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Falk Sonnenschmidt (Everphone) – Diese Fragen müssen sich CIOs stellen – First 90 days as a CIO

Falk Sonnenschmidt – Chief Revenue Officer bei Everphone – im exklusiven Confare Bloginterview. Der langjährige IT- und Management-Profi geht mit uns gemeinsam den Fragen nach, was die größten Herausforderungen in der CIO-Rolle sind, wie die anfängliche Kommunikation gelingt uns vieles mehr.
Welche sind die größten Herausforderungen, denen sich neue CIOs in den ersten Wochen und Monaten gegenübersehen?
Neue CIOs müssen sich schnell in eine bestehende IT-Landschaft einarbeiten, Vertrauen im Business aufbauen und erste Erfolge erzielen. Sie stehen vor der Aufgabe, kurzfristige Verbesserungen mit langfristigen strategischen Zielen in Einklang zu bringen – und das, während sie kulturelle Widerstände überwinden sowie Budgets optimieren müssen. Um dies zu erreichen, sollten alle relevanten Informationen so früh wie möglich eingeholt werden. Bei IT-Organisationen mit mehr als 100 Mitarbeitenden macht es Sinn, einige Berater-Tage für eine Mini-Due-Diligence zu investieren, da der Themenumfang sonst kaum bewältigbar ist. Im Idealfall wurde das entsprechende Budget bereits im Vertrag verhandelt.
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Welche bewährten Methoden gibt es, um sich schnell einen Überblick über ein Unternehmen und seine IT-Landschaft zu verschaffen?
Stakeholder-Interviews, IT-Audits und der Einsatz von Discovery-Tools helfen, zentrale Herausforderungen und Optimierungspotenziale frühzeitig zu erkennen. Erfahrungsgemäß arbeitet man sich dabei von außen nach innen, je nachdem, ob man sich in einer neuen Branche zurechtfinden muss. Eine mögliche Checkliste lautet:
- Wie geht es meiner Branche?
- Gehört meine Branche zu den Early- oder Late Adoptern im Technologiebereich?
- Bewege ich mich in einem Umfeld mit hoher Risikoaversion (z. B. Öl & Gas, Government, Infrastruktur)?
- Welche (zukünftigen) regulatorischen Herausforderungen muss mein Unternehmen meistern?
- Wie steht mein Unternehmen im Vergleich zu den Branchen-Peers?
- Was machen meine Peers besonders gut – und welche Skandale gab es?
- Welche Geschäftsbereiche sind Margen- und welche Umsatztreiber?
- Welcher Vorstand hat das größte Budget, den höchsten Headcount bzw. die längste Verweildauer – und warum? (Diese Frage lässt sich auch umkehren. Zur Priorisierung der jeweiligen Anforderungen aus den Vorstandsbereichen)
- Wer sind die Hauptinvestoren? Was sind deren kurz-, mittel- und langfristige Ziele (z. B. Private Equity vs. Familienunternehmen), und welchen Einfluss haben sie auf das operative Geschäft?
- Wie sieht mein Tech-Ökosystem aus? Welche führenden Dienstleister und Anbieter gibt es, und welche Innovationen werden besonders angepriesen?
Zudem ist es wichtig, bestehende Dokumentationen und Prozesse zu analysieren und den direkten Austausch mit den IT-Teams sowie den relevanten Fachabteilungen zu suchen – auch, um klare Erwartungen in Bezug auf den vorherigen CIO zu klären.
Für eine interne Analyse empfiehlt sich ein Capability Assessment: Anhand generischer Geschäftscapabilities werden verschiedene Organisationsteile, Prozesse und Systeme abgebildet. So lassen sich schnell Redundanzen und Schatten-IT erkennen. Wird dies mit den strategischen Herausforderungen aus dem Branchen-, Investoren- und Peer-Assessment abgeglichen, ergeben sich rasch Technologielücken und Priorisierungsdimensionen. Damit sollte man für die ersten 90 Tage bestens gewappnet sein.
Welche Prioritäten sollten IT-Führungskräfte in der Anfangsphase setzen und warum?
- Schnelle Standortbestimmung: Transparenz über die bestehende IT-Architektur und Geschäftsprozesse gewinnen.
- Quick Wins identifizieren und umsetzen: Frühzeitige Erfolge schaffen Vertrauen und demonstrieren Handlungsfähigkeit.
- Langfristige Roadmap entwickeln: Die IT-Strategie muss mit den Unternehmenszielen harmonieren.
Welche Rolle spielen Unternehmensstrategie und Vision bei den ersten Entscheidungen eines CIOs?
Die IT muss als Enabler der Geschäftsstrategie fungieren. Ein CIO sollte sicherstellen, dass alle IT-Initiativen auf die Unternehmensvision abgestimmt sind und langfristig zum Geschäftserfolg beitragen.
Welche Tools oder Methoden erleichtern den Einstieg in eine neue CIO-Position?
- IT-Health-Checks & Audits für eine schnelle Bestandsaufnahme.
- Stakeholder-Workshops zur Identifikation geschäftsrelevanter Anforderungen.
- Change-Management-Frameworks zur Steuerung von Transformationsprozessen.
- Peer-Netzwerke & Mentoring für den Austausch bewährter Praktiken.
Wie kann man die richtige Balance zwischen kurzfristigem Erfolg und der Entwicklung einer langfristigen IT-Agenda in den ersten Monaten finden?
CIOs sollten sowohl auf Quick Wins als auch auf strategische Initiativen setzen. Kurzfristige Verbesserungen – etwa durch Prozessautomatisierung oder Kostenoptimierung – stärken das Vertrauen, während parallel eine langfristige IT-Roadmap entwickelt wird.
Welche drei zentralen Tipps würdest du neuen CIOs für ihre ersten 90 Tage geben?
- Frühzeitig kommunizieren: Regelmäßige Updates und die Einbindung relevanter Stakeholder schaffen Vertrauen.
- Business-Mehrwert in den Fokus rücken: IT-Projekte sollten primär an den Geschäftszielen und den individuellen Zielen der Stakeholder (z. B. COO) ausgerichtet sein.
- Quick Wins mit nachhaltigen Maßnahmen kombinieren: Erste Erfolge erzielen und zugleich den Grundstein für eine langfristige Transformation legen.
Wie wichtig ist die bereichsübergreifende Kommunikation in der Anfangszeit, und wie kann sie effektiv gestaltet werden?
Eine erfolgreiche digitale Transformation erfordert eine enge Zusammenarbeit mit anderen Unternehmensbereichen. Regelmäßige Meetings mit Geschäftsführung, Fachbereichen und IT-Teams sowie eine transparente Kommunikation über Ziele und Fortschritte sind essenziell. Eine proaktive Kommunikation sollte sehr regelmäßig erfolgen – idealerweise täglich schriftliche Updates an den direkten Vorgesetzten, und wöchentlich (oder nach Bedarf) an Peers sowie Investoren. Die Updates sollten sowohl Erfolge und Zielerreichungen als auch erste Beobachtungen, Herausforderungen, fehlende Informationen, Verzögerungen aufgrund unverantworteter Abhängigkeiten sowie entsprechende Mitigation-Vorschläge enthalten.
Inwiefern können externe Unterstützung oder Mentoring dabei helfen, die ersten Monate als CIO erfolgreich zu meistern?
Der Austausch mit erfahrenen CIOs oder externen Beratern kann wertvolle Einblicke und bewährte Methoden liefern – allerdings gilt hier oft: weniger ist mehr. Externe Beratung sollte primär für ein strukturiertes Assessment bzw. eine Due Diligence eingesetzt werden. Auch eine Analyse des IT-Projektportfolio-Health kann sinnvoll sein. Für den gesamten Zeitraum empfiehlt sich ein Coach, der den eingeschlagenen Weg bereits selbst erfolgreich beschritten hat. Den meisten angehenden CIOs mangelt es weniger an der Kompetenz, Probleme zu lösen, als vielmehr an der Erfahrung, was eine gute „Risk-Return“-Entscheidung ist. Radikale, einschneidende Entscheidungen liefern häufig die Grundlage für schnell messbaren Erfolg. Diese Entscheidungen zu identifizieren, gegen Widerstände durchzusetzen und an den richtigen Stellen auch Eingeständnisse zu machen, ist die Herausforderung – hier können erfahrene Executives als Coaches echten Mehrwert bieten. Zudem helfen Peer-Netzwerke, sich schneller im neuen Umfeld zurechtzufinden und fundierte Entscheidungen zu treffen.
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Wie sollte man mit Widerständen aus der Organisation umgehen, die einem CIO in den ersten Monaten begegnen könnten?
Widerstände entstehen oft durch Unsicherheit oder fehlende Transparenz bei Stakeholdern in anderen Unternehmensbereichen. Angehende CIOs sollten frühzeitig den Dialog suchen und erste Hypothesen mit ihren direkten Peers triangulieren. Wenn es eine relevante Mehrheit für bestimmte neue IT-Initiativen gibt, können diese vorab priorisiert und selbst gegen mögliche Widerstände angegangen werden. Wichtig ist, dass der eigene Sponsor – sei es CEO oder CFO – Teil dieser unterstützenden Mehrheit ist. Die ersten 90 Tage sollten dazu genutzt werden, Dynamiken im Board und die Kultur der Entscheidungsfindung zu verstehen. Hilfreiche Fragestellungen können sein:
- Warum wurde das Thema nicht früher angegangen?
- Woran sind die letzten Transformationen gescheitert?
- Welche Themen oder Rollen gelten als „untouchable“?
- Wo liegen die mächtigsten Influencer?
- Welche informellen Netzwerke bestehen zwischen den handelnden Akteuren?
Radikale Entscheidungen sind häufig sinnvoll. Diese sollten in Einzelgesprächen besprochen und mögliche Reaktionen eingewertet werden. Je nach Unternehmenskultur werden Entscheidungen nicht immer offensiv kritisiert, sondern deren Umsetzung lediglich ins Unendliche verzögert. Hier hilft eine klare Analyse der Beweggründe blockierender Kollegen.
Welche häufigen Fehler machen neue CIOs in ihren ersten 90 Tagen, und wie lassen sie sich vermeiden?
- Zu lange Analysephasen ohne erste Ergebnisse: Quick Wins sollten priorisiert und idealerweise schon vor dem offiziellen Start identifiziert werden. Jeder Tag zählt – die Organisation sollte von Beginn an spüren, dass ein Wechsel an der Spitze stattgefunden hat.
- Mangelnde bereichsübergreifende Abstimmung: Ein regelmäßiger Austausch mit dem Board ist unerlässlich. Ziel muss es sein, die Geschäftsbereiche und deren individuelle Herausforderungen genau zu kennen und den Stakeholdern Empathie sowie tiefes Verständnis zu signalisieren – das schafft Vertrauen, welches im Board der größte Garant für einen erfolgreichen Start ist.
- Unklare IT-Strategie ohne Business-Bezug: IT-Maßnahmen dürfen nicht als Selbstzweck verstanden werden, sondern müssen stets an den Unternehmenszielen ausgerichtet sein. Selbst wenn eine Systemmigration technisch dringend notwendig ist, kann ein Aufschub des Projekts um einige Monate – beispielsweise ins nächste Fiskaljahr – in finanziell angespannten Zeiten ein Segen für CFO und Board sein.