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ÖBB CIO Marcus Frantz über Data Governance und Datenkatalog im ÖBB Konzern

by Julia Hübsch

In einem Konzern wie den ÖBB gibt es immer zahlreiche Interessen, Widerstände und Befindlichkeiten, die bei Projekten zu berücksichtigen sind, ganz zu schweigen von regulatorischen und politischen Anforderungen. Ein konzernübergreifendes Datenmanagement wäre zu viel verlangt? Warum für ÖBB Group CIO Marcus Frantz Information Data Management so wichtig ist, dass es in die Zielvorgaben jedes Vorstandes gehört und wie das Data Driven Business die IT-Infrastruktur vor Herausforderungen stellt, hat er im Gespräch mit Confare Gründer Michael Ghezzo erklärt.

Confare #CIOSUMMIT Wien 2021

Welche Anforderungen bringt das Data Driven Business für die IT-Infrastruktur?

Connectivity ist hier ein besonders wichtiges Thema. Wie stellen wir die Verbindung zu all den Sensoren und Assets her, also quasi die Fähigkeit, die Daten aufzusaugen um sie dann weiterzuverarbeiten. Und das stabil und in der richtigen Qualität.

Auf der anderen Seite natürlich auch die entsprechenden Storage und Computing Kapazitäten in einem hybriden Mix. Damit die Datenflut unsere Systeme nicht in die Knie zwingt. Dafür benötigen wir eine Zwischenplattform, einen Zwischenlayer, der in die Architektur eingebaut ist. Hier kommen die Daten hinein. Wir haben bei uns einen zentralen Konzern Lake definiert, aus dem werden dann bestimmte Daten, die wir für Analyse und Auswertung brauchen, in unseren Data Science Hub transferiert.

Die gesamte technologische Infrastruktur wird hybrid eingesetzt, damit wir bei Bedarf zusätzlich große Kapazitäten schnell hinzuziehen können und zwar genau in dem Moment, wo wir sie für die Verarbeitung benötigen. Diese Kapazitäten können wir dann aber auch schnell wieder abdrehen, damit die Kosten nicht explodieren. Die riesigen Datenmengen, die wir hier produzieren mit eigener Hardware abzubilden wäre nicht finanzierbar.

Was sind die wichtigsten Aufgaben und Ziele für das Enterprise Data Management?

ÖBB CIO Marcus FrantzInformation Data Management (IDM) ist dafür bei uns der Überbegriff. Wir haben dafür ein entsprechendes Governance Framework definiert. Man braucht im Unternehmen zunächst einmal ein gemeinsames Verständnis darüber, was wir überhaupt mit Daten tun und wie wir mit Daten umgehen wollen. Die erste Herausforderung ist das gemeinsame Bekenntnis abzuholen: Wir teilen Daten! Wir stellen sie wirklich untereinander zur Verfügung! Die Daten gehören uns!

Das gilt auch für unsere Lieferanten und Hersteller, bei denen wir eine Daten Ownership Klausel einfordern. Immer wenn wir ein Asset kaufen und es Daten produziert, gehören uns die Daten.

Über das IDM schaffen wir die Grundlagen für ein tatsächlich bewusstes Management und die Handhabung unserer Daten. Das ganze Thema „Konzerndaten-Modell“ wird dort definiert und die grundlegenden Prinzipien wie das Datenmanagement erfolgt werden dort erarbeitet. Gerade läuft das Programm „Datenkatalog“, quasi der Aufbau unserer zentrale Bibliothek mit all den Metadaten: Hier werden die Systeme aller Konzerngesellschaften angebunden, daraus resultiert das Verzeichnis der im Konzern vorhandenen Daten, mit klarer Zuordnung der Ownership und hinterlegtem Information Lifecycle. Diese Regeln müssen auch definiert werden. Das Programm Datenkatalog hat dabei das Commitment der gesamten Führungsebene. Es ist sogar in den persönlichen Zielen der Vorstände und aller Führungskräfte verankert, sowie das Thema Informationssicherheit. So schaffen wir, dass alle ein gemeinsames Verständnis davon haben, woran wir hier arbeiten, es aktiv unterstützen und im Konzern verankern.

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Welche Auswirkungen haben Remote Office und Corona-Krise auf das Data Management?

Für das Thema Informations- und Datenmanagement haben wir Regeln und Prinzipien definiert. Es ist vollkommen egal, ob die MitarbeiterInnen daran von zu Hause aus arbeiten. Auswirkungen hat der Remote Zugriff natürlich bei der Daten-Sicherheit. Wir wissen alle, dass es eine ungeheure Zahl an Angriffen gibt. Für das Datenmanagement selbst hat es keine Auswirkung!

 

Wie haben sich die Anforderungen an Backup und Recovery verändert?

Sicherlich, weil ich eine etwas andere Architektur aufbauen muss, weil ich mit Daten anders umgehe und Daten anders verschneide. Ich nehme Daten nicht mehr nur und speichere sie in meinem System ab und dann sind sie im System. Das SAP kann dann irgendwann damit entsprechend etwas tun und ansonsten liegen sie da unten in der Datenbank.

Heute wird mit Daten gearbeitet, sie werden korreliert und in Verbindung mit anderen Aspekten gebracht. Ich habe daher auch andere Anforderungen an die Leistungsfähigkeit, die man zur Verfügung stellen muss, z.B. wenn es darum geht, große Datenmengen zu bewegen.

Backup und Recovery können das natürlich grundsätzlich abdecken. Das Thema ist die große Datenmenge – Restore wird hier zum Problem! Klassische SLAs, die lauten „in 2 Tagen ist alles wieder zurückgespielt“ verlieren ihre Gültigkeit. Ein Data Lake, wie wir ihn betreiben, hat eine Speicherkapazität, bei der jeder klassische Restore Prozess scheitern würde.

Wir arbeiten an Lösungen, aber im Moment läuft das einfach darauf hinaus, dass Du tatsächlich Dinge in gewisser Form redundant hältst. Deswegen wird die Skalierbarkeit der Cloud für uns ein immer wichtigerer Faktor.

 

Welche Rolle spielt die Cloud dabei? Was ist beim Cloud Einsatz zu beachten?

Die Herausforderungen sind eher kultureller als technischer Natur. Loslassen und akzeptieren, dass das ein probates zusätzliches Mittel ist, das ich in meine Service Deliveries einbaue, dass ich das als eine Ergänzung meiner Infrastrukturservices ansehe. Die Alternative wäre, selbst teure Infrastrukturen aufzubauen und bestehende Rechenzentren zu erweitern.

Auch klar ist, dass wir nicht alles rausgeben können. Wir haben als Bahn natürlich hoch kritische Sachen und das wird auch so bleiben.

 

Cloud, On-Premise, Storage, Archive … Daten sind in diversen Elementen der Infrastruktur verteilt. Was braucht es, um eine ganzheitliche Sicht auf die Unternehmensdaten zu ermöglichen?

Da kommt das Thema Datenkatalog zum Tragen. Wir müssen wissen: Wo generieren wir welche Daten? Welche Systeme liegen dahinter? Wo tauschen sich diese Systeme aus? Wir müssen sicherstellen, dass wir wirklich die eine Single source of truth haben. Ein Beispiel: Die Bahnsteiglänge wird einmal im Immobilienbereich als Betonlänge erfasst, ein andermal im Infra-Bereich von Signalmast bis Signalmast. Diese Werte unterschieden sich deutlich. Man muss also einerseits klar definieren, wofür braucht man die eindeutigen Daten und in welchem System findet man sie? Und nur dort. Und wo werden dann die Daten hin ausgetauscht?

Hier wird auch hinterlegt, welche Information Lifecycle habe ich? Wie lange muss ich die Daten aufheben? Wie lange will ich die Daten aufheben? Will ich sie alle aufheben?

 

Welche Methoden haben sich bewährt um den Betrieb der Dateninfrastruktur effizient zu gestalten?

Data ist unser zentrales Asset. Aus diesem Grunde hat jede Führungskraft die Verantwortung dafür zu sorgen, dass wir diese Daten identifizieren, dass wir sie managen, dass sie Qualität haben, etc.

Wie der Betrieb effizient funktioniert? Lass uns da mal in fünf Jahren drüber reden. Wir sehen, was wir jetzt an Datenmengen reinbekommen. Wir wissen, was wir von den Cityjets, den Railjets, von den Taurus Lokomotiven, von den Nightjets und, und, und an Daten bekommen. Und da wird noch viel mehr kommen. Wir sind dabei, entsprechend unseren digitalen Zwilling für unser gesamtes Streckennetz aufzubauen. Wie wir dieses Ecosystem richtig nachhaltig betreiben, dazu gibt es Ideen, aber fertig sind wir damit nicht.

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