
Confare #CIOAWARD Nominee Peter Reichstädter – Von der Verwaltungs-IT zum Innovationstreiber: Die digitale Zukunft der Parlamentsdirektion
Die Transformation der IT in der Parlamentsdirektion ist weit mehr als ein Technologieprojekt – unter der Leitung von CIO Peter Reichstädter wurde sie zum zentralen Treiber der digitalen Weiterentwicklung, indem strategische Exzellenz, Innovationskraft, Agilität, Cybersecurity und Nachhaltigkeit konsequent vorangetrieben wurden. Dadurch wurde nicht nur der parlamentarische Betrieb modernisiert, sondern auch zukunftsweisende digitale Lösungen geschaffen.
Aus diesem Grund wurde Peter als Confare #TopCIO des Jahres 2025 ausgezeichnet. Über 700 führende IT-Entscheider und Branchenprofis sind bereits für das Confare #CIOSUMMIT angemeldet – den wichtigsten IT-Management-Treffpunkt Österreichs. Willst du mit den Besten vernetzt sein?
Welche Rolle spielt die IT-Organisation innerhalb der Parlamentsdirektion?
Die IT-Organisation spielt als Rückgrat der digitalen Service- und Infrastruktur eine Schlüsselrolle innerhalb der Parlamentsdirektion. „Das Leben ist Veränderung – eine Konstante im Leben ist die Zeit“, mit dieser Einstellung kam ich 2015 in die Parlamentsdirektion und habe begonnen, mit meinem Team, mit externer Unterstützung und Partnerschaften und dem Backing durch die Parlamentsdirektor:innen, den Nationalratspräsident:innen und dem IKT-Beirat sowie durch die Leistungen des Teams Erneuerungen gleichwertig zu erzielender Stabilität umzusetzen. Folgende Dimensionen und Rahmenbedingungen beschreiben die Hauptaufgaben unserer IT-Organisation:
- Strategische Exzellenz & Business Impact
Unsere IT-Organisation versteht sich nicht nur als technischer Dienstleister, sondern als zentraler Unterstützer und Treiber für die ‚Unternehmensstrategie‘. Durch innovative IT-Lösungen steigern wir Effizienz, optimieren Geschäftsprozesse und schaffen messbaren Mehrwert für den parlamentarischen Betrieb und damit für die Demokratie – die Parlamentsdirektion: aus Überzeugung für eine starke Demokratie (was auch für mich als CIO zutrifft). - Innovation & Zukunftsorientierung
Wir setzen auf die Vorbereitung der Umsetzung von modernsten Technologien wie KI, Cloud, Automatisierung und Data Analytics, um das Parlament/die Parlamentsdirektion zukunftssicher aufzustellen. Durch unsere Innovationskraft gestalten wir aktiv neue digitale Modelle im Parlamentarismus und steigern damit Stabilität, Kontinuität und Entwicklungen im Sinne von Innovation und Serviceempfinden. - Agilität & Resilienz
Unsere IT-Strategie basiert auf flexiblen und skalierbaren Lösungen. Wir haben bewiesen, dass wir auch in herausfordernden Zeiten wie z. B. globalen Krisen oder Cybersecurity-Bedrohungen handlungsfähig bleiben und mit Weitblick agieren. - Cybersecurity & Compliance
Sicherheit und Datenschutz sind für uns essenziell. Wir setzen modernste Sicherheitsarchitekturen und Compliance-Richtlinien um, um Risiken zu minimieren und das Vertrauen unserer Kunden und Partner zu stärken. Ansätze und Lösungen zu ZeroTrust, Security by Design haben längst Einzug bei uns gehalten, werden uns aber auch noch weiterhin begleiten – Cybersecurity ist ein Prozess, KEINE Ziellinie. - Nachhaltigkeit & Verantwortung
Unsere IKT trägt aktiv zur Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens bei, sei es durch Green IT, energieeffiziente Infrastruktur oder verantwortungsvolle Ressourcennutzung. Wir sind das erste Parlament Europas, das eine EMAS Zertifizierung positiv abgeschlossen hat.
Welche Bedeutung hatte die Sanierung des Parlamentsgebäudes als „Window of Opportunity“ für die digitale Transformation?
Rückblickend auf die Herausforderungen in den vergangenen Jahren – Parlamentsgebäudesanierung unter den Prämissen ‚Gleichzeitiger Sitzungsbetrieb und Modernisierungs-Prozesse‘, weltweite Pandemie, Shut-Downs, Unterbrechungen in Lieferketten, Ressourcen Knappheit, Teuerung, dramatische Veränderungen in Arbeits- und Lebensmodellen gleichzeitig – musste ich an ein Zitat des Stanford-Ökonomen Paul Romer denken, das sich auf alle Herausforderungen, denen die Welt und wir heute gegenüberstehen, und auf unsere Rolle bei der Bewältigung dieser Probleme anwenden lässt: „A crisis is a terrible thing to waste“. Somit hat sich auf für uns dieser Zeitfenster als enorm großes ‚Window of opportunity‘ herausgestellt, wo wir zusammen mit Partnern und dem Team viele Prozesse in Parlamentsdirektion durchaus ‚NEU‘ denken konnten und sogar mussten: Neue Herangehensweisen und Services, Zukunftssichere IT-Infrastruktur, Sicherheits- und Zutrittssysteme, optimierte Arbeitsplatzgestaltung, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz, Förderung von neuen Arbeits- und Kollaborationsmodellen um ein paar zu nennen.
Auch für die IT-Organisation per se brachte es die Möglichkeit für massive Veränderungen mit sich: Sie erforderte einerseits klares Krisen- und Change-Management, andererseits gab sie nachhaltige Impulse (beinahe flächendeckende ‚Mobilitäts-‘Ausstattung im Hinblick auf bevorstehende Übersiedelungen und Sanierung), Rollenetablierung – CISO, Servicedesk-Leitung, usw., Organisationsentwicklung – Demand-Management, IKT-Controlling, usw. aber auch viele Modernisierungs- und Transformationsprozesse. Wir glauben auch ganz stark an das ‚Sharing & Learning’ Paradigma und haben die Erkenntnis, dass man in der Lerneffizienzkurve ein Maximum aus ‚Positiver Fehlerkultur und –Erfahrung‘ herausholt – Theorie lässt ein Minimum an Zuwachs erwarten, Praxis schon mehr aber aus Fehlern eine Lernerfahrung zu haben oder auch aus dem Austausch mit anderen, wie man es nicht gemacht hat, ein optimiertes Erfahrungspotential.
Wie habt ihr den laufenden Parlamentsbetrieb und Modernisierungsprozesse erfolgreich in Einklang gebracht?
Das funktionierte NUR durch eine umfassende vorbereitende Maßnahmen, kluge Strategie und Priorisierung, Externe Expertise, klare begleitende Kommunikationsmaßnahmen, schrittweise Umsetzung und nicht zuletzt herausragende Teamleistung. Durch etabliertes Vertrauen und sich auf einander verlassen können sowie Fehler aufzuzeigen und wieder aufeinander zu zugehen (auch wenn es ab und zu ruppig war). Dort wo es nicht optimal war, konnten wir aus der Fehler-Nachbearbeitung auch unsere Lernerfahrungen optimieren. Es geht nicht darum, ob und wie viele Fehler man macht, sondern darum, wie schnell man sie bemerkt und korrigierend eingreift: Hinfallen, aufstehen, anpassen/beseitigen, weitermachen.
Welche Innovationen haben das Parlament zukunftssicher gemacht, und wie profitieren Abgeordnete und Mitarbeitende davon?
Beinahe flächendeckende Streamingmöglichkeiten in/aus den unterschiedlichsten Bereichen durch digitale bzw. mobile Konferenzräume und der Verwendung von Resilienz-Technologien Umsetzung des ‚Mobilitäts‘-Konzepts im Rahmen des ‚Arbeitsplatz der Zukunft‘. Das Service der EULE (360° Themen-Monitoring) ist ein weiteres herausragendes und prämiertes Beispiel, welches die Arbeitsprozesse durch optimierte Informationsbereitstellung für Abgeordnete aber auch die Parlamentsdirektion ermöglicht. Erwähnenswert ist auch der Launch der ‚Inbetriebnahme APP‘ mit der Eröffnung des Parlaments – da hat das Team was ganz Tolles geleistet und klare Orientierungs- und Lernplattform bereitgestellt, die mittlerweile als die ‚MeinParlaments‘-APP bereits in die nächste Stufe weiter entwickelt wurde.
Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung von Cybersecurity-Strategien wie Zero Trust und Security by Design?
Die Cybersicherheit ist neben höchster Servicequalität eine der obersten Prioritäten in der Parlamentsdirektion, da IT-Bedrohungen in heutiger VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity / Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit) ständig komplexer werden. Wir setzen auf eine proaktive, mehrschichtige Sicherheitsstrategie, um sowohl aktuelle als auch zukünftige Risiken zu minimieren. Zu den wichtigsten Herausforderungen wie Komplexität der IT-Infrastruktur, Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Compliance, sich ständig weiterentwickelnde Bedrohung, Menschlicher Faktor und Sicherheitsbewusstsein allgemein, Mangel an (IT-)Fachkräften, Kosten und Ressourcen gehört sicher auch noch die Spezifik des ‚Hohen Hauses‘ zu berücksichtigen – und es ist ein höchst politisches Thema.
Cybersicherheit ist kein einmaliges Projekt (und damit Ziellinie), sondern ein fortlaufender Prozess, den wir aktiv optimieren. Grundlegende Einstellung, das Ende der Umsetzung als Beginn der Umsetzung verstehen, um mit den sich mit Lichtgeschwindigkeit verändernden Bedingungen Schritt zu halten und Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten.
Durch eine präventive Sicherheitsstrategie, kontinuierliches Monitoring und schnelle Reaktionsprozesse stellen wir sicher, dass das Parlament heute und in Zukunft gegen IT-Bedrohungen gewappnet ist.
Präventive Sicherheitsmaßnahmen
✅ Zero-Trust-Ansatz: Jeder Zugriff wird überprüft – unabhängig von Standort oder Nutzer.
✅ Regelmäßige Penetrationstests & Schwachstellen-Scans: Frühzeitige Identifikation und Schließung von Sicherheitslücken.
✅ Mehrstufige Authentifizierung (MFA): Reduzierung des Risikos unbefugter Zugriffe.
✅ Datenverschlüsselung & sichere Infrastruktur: Schutz sensibler Daten durch moderne Verschlüsselungsmethoden.
✅ Aktuelle Software & Patch-Management: Regelmäßige Updates verhindern Exploits bekannter Sicherheitslücken.
Als Antwort auf die Herausforderungen galt auch hier, vor allem kulturell und architekturell bedingt, das Thema gesamtheitlich neu zu denken.
Welche nachhaltigen IT-Initiativen habt ihr umgesetzt, und wie entstand die EMAS-Zertifizierung als erstes nationales Parlament Europas?
EMAS steht für Environmental Management and Audit Scheme und ist ein hochqualitatives Umweltmanagementsystem, welches mit der Inbetriebnahme des sanierten Parlamentsgebäudes realisiert wurde. Mit EMAS können Umweltschutz, Nachhaltigkeit und betriebliche Effizienz langfristig miteinander verknüpft werden und die Parlamentsdirektion zu einer innovativen Dienstgeberin heranwachsen. Langfristiges Ziel ist es, einen umweltfreundlichen und nachhaltigen Betrieb zu ermöglichen und durch die aktive Einbeziehung jeder und jedes Einzelnen von Ihnen Potenziale zu erkennen sowie Ihr Bewusstsein für die Thematik zu stärken. Dabei steht vor allem die kontinuierliche Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes im Vordergrund. Neben ökologischen werden aber auch soziale und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigt, um auch für kommende Generationen einen Beitrag zu leisten.
Beispielhaft wurden im IT-Umfeld folgende Schwerpunkte gesetzt (Stichwort Green-IT):
- Verstärkung der umweltfreundlichen Beschaffung → Festlegung von Umweltkriterien für Beschaffungen außerhalb der naBe-Produktgruppen und Aufnahme dieser in die Beschaffungsrichtlinien
- Steigerung der Datenqualität → Verbesserung der Aufnahme und Auswertung der technischen Messdaten (IoT Systeme)
- Rechenzentren (Richtlinie UZ 80): Energieeffizienzbericht, der den aktuellen technischen Zustand des Rechenzentrums erfasst.
- Energiemanagementsystem wie z. B. das Rechenzentrum muss seinen Strombedarf zu 100 % aus erneuerbaren Energien wie Wasserkraft, Photovoltaik, Windkraft oder Biomasse decken.
- Power Usage Effectiveness (PUE)
- Abwärmenutzung
- Messkonzept technische Gebäuderüstung (TGA)
Welche drei Tipps würdest du jemandem geben, der eine Karriere als CIO anstrebt?
Sei offen für Neuerungen, sei konsequent in der Herangehensweise und der Umsetzung und begeistere deine und andere Leute für die Sache und auch Erneuerungen – dann ist vieles möglich! Transformation, Innovation und Faszination können sich sehr gut ergänzen und gemeinsam zu positivsten Erfahrungen für Menschen und Organisation führen.
‚Nordsterne und Leitplanken‘, die mich dabei leiten:
- Zusammenarbeit / Kooperationen suchen und eingehen (Expert:innen / Partner / …) / Neue Menschen und Herangehensweisen kennenlernen
- Unbequeme Fragen stellen / Hinterfragen / aus der Komfortzone herausgehen
- Zielstrebig und experimentfreudig / neue Chancen aufgreifen, sich in Veränderungen und Herausforderungen/Probleme zu ‚verlieben‘ und Probleme als “Windows of Opportunities” nützen
- starke Arbeitsmoral und Durchhaltevermögen
Wie definierst du die moderne Rolle eines CIO? Was macht dich in dieser Position aus?
Die Rolle des CIOs ist natürlich sehr stark unternehmensabhängig und damit nicht 1:1 in jedem Businessbereich bzw. Kultur 1:1 übertragbar. Aber es sind die visionären, zukunftsorientierten Gedanken genauso wie das ‚Nobody left behind‘ Vorgehen, welches insgesamt die stete Entwicklung der Mitarbeiter:innen aber auch des Unternehmens unterstützen und fördern. Für mich war immer das voneinander lernen (Sharing & Learning‘) sehr wichtig – dies ‚lebe‘ ich durch verschiedene ‚Vernetzungs‘-Initiativen (andere Oberste Organe, Bund, Wirtschaftssektoren, D/A/CH-Raum, Europäische Parlamente (ECPRD – European Center for Parliamentary Research and Documentation) aber auch weltweit durch aktive Beteiligung im IPU (Inter-Parliamentary Union) Netzwerk (Teil des weltweiten Kooperationsteams für Guidelines for AI in parliaments | Inter-Parliamentary Union).
Welche Bedeutung haben das Confare CIOSUMMIT und der Confare CIOAWARD für dich?
Das Confare CIOSUMMIT ist eigentlich ein jährlicher Fixpunkt in meinem Terminkalender – selten dass ich einen Tag ausgelassen habe. Du triffst auf aktuelle Themenstellungen, eine gut organisierte Mischung von „Austausch zu aktuellen Themenstellungen/Good Practices zur Problemlösung vergleichbarer Herausforderungen“ und überschaubaren „Technologie“-Provider Impulsen und Vorträgen, die aber durchaus auch sein müssen – der Mix macht es aus ebenso wie die Menschen. Die Auseinandersetzung mit dem Award selbst gibt mir auch die Möglichkeit, Herangehensweisen und erfahrene Veränderungen zu reflektieren und zu bewerten bzw. auch von den Award Preisträgern Impulse aufzugreifen und in das eigene Umfeld mitzunehmen:
“If you always do, what you always did,
you will always get, what you always got“!