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Eveline Breitwieser-Wunderl, Porsche Holding: Diversity erfordert ein Umdenken im Recruiting

by Anthony Torno

Aus Create und Act wird CreACTe, das Motto der Confare #CIOSUMMITs 2023 – es ist Zeit den Stand der Transformation nicht mehr an Visionen und Zielen zu messen, sondern an Maßnahmen und Erfolgen. Das gilt bei der Digitalisierung genauso, wie beim Status von Frauen in IT-Abteilungen.

Innovative Ways of Work & Diversity Management beschreibt das Tätigkeitsfeld von Eveline Breitwieser-Wunderl bei der Porsche Holding. Auf die Bitte, uns ein Interview zum Thema Frauen in der IT zu geben, war Eveline erst mal überrascht – IT ist ja gar nicht mein Betätigungsfeld – aber genau der Blick über den Tellerrand ist es, der für uns wichtig ist. Wie in der Musik entstehen die spannendsten Werke, wenn man Genres vermischt. Entstanden ist ein spannendes Interview, in dem Erfahrungen rund um weibliche Leadership-Karrieren in einem führenden Automobil-Konzern auf die spezielle Situation in der IT Anwendung finden. Überaus lesenswert, wie wir finden.

Im Jahr 2021 feierten wir die Premiere des Confare Female IT-Mentorings im Rahmen des Confare #CIOSUMMIT Wien. Ziel war und ist den Erfahrungsaustausch zwischen erfolgreichen CIOs und Frauen, die Karriereziele in der Unternehmens-IT anstreben, zu fördern. 

Mentorinnen und Mentees können sich jetzt anmelden – ZürichFrankfurtWien.

CIOSUMMIT Frankfurt 2022

Warum ist es eine gute Idee, als Frau eine Karriere als Führungskraft anzustreben? Welche Möglichkeit bietet die IT dafür?

Gegenfrage: warum nicht? Bei Führung geht es meiner Meinung nach nicht um Mann oder Frau. Wer gestalten will und Freude daran hat Menschen zu führen, der/die sollte es auch tun. Bisher waren und sind Führungspositionen oft (rein) männlich besetzt. Mit mehr Frauen kommt mehr Diversität in die Führungsteams und das führt messbar zu besseren Ergebnissen. Zudem ist bekannt, dass Frauen anders führen als Männer. Das ist jetzt zwar auch ein Stereotyp und ich hüte mich vor Generalisierungen. Im Allgemeinen schreibt man Frauen eher Eigenschaften wie Empathie oder Kooperation um nur zwei zu nennen.

Die IT bietet im Moment perfekte Chancen für Frauen. Schließlich besteht Aufholbedarf und die Anzahl an Frauen im Unternehmen soll sich auch in den Führungspositionen widerspiegeln.

Wenn ich mir hier die Porsche Informatik ansehe, so gab es bis vor 2 Jahren eine Abteilungsleiterin. 2022 sind wir stolz eine Hauptabteilungsleiterin und 4 Abteilungsleiterinnen im Team zu haben. Das zeigt, was möglich ist.

Was würden Sie Recruitern und HR-Abteilungen empfehlen um Frauen für IT-Berufe besser zu erreichen?

Wir müssen dahin, wo wir die Frauen erreichen und das in einem frühen Stadium in ihrer Entwicklung. . Und wir müssen querdenken. Also Mädchen, die in der AHS ausgebildet werden, sind genauso eine wichtige Zielgruppe wie Frauen, die bisher in anderen Berufen tätig waren. Je früher wir die IT schmackhaft machen, desto besser. Und hier müssen wir vor allem am Bild der IT arbeiten. Viele haben Nerds im Kopf, die nachts am Computer zocken und Sandalen tragen. Das hat bei Weitem nichts mehr mit der heutigen Welt der IT und Digitalisierung zu tun, die spannend und Facettenreich ist.

Was sind konkrete Gründe, dass Frauen in Top-Positionen so unterrepräsentiert sind? Gibt es Hemmnisse, mit denen Sie selbst konfrontiert waren?

Spannende Frage. Es gibt einige Gründe dafür, über die ich gleich berichten werden. Allerdings wie heißt es so schön: Wer will findet Wege, wer nicht will Gründe…

Zunächst sind es die Systeme: meistens von Männern für Männer geschaffen. Wertfrei. Frauen müssen sich in solchen Systemen erst zurechtfinden und sich anpassen. Die Unterrepräsentation führt dazu, dass man als junge Frau keine älteren Vorbilder findet oder vielleicht nur welche, die für eine(n) selbst kein Vorbild sind. ‚Seeing is believing‘ und ‚If you can see it, you can be’ bringen es perfekt zum Ausdruck. Was man (frau) sehen kann, kann man (frau) auch werden.

Dann natürlich (unconscious) Biases. Wir alle sind biased. Es ist zutiefst menschlich und unsere Gehirne funktionieren so, dass sie Schubladen bilden, das hilft uns im Alltag zurecht zu kommen. Leider stehen uns diese Schubladen gerade bei Personalentscheidungen im Weg. Gerne suchen wir nach Ähnlichkeiten (Mini Me Effekt), gleichen Hobbies, gleichen Orten, gleicher Ausbildung. Das führt zu more of the same und solange diese Mechanismen nicht bewusst sind, liefen Entscheidungen gerne unbewusst nach diesen Prinzipien ab. Hier können wir gegensteuern – mit künstlicher Intelligenz zum Beispiel oder Blind Auditions* – um ein berühmtes Beispiel aus der Welt der Musik zu nennen. (*New York Symphonic Orchestra führte den Vorhang beim Vorspielen ein um nach Skills und nicht nach anderen Merkmalen zu entscheiden)

Wenn Frauen erfolgreich sind, werden sie gerne als weniger sympathisch wahrgenommen (bekanntes Beispiel: Heidi/Howard Roizen). Männern, die dem Rollenklischee nicht entsprechen, wird übrigens Kompetenz abgesprochen.

Ich selbst habe nach der Geburt meiner Zwillinge gesehen, wie schwierig es zunächst war an das Niveau meiner vorherigen beruflichen Stationen anzuknüpfen. Hier hat sich seither schon viel getan und das freut mich! Frauen können Fortbildungen während ihrer Karenz machen und Karriereschritte bei der Rückkehr aus der Karenz, können in Teilzeit führen mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und mobilem Arbeiten. Das hilft sehr in dieser Lebensphase. Dennoch bleibt es herausfordernd und es gibt noch viel zu tun.

Welche Maßnahmen für Geschlechtergerechtigkeit in den Unternehmen haben sich bewährt?

Zur Kulturveränderung braucht es nicht nur Maßnahmen für Frauen, sondern konkret das Umdenken der Männer. Für mich sind die Männer die echten Gamechanger. Sobald Männer in Karenz (nicht nur Papamonat, wobei das ist ein guter Anfang) gehen und ebenfalls in Teilzeit und flexibel arbeiten, ändert sich die Unternehmenskultur. Und es sind die Männer, die jetzt Allies und Enabler sein können und eine Veränderung herbeiführen können, die am Ende allen zugutekommt.

Wirksamste Maßnahme aus meiner Sicht: KPIs. Wo es klare Ziele und eine Nachverfolgung gibt, da wird auch gehandelt. Hand aufs Herz: Programme sind schön und gut. Die Wahrheit sehen wir anhand der Zahlen.

Welchen Nutzen bieten Networking und Mentoring konkret?

Netzwerke sind wichtig, vor allem, wenn es um Beförderungen geht. Das können wir Frauen von den Männern lernen. Die leben gerne in Seilschaften und ziehen sich gegenseitig hoch. Frauen sind oft anders sozialisiert und müssen diese Eigenschaft manchmal erst erlernen. Dazu eignen sich zum Beispiel Frauen-Netzwerke hervorragend. Sie stärken Frauen und machen sie sichtbar.

Mentoring ist sehr wertvoll, weil die Beziehung zwischen Mentorin und Mentee im 1:1 eine perfekte Austausch-Möglichkeit bietet. Oft ist die Mentorin Vorbild und bietet Orientierung. Auf jeden Fall bringt Mentoring Frauen vorwärts und bestärkt sie in ihrem Tun und ihrer Karriere.

Was würden Sie Frauen mit auf den Weg geben, die eine Leadership Karriere vorhaben?

Seid mutig! Und habt vor allem den Mut, euren eigenen Weg zu gehen (die anderen wurden schon gegangen…) und bleibt dabei euch selbst treu! Das ist schwierig, weil es dafür wenige Vorbilder gibt und gleichzeitig so wichtig, weil wir dadurch den Weg für unsere Töchter und Enkeltöchter ebnen.

Wenn wir eine gerechte Welt wollen, brauchen wir mehr Frauen in Führung. Nur Mut!

Was kann jeder Einzelne beitragen um Vorurteilen und antiquierten Rollenbildern entgegenzuwirken?

Achtsam sein. Im Umgang mit sich selbst und anderen. Und sich diese Vorurteile bewusst machen. Ich tappe selbst oft in solche alten Muster und das ist total menschlich. Der Unterschied zu früher: ich bemerke es! Und sobald es mir bewusst ist, kann ich auch bewusst anders agieren. Meine Empfehlung: nicht zu streng mit sich selbst sein und gleichzeitig achtsam bleiben. Das ist ein lebenslanger Prozess, weil wir diesen Mustern und Bildern tagtäglich begegnen. Wenn jede/r bei sich selbst beginnt, dann tritt die Veränderung ein, die wir uns alle wünschen für diese Welt.

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Zur besseren Lesbarkeit dieses Blogartikels verwenden wir das generische Maskulinum. Die in diesem Blogartikel verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.

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