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Confare #CIOAWARD Nominee Elisabeth Geyer-Schall: Agiles Arbeiten bei der Raiffeisen Bank International

by Yara El-Sabagh

Exclusive im #ConfareBlog mit Confare #CIOAWARD Nominee Elisabeth Geyer-Schall:
Agiles Arbeiten bei der Raiffeisen Bank International

Elisabeth Geyer-Schall ist als Division Lead Group IT Delivery bei der RBI AG überzeugt: Statt sich mit sich selbst und den organisatorischen Silos im Unternehmen, können agile Teams abteilungsübergreifend im Sinn des Kunden agieren. Es war eine massive Veränderung bei der führenden Kommerz- und Investmentbank. Elisabeth Geyer-Schall ist es gelungen, in einem sehr traditionellen Unternehmen nicht nur in der IT Agilität zu schaffen, sondern damit auch die Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen modern neu zu gestalten. Das macht die IT Managerin in den Augen der Jury zu einer spannenden Kandidatin für den Confare #CIOAWARD und die Auszeichnung als Top-CIO des Jahres.

Im IT-Umfeld sind Frauen auf den Confare Award Bühnen leider immer noch eine Seltenheit. Im Rahmen des Female IT-Mentorings unterstützen wir Frauen, die eine IT-Laufbahn anstreben. Elisabeth und über 500 hochkarätige IT-Chefs sind bereits für das Confare #CIOSUMMIT angemeldet, den größten und wichtigsten IT-Management Treffpunkt Österreichs. Sichern Sie Ihr Ticket jetzt.

Wie sehr betrifft die Digitalisierung unserer Gesellschaft die Banken-Branche?

Aus meiner Sicht ist die Banken Branche von Digitalisierung massivst betroffen – warum ist das so? Technologie und digitale Kundenerfahrung ist in unser aller Leben „commodity“ geworden. Wir genießen die Vorteile digitaler Fotografie, um Momente festzuhalten und laufend verfügbar zu haben. Wir kaufen, informieren, interagieren und bilden uns bequem vom Sofa aus. Wir streamen Filme und Serien wann und wo wir wollen. Wir sind es gewohnt, über Apps Transaktionen und Geschäfte abzuschließen, simpel und rasch und zu jeder Tages- und Nachtzeit. Im Vordergrund steht dabei, was der Kunde gerade erwerben will, welchen Traum er sich erfüllen will. Als Kunden interessieren uns dabei nicht die internen Prozesse des Unternehmens. Produkte und Kundenerfahrung müssen einfach und überzeugend sein. Ist eine App oder ein Vorgang, den wir digital durchlaufen müssen, zu kompliziert, löschen wir die App sofort wieder und sehen uns nach Alternativen um.

So weit ein wenig die Erfahrung, die die breite Menge an Retail Kunden von Banken täglich in ihrem privaten Umfeld macht. Selbstverständlich erwarten sie, dass Banking genauso digital, simpel und unkompliziert ist und ihnen dabei hilft, ihre privaten Lebensziele und Träume zu verwirklichen. Digitale Banken haben den traditionellen Banken hier bereits eine hohe Vorgabe gemacht. Digitalisierung im Retail Umfeld ist ein „must have“ für Banken.

Am Ende geht es nicht um meine privaten Überzeugungen, sondern um Daten und Fakten, inwiefern Digitalisierung für Banken relevant ist. Anbei zwei Datenpunkte von McKinsey Studien, erschienen im Artikel „Best of both worlds: Balancing digital and physical channels in retail banking“ July 13, 2022. By Sergey Khon, Ahmed Nizam, David Tan, and Zubin Taraporevala (source: https://www.mckinsey.com/industries/financial-services/our-insights/best-of-both-worlds-balancing-digital-and-physical-channels-in-retail-banking).

Hier wird klar dargestellt, dass Banking sich (noch) in einer Parallel-Welt aus digitaler und „offline“ Erfahrung für Kunden bewegt. Allerdings zeigen diese Daten auch überdeutlich wie relevant Digitalisierung für Banken ist.

Für Firmenkunden gilt im Wesentlichen das gleiche. Sie stellen sich selbst der Digitalisierung in allen Bereichen und brauchen in Banken Partner, um ihre finanziellen Bedürfnisse effektiv abzudecken. Technologie spielt auch hier auf allen Ebenen eine große Rolle.

Zuletzt ein kurzer Blick in die Bank Prozesse aus der Innenperspektive: Digitalisierung ist unerlässlich, um schlussendlich effizienter zu werden und dem Kunden eine herausragende digitale „Customer Experience“ zu bieten. Lange Zeit haben sich die Banken hier intensiv mit sich selbst, ihren Silos beschäftigt, anstatt den Kunden im Zentrum des Handelns zu sehen. Digitalisierung bietet einen Hebel zum Nutzen des Kunden.

Wo sind dabei die wichtigsten Handlungsfelder für die IT?

IT leistet einen wesentlichen Beitrag für erfolgreiche Digitalisierung. Zunächst damit, die Möglichkeiten, die Technologie uns bietet, zum Nutzen für Kunden einzusetzen. Eine erfolgreiche IT verfügt über großartige Teams mit digitalem Mindset und Begeisterung für Technologie – übersetzt in Kundenwert. Diese Teams arbeiten permanent an ihren Skills, sind top im Engineering, Solution Design, arbeiten in agilen practices direkt mit dem Business zusammen an Produkten für die Kunden. IT agiert auf Augenhöhe in einem Team mit Business, leistet Pionierarbeit in der Innovation und ist aber gleichermaßen kompetent und effizient was den Betrieb dieser Lösungen angeht. In meinem Bild erzeugt IT so wenig interne bürokratische Hürden wie möglich, kümmert sich sehr wohl um regulatorische compliance, sieht Cyber Security als ein wesentliches Thema, das in der täglichen IT Arbeit immer Beachtung findet: im Design, im Coding und im Betrieb. Ein erfolgreiches digitales e2e Produkt birgt hohe Komplexitäten – IT ist hier wohl der wichtigste Partner für Business, ohne dessen tiefe und breite Kompetenz digitale Produktentwicklung nicht möglich ist. Ich erlebe IT darüber hinaus auch als Antrieb und Initiator für kulturellen Wandel, für kontinuierliches Lernen mit großem Wunsch nach Kundenorientierung in allem, was wir tun. Es ist für mich nicht überraschend, dass das agile Manifest von Software Entwicklern / IT Leuten erschaffen wurde.

Welche Rolle spielt Agilität?

Aus meiner Sicht spielt Agilität eine absolut zentrale Rolle. Digitalisierung ohne Agilität ist unmöglich. Warum? Weil Agilität den Kunden in den Mittelpunkt stellt; der Wert, der für Kunden erbracht wird, wird im agilen Vorgehen regelmäßig verprobt und angepasst. Agilität bedeutet einen Fokus auf Innovation, Technologie und kontinuierliche Lieferung. Features für Kunden müssen in sehr kurzen Zyklen verfügbar sein. Agilität bedeutet aber auch tägliche Zusammenarbeit in der relevanten End-to-End-Lieferketten mit den richtigen Fertigkeiten im Team, das gemeinsam ein Ziel verfolgt: „transform continuous innovation into superior customer experience“.

Agilität bringt darüber hinaus eine Kultur des Lernens, setzt auf „growth mindset“, erfordert rasche Entscheidungen und bietet Platz, um laufend auf Änderungen reagieren zu können. Agile Teams übernehmen Verantwortung und identifizieren sich vollständig mit dem Produkt, an dem sie arbeiten. Der Zeitraum bis zur Markteinführung der Innovation ist in agilen Teams immer um ein Vielfaches höher als in traditionellen Setups. Zuletzt sollten wir nicht vergessen, dass herausragende IT Engineers heute zu Recht erwarten, in agilen Teams zu arbeiten.

Eine agile Transformation ist für eine sehr traditionsbewusste Organisation immer eine Herausforderung. Wo stehen Sie heute damit? Welche Herausforderungen gab es zu meistern?

Das ist vollkommen richtig. Für die RBI möchte ich aber vorweg auch darauf hinweisen, dass wir in der Bank immer schon stark auf unternehmerisches Denken gesetzt haben. Der RBI Konzern war ein Pionier im CEE Bankenmarkt unmittelbar nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Weiters, wenn Sie einen Blick in die Bank werfen, erleben Sie ein hochgradig diverses Umfeld, eine großartige kulturelle Vielfalt aus verschiedensten Nationen.

Natürlich mussten wir im agilen Change Prozess trotzdem sehr stark an Kultur, Arbeitsweise und unseren Kompetenzen arbeiten. Heute ist agiles Arbeiten in der RBI nachhaltig etabliert und die Bank würde auf breiter Basis nicht mehr darauf verzichten. Ein paar Zahlen:

In der RBI in Wien:

  • arbeiten 1250 Personen in agilen Teams mit 90 Product Owners und 70 Scrum Masters.
  • Wir haben die agilen Teams in Tribes organisiert um Synergien/Abhängigkeiten besser zu managen: Das resultiert in 37 agilen Tribes.
  • 200 Kollegen tragen regelmäßig zur Vernetzung in Communities bei (zB Product Owner, Scrum Master, Business Owner, DevOps, Testing, Cloud, Security, Business Analyse).
  • 86% des change the bank budgets ist heute in nachhaltigen agilen Teams organisiert.
  • Ein Team von 15 Agile Coaches arbeitet mit Head Office und den Netzwerkbanken, um die agile Arbeitsweise und das agile Mindset zu etablieren und weiterzuentwickeln.

Im RBI-Konzern in CEE

  • arbeiten 4.300 Menschen in 440 Agilen Teams mit 280 Product Owners und 120 Scrum Masters.
  • 77% des change the bank budgets ist in nachhaltigen agilen Teams organisiert.
  • 70 Personen tragen gruppenweit als Agile Change Agents bei.

Was waren die Meilensteine und wohin geht die weitere Reise?

Die Meilensteine würde ich wie folgt zusammenfassen:

  • Mai 2017: Vereinbarung mit dem RBI CEO Dr. Strobl, diesen agilen Wandel im Konzern voranzutreiben inkl. seiner bedingungslosen Unterstützung dafür. Start mit ersten digitalen Pilot-Teams
  • März 2018: erste agile (digital) Teams erfolgreich etabliert, die kontinuierlich client value liefern. In Folge, Vereinbarung im Kreise der CEOs unserer Tochterbanken in CEE, die agile Arbeitsweise im gesamten Konzern zu etablieren
  • Juli 2019: neue IT Organisation in der RBI Wien, um agile Arbeitsweise nachhaltig zu stärken
  • Juni 2020: Das RBI Headoffice hat 80 % seines „change the bank“-Budgets nachhaltig in agilen Teams organisiert. Zu diesem Zeitpunkt haben wir auch unsere Governance Prozesse vollständig adaptiert.
  • Per Q3 2022 haben wir auch im Konzern 77 % des „change the bank“-Budgets in agilen Teams organisiert.

In einer outside-in Betrachtung haben wir im Q1 2022 ein strukturiertes Feed-back erhalten von PwC Strategy& mit folgender Zusammenfassung:

quote

  • RBI is conceptionally one of the front-runners in the European banking market, with its product value stream approach at RBI Group level
  • Roll-out is ongoing and different concepts are being implemented in parallel both at HQ as in the NWBs – evolvement into “one RBI Group way of working” still ongoing
  • Strong organizational implementation support at HQ and NWB level, plus top management involvement in the roll-out

(unquote)

Highlights im Impact waren weiters natürlich

  • die Innovationen, die wir vorantreiben konnten mit Business und Kundennutzen (ein paar Beispiele aus den letzten Monaten: go lives einer digitalen MVP e2e Lösung für SME Lending in Kroatien, Bosnien, Albanien, Rumänien; parallel run des neu entwickelten Limit Management Systems der Gruppe, go live des neuen Payroll Systems, hohe Adoption des Mobile App frameworks für die Gruppe etc.)
  • signifikante Verbesserung der Deployment Zylen (die durchschnittliche deployment frequency hat sich im letzten Jahr gruppenweit von 2,4 x/Monat auf 3 x/Monat in agilen Teams gesteigert. Im Vergleich dazu waren die Release Zyklen im traditionellen Bankenumfeld vor der agilen Transformation einmal alle 6-9 Monate!)
  • Hohe Anpassung agiler engineering practices (continuous integration/continuous delivery pipelines werden zu 70 % von agilen Teams genutzt, DevOps approaches ebenfalls zu 70 % angewendet, Test Automatisierung liegt noch unter 50 % und ist damit ein weiterer Fokuspunkt zur Verbesserung).
  • sehr gute Ergebnisse im Employee Engagement & Enablement
  • effektiver Umgang in der Ukraine-Russland Krise im Banksteuerungsumfeld inkl. tlw. täglicher Datenverfügbarkeit und Kalkulation für die Gruppe (Bsp. Liquiditätssteuerung, RWA Steuerung)
  • Technologie Innovationsschub seit 2017 im Vergleich zur Zeit davor, als unser Paradigma „strategic follower in Technologie“ war.

Wohin geht die weitere Reise?

Zunächst haben wir noch ein paar Hausaufgaben im Konzern zu erledigen, wir arbeiten nach wie vor an der Skalierung, Nachhaltigkeit und den Effekten des Wandels mit einigen großen Tochterbanken in CEE. Weiters gilt es, die sogenannte „agile maturity“ regelmäßig weiterzuentwickeln.

Der Hauptfokus wird für uns aber auf den Effekten im ganzen Konzern liegen, nämlich darin, wie wir als Konzern gemeinschaftlich und teamorientiert bessere Ergebnisse für unsere Kunden erreichen können – also eine Übertragung der agilen Arbeitsweise über den ganzen Konzern hinweg zum Nutzen des Kunden.

Ein Aspekt darin wird auch die Vernetzung unserer Software Entwickler in der Gruppe sein, hier sprechen wir von mehreren tausend Kollegen. Unser Traum ist die Etablierung eines InnerSource Ansatzes, um die Entwickler der Gruppe besser zu vernetzen, sich gegenseitig zu inspirieren und auch code/frameworks wieder verwenden zu können. Hierfür setzen wir seit letztem Jahr auf GitHub als gemeinsame Plattform für Entwickler und freuen uns über bereits mehr als 1700 aktive User, Tendenz stark steigend.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen? Was ist entscheidend, um die Menschen im Unternehmen mitzunehmen?

Die Zusammenarbeit mit Fachabteilungen ist für uns inzwischen ein natürlicher „one Team“ Ansatz, wir arbeiten mit Product und Business Owners in einem Team zusammen für das jeweilige Produkt. Es herrscht vollkommene Identifikation mit diesem, im Backlog finden sich fachliche und IT Themen und wir agieren transparent. Wir sind in diesem Bereich höchst erfolgreich über etablierte Silos hinweggekommen.

Ich denke es ist ein Mix an Themen, die entscheidend sind, um Menschen im Unternehmen mitzunehmen: zunächst viel Kommunikation zu „warum, wofür und wie“. Viel Zuhören, laufendes Anpassen wo nötig und vor allem gemeinsam im change Prozess sein und damit Glaubwürdigkeit aufbauen. Role Modelling ist denke ich auch absolut entscheidend, wo wir bei diesen Themen doch auch so viel über kulturelle und Führungs- Themen sprechen. Digitalisierung hat am Ende wieder ganz essentiell mit Menschen zu tun und diese Menschen wollen auch respektvoll behandelt werden auf täglicher Basis.

Wichtig sind auch viele kleine Erfolge und dass tatsächlich ein positiver Effekt sichtbar ist, diese müssen dann kommuniziert, geteilt, auch gefeiert werden.

In der RBI haben wir ein sehr kompetentes und erfahrenes Agile Coaches Team aufgebaut, das den Change jedes Teams sehr erfolgreich hands-on begleitet. Hervorheben möchte ich Franz Hofer, der dieses Team leitet und überhaupt sich pionierhaft für die agile Transformation der RBI Gruppe einsetzt.

Was bedeutet der Confare #CIOAWARD für Sie persönlich?

Für mich geht es hier in erster Linie darum zu teilen, was wir in der RBI gemeinsam erreicht haben. Darauf bin ich auch sehr stolz, aber es war ein Team Effort von vielen: dem Vorstand, den Führungskräften im Business und der IT, den Mitarbeitern und last but not least unserem großartigen Agile Coaches Team.

Zudem möchte ich alle darin bestärken, dass Veränderungsprozesse tatsächlich gelingen und die Ergebnisse wirklich überzeugend sein können – sowohl für Mitarbeiter wie Kunden gleichermaßen spürbar. Ich erlebe heute wieder viel vom entrepreneurial spirit und glaube, dass wir den für die zukünftigen Herausforderungen brauchen werden.

Herausstreichen möchte ich den Wert von agilem Arbeiten und dem so wichtigen Beitrag der IT. Meine Erfahrung zeigt, dass IT entweder Großartiges für eine Organisation im digitalen Zeitalter ermöglichen und leisten kann oder eine große Blockade sein kann – ich möchte alle inspirieren, ersteren Weg zu wählen.

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