EVVA ist ein hervorragendes Beispiel für mittelständische Unternehmen, die sich aktiv den Herausforderungen des digitalen Wandels stellen. Im Zuge der Recherche für das kommende Confare Factsheet rund um “Cloud-ERP im Mittelstand” in Zusammenarbeit mit SAP erzählt Gunther Glawar, welche Anforderungen er als CDO an ERP Software hat und welche Rolle die Cloud dabei spielt.
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Welche Anforderungen haben Sie 2021 an ein ERP?
Die Anforderungen an ERP Lösungen sind in den letzten Jahren stark gestiegen, sind vielfältig, die Erwartungen von Usern, die auch andere Applikationen kennen, hoch.
Ein heutiges ERP-System muss flexibel sein. Anforderungen an neue Geschäftsprozesse entstehen immer schneller, die IT-Landschaft darf da nicht der Bremsklotz sein, im Gegenteil. Neue Prozesse müssen schnell und einfach, ohne enorme Coding-Aufwände umgesetzt werden können. Das System muss skalierbar sein.
Monolithen haben ausgedient. Ein ERP sollte heute modular aufgebaut sein, dies soll sowohl Komplexität als auch Kosten reduzieren. Gerade KMUs haben nicht den Bedarf an einem vollumfänglichen ERP – zumindest nicht im ersten Schritt. Das System muss mit meinem Geschäft mitwachsen können.
Ein ERP muss einfach mit anderen Systemen kommunizieren können. Einerseits sind offene Schnittstellen die Voraussetzung dafür, andererseits wird das Verwenden von gemeinsamen Datenlayern immer wichtiger.
Welche Rolle spielt ERP für Innovation und Digitalisierung im Unternehmen?
Das ERP ist nach wie vor der Backbone von den meisten Unternehmen. Da die Geschwindigkeit der Innovation und Digitalisierung immer schneller wird, muss ein ERP diese Änderungsbedarfe auch unterstützen. Und ich bin sicher, dass das, was uns heute schnell vorkommt, in einigen Jahren als langsam betrachtet werden wird. Ein ERP muss daher rasch anpassbar sein, im Idealfall sogar Ideen für optimierte Prozesse bringen.
Digitalisierung, neue Geschäftsmodelle, Data Driven Business – Warum ist es gerade heute wichtig ein modernes ERP System zu nutzen?
Monolithische ERP-Systeme, wie wir sie über die letzten Jahrzehnte kannten, hatte ihre Berechtigung. Es gab weniger Änderungsanforderungen, die Prozesse in einem Unternehmen blieben eher stabil. Das hat sich radikal geändert. Die Änderungsgeschwindigkeit ist enorm, Ziel ist es, sogar einen Schritt voraus zu sein, zu antizipieren, was mein Kunde morgen wird haben wollen. Dies kann ein modernes ERP-System leichter unterstützen. Moderne Systeme sehen schon Möglichkeiten vor, wie zum Beispiel Machine Learning, moderne Prozesstemplates, die ich heute noch nicht brauche, aber sie im Bedarfsfall zur Verfügung habe.
Wie wichtig ist eine Cloud Strategie als Basis für die Digitale Transformation eines Unternehmens?
Eine zukünftige IT-Landschaft gänzlich ohne Cloud wird es schwer haben, zu reüssieren. Die meisten Unternehmen werden einen mehr oder weniger großen Teil Ihrer Systeme und Services aus der Cloud beziehen. Das Angebot ist enorm, weit größer, als ich es jemals on-premises zur Verfügung stellen kann. Umso wichtiger ist es daher zu wissen, was ich – bzw. noch wichtiger mein Business – brauche bzw. braucht.
In einer Cloud Strategie mache ich mir genau diese Gedanken. Was erwarte ich mir durch die Cloud? Wenn ich nur Kosten sparen möchte, bin ich wahrscheinlich auf einem falschen Pfad. Möchte ich meine oft raren internen Ressourcen effizienter nutzen, Services nutzen, die immer weiterentwickelt werden, „nur“ den Betrieb auslagern, leichter „am Plus der Zeit bleiben“? Viele Fragen, die bedacht gehören und möglichst zu Beginn von Cloudaktivitäten, um zu verhindern, dass ich mich in der Wolke verlaufe. Daher ist eine entsprechende Cloud Strategie unumgänglich, um den vollen Nutzen für mein Unternehmen heben zu können.
Was sind die Chancen und Herausforderungen, beim Einsatz eines Cloud-ERP?
Wie so oft sind Chancen und Herausforderungen auch bei Cloud-ERPs Gegenspieler – die alten Fragen von Fluch oder Segen, Bug oder Feature.
Einer der Hauptpunkte in diesem Zusammenhang sind sicher (automatische) Updates und Upgrades. Cloud-ERPs bekommen in der Regel in einem bestimmten Zyklus neue Releases, ich muss diese Entwicklungsschritte – meistens mit der Möglichkeit einer zeitlich begrenzten Verzögerung – mitmachen. Dadurch ist mein System immer auf dem neuesten Stand, bekommt neue Features, es wird immer weiterentwickelt. Diese Neuerungen umfassen auch Funktionen, um die man sich selbst (noch) nicht gekümmert hätte, man hat dadurch die Möglichkeit Neuerungen rascher zu verwenden.
Vor nicht allzu langem war dies eine Herausforderung für User, mittlerweile sind diese aber mehr und mehr daran gewöhnt, dass sich Systeme immer wieder in kurzen Abständen ändern. Ebenso laufend angepasst an aktuelle Bedürfnisse wird die User-Experience, das System lernt und lebt mit.
Das Core-ERP ist für alle gleich, Modifikationen am Ursprungscode sind dadurch nicht mehr möglich – die ohnehin tunlichst vermieden wurden (bzw. vermieden hätten werden sollen 😉).
Wie muss die User-Experience gestaltet werden? Welche Anforderungen gibt es in Bezug auf mobility und remote office?
Was die User-Experience betrifft, muss in zwei Gruppen unterschieden werden:
- Einerseits haben wir die Poweruser, die in hoher Frequenz mit dem System arbeiten. Für diese zählt in erster Linie die Geschwindigkeit, mit der sie ihre Aufgabe erfüllen können – da ist nach wie vor eine optimierte Tastatureingabe erforderlich.
- Auf der anderen Seite haben wir jene User, die zwar auch regelmäßig, aber nicht ausschließlich mit dem System arbeiten. Da muss das System eine state-of-the-art GUI haben. Diese User wollen sich wohlfühlen, in einer Umgebung arbeiten, die ihnen vertraut ist.
Auch das Thema Mobility und Remote ist zweigeteilt:
- Mobility macht für einige Prozesse Sinn, in erster Linie für jene, die an der Kundenschnittstelle stattfinden. Jedoch sind diese meist (noch) in einem CRM angesiedelt, dort ist Mobility ein Must. Eine sofortige Auftragserfassung beim Kunden, Vorort-Informationen zum Kunden, den ich besuche.
Weniger sehe ich diese Notwendigkeit für viele Tätigkeiten, die in erster Linie vom Schreibtisch aus (sinnvoll) erledigt werden. - Im Gegensatz dazu muss die Möglichkeit für remote office auf alle Fälle gegeben sein. Wir haben im letzten Jahr eine starke Verlagerung in diese Richtung gesehen, die remote offices werden zu einem großen Teil, wenn auch nicht in voller Intensität, bleiben, dies muss uneingeschränkt unterstützt werden.
Was sind die wichtigsten ERP Trends, die man 2021 im Auge behalten sollte?
Die meisten Trends haben wir schon gehört, Cloud-ERP mit automatischen neuen Features gehört auf alle Fälle dazu. Diese Systeme sind wohl nicht nur ein Hype, sondern werden auch für größere Unternehmen auf der Beobachtungsliste sein.
Ich bin sehr vorsichtig mit Begriffen rund um KI, aber der Einsatz steigt rasant, ein ERP muss dafür gerüstet sein. Machine Learning Algorithmen als wohl greifbarste Anwendung sollte man auf alle Fälle am Radar haben.
Eine weitere Entwicklung, die schon länger voranschreitet, ist, dass immer weitere Verschwinden von Grenzen zwischen den traditionellen Business-Applikationen. CRM, ERP, MES. Immer mehr Funktionen und Prozesse können von unterschiedlichen Systemen abgebildet werden, da gilt es einen Überblick zu behalten bzw. Synergien zu nutzen.
Auch wenn es in der heutigen Zeit schwer ist mittelfristige Prognosen zu machen, ERP wird uns wohl noch eine Zeitlang begleiten!
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