektrum natürlich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für Digitalisierung und es gilt gemeinsam zu priorisieren, wo die Ressourcen am wertvollsten eingesetzt werden können. Der Abgleich insbesondere mit den anderen Konzernstrategien aber auch dem Top-Management der Kundenorganisationen ist dabei zentral. So entstand eine gemeinsamer Transformationsplan für die nächsten Jahre.
Wie ist die IT nun bei ASFINAG aufgestellt? Was sind dabei die wichtigsten Faktoren für die Zukunft des Unternehmens?
Aufbauorganisatorisch ist die IT in der ASFINAG in die Abteilungen Servicemanagement und Servicebetrieb gegliedert. „Servicemanagment“ kümmert sich dabei um die Anforderungs- und SLA-Definition mit den Fachabteilungen. Außerdem verantwortet Servicemanagement die Umsetzung, vereinbart entsprechende OLAs entweder mit dem internen Servicebetrieb oder – wo sinnvoll auch mit externen Partnern- und bleibt dem Kunden auch in der anschließenden Lifecyclephase für das Einhalten des Kundenversprechens verantwortlich. Die Abteilung bildet die „homebase“ für die Service- und Changemanager, die je Service flexibel und strukturübergreifend zusammenarbeiten. „Servicebetrieb“ kümmert sich um das betriebliche Erfüllen der versprochenen Leistungen gemäß den aus ihrem Leistungskatalog vereinbarten Qualitäten und ist dem jeweiligen Servicemanager dafür verantwortlich. Die zentrale Rolle ist dabei der Service Operation Manager, der je Service die Qualität der Leistungserbringung überwacht, berichtet und gemeinsam mit dem Servicemanager ein reibungsloses Zusammenspiel von Betrieb und Entwicklung sicherstellt. First- und Second-Level werden dabei vom „Servicebetrieb“ erbracht, Third-Level-support übernimmt die Abteilung „Servicemanagement“. Eine enge Zusammenarbeit von Entwicklung und Betrieb ist zentral, um hohen Kundennutzen sicherzustellen, aus Sicht der Skalierung (immerhin gibt es 20 Servicecluster mit rund 400 zugeordneten Services) haben wir aber von reinsortigen devops-Konzepten abgesehen.
Für Digitalisierungsvorhaben im Bereich „Intelligenter TransportSysteme“ (ITS) ist ein eigener Fachbereich „ITS-Services“ eingerichtet, der methodisch die gleichen Prinzipien anwendet wie „Servicemanagement“ aber auch eine hohe fachliche Expertise im ITS-Thema hat und mit den Spielregeln im F&E-Bereich in Österreich aber auch der EU vertraut ist. Dies trägt der hohen F&E-Lastigkeit dieses Themas Rechnung und ist der Grund für die eigene Einheit, die aber ebenso servicespezifisch auf Ressourcen der anderen beiden Abteilungen zugreifen darf und extrem rasch innovative Themen aufgreifen kann.
Was sind die Herausforderungen der Zukunft?
Mobilität wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten stark verändern und ist ein Schlüsselthema beim Kampf gegen den Klimawandel. Dies gilt sowohl für Personen- als auch Gütermobilität. Die Zusammenarbeit mit anderen Verkehrsmodi, Reduktion von Fahrten und effizientere Nutzung bestehender Infrastruktur sind dabei zentral. Themen wie das automatisierte Fahren werden darüber hinaus ein Zusammenarbeiten von Fahrzeug und Infrastruktur benötigen, um die Kundenerwartungen zu erfüllen. IT und Digitalisierung sind die Schlüsselthemen, die die Mobilitätsbranche entscheidend transformieren werden. ASFINAG möchte eine aktive Rolle in dieser Zukunft spielen und befindet sich mitten in der digitalen Transformation. Relevante Daten entstehen in großer Menge auf unserem 2200km langen Streckennetz und müssen verteilt, verarbeitet und in Aktionen umgesetzt werden. IoT aber auch Datenfusion, künstliche Intelligenz und integrierte Verkehrsmanagementsysteme basierend auf einem digitalen Zwilling sind die Themen der näheren Zukunft.
Als Dienstleister müssen wir dafür die richtigen Technologien zeitgerecht vorbereiten und uns selbst aber auch die Fachabteilungen rechtzeitig dafür qualifizieren.
Wie gestalten Sie selbst die CIO Rolle? Wo setzen Sie Ihre Schwerpunkte?
Es war noch nie so spannend wie heute, im IT-Bereich tätig zu sein. Die Grenzen zwischen IT-Funktionen und Geschäftsprozessen verschwimmen mit zunehmender Digitalisierung und zunehmender Affinität von Mitarbeiter*innen zu niederschwellig verfügbaren digitalen Arbeitsmitteln.
Als CIO sind mir drei Dinge besonders wichtig:
- Ich fördere eine Kultur, in der sich unsere Kund*innen und die IT auf Augenhöhe begegnen, mit Respekt und Empathie. Klare Leistungs- und Mitwirkungsvereinbarungen gehören ebenso dazu wie ehrlicher Umgang mit Abweichungen. Dabei ist mir Freiraum in der Umsetzung ebenso wichtig wie Vertrauen in die Mitarbeiter*innen.
- Ich pflege den Kontakt zu den Fachabteilungen und Entscheidungsträger*innen. Damit kann ich Interessensunterschiede, Schwerpunkte und Veränderungen frühzeitig erkennen, oft auch beeinflussen und mein Team darauf vorbereiten.
- Ich verfolge die Entwicklungen am Markt und tausche mich mit anderen CIOs und interessanten Personen aus, um Trends frühzeitig zu erkennen und die ASFINAG darauf vorzubereiten.
Was bedeutet der Confare CIOAWARD für Sie persönlich?
Der Confare CIOAWARD ist DIE Auszeichnung für IT-Manager in Österreich und würde mich darin bestätigen, vieles in den letzten Jahren richtig gemacht zu haben. Gleichzeitig ist das Bereitstellen erstklassiger IT-Leistungen aber ein Teamsport, und so sehe ich eine hochkarätige Auszeichnung wie den Confare CIOAWARD ein Stück weit auch als Würdigung der Leistungen meiner Mitarbeiter*innen, von denen viele ein gutes Stück des Weges unserer Transformation in der ASFINAG mit mir gegangen sind.
Mobilität wird sich in der Zukunft sehr stark durch digitale Technologien und IT-gestützte Prozesse verändern. Eine Auszeichnung wie der Confare CIOAWARD wäre auch ein wichtiges Signal an unsere Entscheidungsträger, dass wir gut gerüstet sind, um als interner Dienstleister die zukünftigen Entwicklungen maßgeblich zu unterstützen.