fbpx

TopCIO Martin Schellenberg: Der Trend zur 24-Stunden-Gesellschaft erhöht die Anforderungen an die Verwaltungs-IT

by Annecilla Sampt

Die Stadt Zürich zählt in Umfragen regelmäßig zu den Städten mit der höchsten Lebensqualität und öffentlichen Sicherheit. Das Sicherheitsdepartment der Stadt sorgt dafür, dass die Zürcher Blaulichtorganisationen auch den Anforderungen der 24-Stunden Gesellschaft gewachsen sind. Eine Schlüsselrolle dabei spielt die IT, berichtet Martin Schellenberg in unserem Blog Interview anlässlich der Auszeichnung als #TopCIO 2017.

Vor welchen Herausforderungen steht die IT von städtischen Verwaltungen und Blaulichtorganisationen? Wie wirkt sich die Digitalisierung aus?

Der Trend zur 24-Stunden-Gesellschaft erhöht die Anforderungen an unseren Leistungsauftrag. Unsere Anspruchsgruppen verlangen von uns effiziente, benutzerfreundliche und zeitgemässe Prozesse, welche rund um die Uhr zur Verfügung stehen müssen. Wir begegnen diesen, indem wir die E-Government Aktivitäten stark ausbauen. So hat die städtische IT z.B. „Mein Konto“ als zentralen online Einstiegpunkt entwickelt, mit welchem Einwohner und Unternehmer Services in der Stadt Zürich beziehen können. „Mein Konto“ ist ein wichtiges Element einer kundenorientierten Verwaltung und vermindert Medienbrüche. Daten die bisher am Schalter oder über den Postweg eingereicht wurden, müssen nicht mehr erfasst werden, sondern lassen sich direkt weiterverarbeiten. Umgekehrt können sich Bevölkerung und Unternehmen zahllose Gänge an einen Schalter oder zur Post sparen, weil sie Antwortschreiben an die Verwaltung bequem online übermitteln können. Ein Beispiel dazu ist der E-Umzug, bei welchem die notwendigen Formalitäten einer Adressänderung digital abgewickelt werden können.

Das „Gold des 21. Jahrhunderts“, die Daten werden für innovative Ideen der Öffentlichkeit mit einer Open Goverment Data (OGD) Initiative zur Verfügung gestellt. Die Stadt Zürich stellt ca. 300 ihrer Datensätze im digitalen Open Data Katalog kostenlos zur Verfügung. Die elektronischen Datensätze sind eine wertvolle Quelle für die Arbeit von Forschenden, Studierenden und Medienschaffenden. Auch für IT-Firmen, die dank OGD neue Geschäftsideen entwickeln. Apps wie «Züri rollt», die alle Fahrradverleihstandorte sowie öffentlich zugängliche Fahrradpumpstationen anzeigt oder «ParkenDD», welche freie Parkplätze in Echtzeit anzeigt und die Automobilisten zu freien Plätzen in den Zürcher Parkhäusern lotst. Die Zahl der mit OGD realisierten Apps, Webanwendungen, Visualisierungen und weitere Projekte steigen stetig. Viele der Anwendungen stammen aus der Community und sind zum Teil bei Hackathons entstanden.

Die Blaulichtorganisationen stehen vor der Herausforderung der zunehmenden Integration und Vernetzung mit Partnerorganisationen über die politischen und geographischen Grenzen hinweg. Dienstleistungen werden harmonisiert und standardisiert und somit können Synergien sowie Skaleneffekte genutzt werden. Beispiele dafür sind die Harmonisierung der Schweizer Polizeiinformatik (HPi) oder die Optimierung vom Rettungswesen. Neben der Sicherstellung einer Mindestqualität aller im Kanton Zürich tätigen Rettungsdienste ist die Optimierung bei den Hilfsfristen im Fokus. Erreicht wird dies mit Vorgaben, wann zwingend das bestmöglich positionierte Fahrzeug aufzubieten und das am besten geeignete Spital anzufahren ist „Nächst-Best-Strategie“. Die Umsetzung erfolgt per 1. Juli 2018 und stellt hohe Anforderungen an die Disposition der Rettungsfahrzeuge in der Einsatzleitzentrale. Die optimale Disposition kann nur mit anspruchsvollen Algorithmen unter Berücksichtigung der benötigten Rettungsmittel, Besatzung und der akutellen Verkehrssituation digital simuliert und dann dem Disponenten entsprechende Vorschläge generiert werden.

Ohne eine Aussensicht geht es nicht: Die Digitalisierung fordert neue Denkstrategien für die Einführung von Lösungen. Das Prozessverständnis wandelt sich von der Innensicht einer Organisation zur Endkundensicht und dem „Customer Experience“. Dabei werden die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Unternehmen ganzheitlich berücksichtigt. Gleichzeitig müssen die Abhängigkeiten zu anderen Behörden oder Unternehmen bedacht werden. Entscheidend aber ist die Bereitschaft, die eigenen Prozesse neu zu überdenken. Es müssen die Anliegen und Anforderungen aller Stakeholder in die Überlegungen einbezogen werden, selbst wenn dies zu Aufgabenveränderungen in der eigenen Organisation oder zu Aufgabenverlagerungen in andere Organisationen führt. Erfolgreich in der digitalen Transformation sind nur diejenigen, die sich auf den Change-Prozess einlassen. Die Digitalisierung bringt Chancen und Gefahren sowie eine Flexibilisierung der Arbeitswelt mit sich. Die Chancen überwiegen und wir werden diese für die Effizienzsteigerung der Ereignisbewältigung von Notlagen konsequent für den Bevölkerungsschutz sowie unseren Leistungsauftrag nutzen.

Verändert sich auch die Rolle der IT?

Im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung ist auch eine Transformation der IT Abteilung innerhalb der Unternehmung notwendig. Technologie-, Entwicklungs- und Marktzyklen verkürzen sich um ein Vielfaches, sodass Unternehmen schneller auf Marktveränderungen reagieren müssen, um weiterhin erfolgreich im Wettbewerb bestehen zu können. Die IT muss sich vom klassischen IT-Support hin zum Förderer und Impulsgeber der Fachbereiche bei digitalen Veränderungs- und Anpassungsprojekten entwickeln. Durch die digitale Transformation entstehen im Unternehmen neue Formen der Zusammenarbeit mit externen Partnern wie Lieferanten, Beratungs- und IT-Dienstleistern sowie mit Kooperationspartnern für die Entwicklung und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen. Ebenso gestaltet sich die interne Zusammenarbeit im Unternehmen neu – vor allem das Verhältnis zwischen den Fachabteilungen und der IT. Dadurch ergeben sich neue Herausforderungen auf beiden Seiten: Für die Fachbereiche bedeutet die neue Form der Zusammenarbeit, dass sie ganzheitlich denken und angrenzende Abteilungen sowie die IT frühzeitig in ihre Planung einbeziehen müssen. Denn nur dadurch lassen sich Insellösungen vermeiden und gemeinsame Lösungen im Sinne eines „End-to-End-Konzepts“ finden. Damit die IT-Abteilung als strategischer Partner an der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle und -prozesse mitwirken und die Anforderungen aus den Fachabteilungen schnell umsetzen kann, muss sie jedoch auch deutlich agiler werden. Dazu gehört auch, heterogene Strukturen zu akzeptieren und zum Beispiel agile Projektmethoden wie Scrum einzuführen. Des Weiteren ist der Aufbau von Systemintegrations-, Cloud- und Datenschutz-Kompetenzen eine zusätzliche Herausforderung. Es gilt die klassische IT-Infrastruktur mit neuen Cloud-Anwendungen zu kombinieren, um dadurch eine hybride IT-Umgebung zu schaffen. Silo-Strukturen müssen aufgelöst und die Effizienz der Gesamt-IT erhöht werden. Die IT-Abteilung muss so strukturiert werden, dass sie sowohl operativ als auch beratend agieren kann. Ressourcen müssen entsprechend geschaffen werden, sodass sich der CIO auf die Rolle als strategischer Partner für die Fachabteilungen und die Geschäftsführung konzentrieren kann.

Was sind die wichtigsten 3 Aspekte, die den CIO zu einem entscheidenden Faktor für den Unternehmenserfolg machen?

Als Schlüsselfaktor für den CIO sehe ich die Umsetzungsgeschwindigkeit einer Businessanforderung bis zum „Go-Live-Termin“ einer digitalen Lösung.
Der CIO muss als Übersetzer einer Business-Idee in eine digitale Lösung wirken und selber aktiv aufzeigen, welche Prozesse wie digitalisiert werden können.
Last but not least setzt der vorrausschauende CIO Impulse für den Unternehmenserfolg, indem er „die Nase in den Wind stellt“ und das Potential von digitalen Innovationen erkennt, bevor sie offensichtlich werden.

Welche Tipps haben Sie für Nachwuchsführungskräfte in der IT? Welche Skills sind entscheidend, um in der Rolle erfolgreich zu sein?

Erfolg wird sicher haben, wer neugierig bleibt und sein Know-how nicht nur auf IT-Themen stetig aktualisiert, sondern sich auch ein fundiertes Branchenwissen in seinem Arbeitsumfeld aneignet.
Im Zeichen der Digitalisierung verändert sich auch das Anforderungsprofil an die IT-Führungskräfte. Gefordert sind vernetztes Denken, Flexibilität, Agilität, Lernbereitschaft, Spontanität, Selbstmanagement und Authentizität: Diese sieben Kernkompetenzen sind von entscheidender Bedeutung für die Dynamik und Geschwindigkeit in Märkten, Prozessen und Organisationen. Die IT-Führungskraft im digitalen Zeitalter kontrolliert nicht, sondern agiert als „Orchestrator“ indem sie flexibel und kreativ dirigiert. Es empfiehlt sich ein persönliches Beziehungsnetz multimodal und multimedial zu gestalten sowie Mitarbeiter, Teams und Partner dezentral und zeitlich flexibel zu führen.

Welche Bedeutung hat der CIO AWARD für Sie? Warum ist es wichtig, IT-Manager vor den Vorhang zu holen?

Der CIO Award ist eine gute Gelegenheit um einen IT-Benchmark der eigenen Branche und Organisation mit anderen Branchen und Unternehmungen durchzuführen und Feedback zum Leistungsausweis seiner IT-Organisation zu erhalten. Die eigene kritische Auseinandersetzung mit dem eigeschlagenen Weg der Digitalisierung und die Aussensicht der Experten Jury helfen eine Standortbestimmung durchzuführen und neue Schwerpunkte für die Zukunft zu setzen. Nach den negativen Schlagzeilen der Dotcom-Blase zu Beginn des 21. Jahrhunderts, verdient die Arbeit der IT-Branche auch wieder mehr positive Publizität u. A. auch um den Nachwuchs sicherzustellen.
IT-Manager sind vielfach in einer Organisation gegenüber der Öffentlichkeit eher im Hintergrund arbeitend. Durch den steigenden Digitalisierungsgrad in den Organisationen und den somit auch grösseren Stellenwert der IT-Abteilungen ist es wichtig, dass engagierte IT-Manager durch den CIO-Award ins Rampenlicht geholt werden. Ihre mit dem ganzen IT-Team und den Fachabteilungen geleistete Arbeit, erhält so eine externe Wertschätzung und positive Aufmerksamkeit, auch über die Branchengrenzen hinweg.

#CIOAWARD 2018 – Wir holen Sie auf die Bühne

Auch im nächsten Jahr geht die Suche weiter: Gemeinsam mit EY suchen wir die besten IT-Manager. Reihen Sie sich in die Hall-of-Fame der besten CIOs ein und genießen Sie Glanzmomente auf unserer Bühne. Fordern Sie schon jetzt die Einreichungsunterlagen für den #CIOAWARD 2018 bei nora.wantke@confare.at an. Der CIO AWARD 2018 wird am 11/12. April 2018 auf dem 11. CIO & IT-Manager Summit in Wien verliehen. Early-Bird? Dann melden Sie sich schon gleich bei nora.wantke@confare.at an.

 

Ebenfalls interessant:

Innovative CIO

DAS Forum für die Kreativität und die Innovationskraft der österreichischen IT.

Für Sie ausgewählt

Leave a Comment