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Geschlechter-Fairness. – Die Kraft der Unterschiede nutzen!

by Cansu Karacan

NEU im #ConfareBlog
twogether.wien Symposium 2025 – Live in der Wiener Urania am 20. März 2025

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Geschlechter-Fairness. – Die Kraft der Unterschiede nutzen!
Heute im Confare Blog Interview: Klaus Podirsky – Gründer von twogether.wien.

Klaus Podirsky war nicht nur vor über 40 Jahren 2 Jahre in Vater-Karenz, sondern er hat für sich auch einen sehr „weiblich“-intendierten Berufsweg entschieden: als Lehrer, Heilpädagoge, Behinderte-Betreuer, Mental- bzw. Bewusstseins-Coach sowie letztlich für mehr als ein Jahrzehnt als Sozialpädagoge. Nunmehr im „Ruhestand“ arbeitet er ausschließlich ehrenamtlich für das Versöhnungs- / Vertöchterungs-Projekt twogether.wien sowie im Hospiz Rennweg in der Trauer- & Sterbebegleitung.

Sein Engagement fördert die Verständigung und Empathie zwischen Männern und Frauen – ein zentrales Anliegen, das auch im kommenden Symposium am 20. März 2025 im Fokus stehen wird.

Was erwartet die Teilnehmer beim kommenden Symposium?

Unser 5. Friedens-Fest der Geschlechter wird am 20. März in der Urania als Symposium und Gesamtkunstwerk stattfinden. Renommierte Männer sprechen für Frauenanliegen, renommierte Frauen für Männeranliegen. Dieser „Crossover-Aspekt: Men4Women, Women4Men, HUMAN4HUMANS“ wird durch Musik, Pantomime, Impuls-Talks sowie gemeinschaftliche Bewegungs- und Installations-Performances ergänzt.

Zu den renommierten Speakern in diesem Jahr gehören unter anderem den „Hormon-Papst“, Prof. Johannes Huber sowie das Imago-Therapeutenpaar Erika Bradavka und Dr. Michael Hutter (Präsident Imago-Austria). Es gilt den Gender-Diskurs empathisch weiterzutragen, wie er auf den twogether-Friedens-Festen der letzten Jahre – ehrenamtlich – u.a. von Ali Mahlodji („Wirtschafts-Guru“ & EU-Jugendbotschafter), Daniela Philipp, (Viktor Frankl-Zentrum), Matthias Horx (Zukunftsinstitut), Mari Lang (ORF-Moderatorin / Podcasterin), Doris Palz (Great Place to Work) sowie Prof. Hüther (Gehirnforscher) seit 2020 gestartet wurde.

Der gesamtkünstlerische Rahmen („Soziale Plastik“ nach Joseph Beuys) und der wiederholende Übungs-Charakter eines „Gehens-in-den-Schuhen-des-jeweils-anderen-Geschlechts“ sind wesentliche Werkzeuge für diesen Empathie-Impuls. „Empathie als neues Wahrnehmungsorgan entwickeln, um sehend zu werden – auch für einander.“ So sprechen wir Männer und Frauen gleichermaßen an und gewinnen sie für einen Bewusstseins-Change im Versöhnungs- und „Vertöchterungs“-Prozess im Alltäglichen. – Das ist zentrales Anliegen von twogether.wien.

In Deinem Buch, Der Eisberg des Gender Gap, betonst Du, dass sowohl Frauen als auch Männer Emanzipation benötigen. Was bedeutet das für unsere heutige Gesellschaft?

Immer wieder ist zu hören, dass „Männer nach wie vor die Macht haben“. Gehen wir dieser Behauptung mal ernsthaft nach und fragen wir: Wie viele Männer haben real Macht und Einfluss in den von ihnen typischerweise besetzten Bereichen (Wirtschaft / Politik etc.)? Sind es 0,1 % oder gar 1 %? – Und wie sieht dies für Frauen in von ihnen typischerweise besetzten Bereichen (Erziehung / Bildung / Soziales etc.) aus? Sind es 99 % oder doch nur 90 %? Und noch eine Frage stellt sich: Wo manifestieren sich die realen, gesellschaftlich entscheidende Entwicklungen …?

Männer dominierten einst das Ressourcen- und Erwerbsarbeitsgeschehen im Außen. Jedoch hatte nur ein verschwindend geringer Teil dort auch das Sagen. Das gilt bis heute. Frauen aber bestimmten das HumanResources Geschehen im Inneren. Und sie haben dort bis heute (fast) uneingeschränkte das Sagen.

Es muss uns gelingen, neben der sozial fortschrittlichen Frauenpolitik künftig ebenso eine fortschrittliche Männer-, Väter- und Jungenpolitik zu etablieren, als gleichwertig zweites Standbein für faire Geschlechterpolitik, gemeinsam – twogether! Nur so haben wir reale Chancen, junge Männer nicht zunehmend an den politisch rechten Rand und seine zumeist überholten Lösungen zu verlieren. Wer darüber nachdenkt, weiß: Mit nur einem fortschrittlichen Standbein (Feminismus) wird es nicht gelingen, Geschlechter-Fairness (auf Basis von Talent, Stärke, Kompetenz etc.) zu erreichen. – Es gibt nur EIN Boot!

Meines Erachtens brachte es die renommierte Management-Trainerin Vera F. Birkenbihl bereits vor Jahrzehnten empathisch auf den Punkt: „Wir Frauen haben uns vor 200 Jahren zu emanzipieren begonnen und dummerweise versucht, uns alleine zu emanzipieren. Das geht aber nicht, dass eine Spezies sich befreit und die andere bleibt in Knechtschaft.“ (V.F. Birkenbihl: „Mann und Frau“ (Teil 1). https://www.youtube.com/watch?v=PIKuDKxyc24 (Min. 4:00).

Sollten wir uns als Kultur somit zugunsten des Lösungsansatzes einer zeitgenössisch aufgeklärten Sozialität entscheiden, so ist Geschlechter-Emanzipation nur für alle Geschlechter gemeinsam zu erreichen – oder gar nicht! – Nachhaltig zielführenden Schritte auf diesem Weg können die Geschlechter nur gemeinsam finden – im Verständnis und im Mitgefühl des jeweils andersartig Fremden. Und wenn ich mir an dieser Stelle etwas wünschen dürfte, dann: dass unser aller Friedenssehnsucht die Kraft in uns entfaltet, den gesellschaftlichen Fokus vom „Täter-“ bzw. „Opfer-Aspekt“ zu befreien. Denn: Männer wie Frauen (und Diverse) – wir alle haben unsere Opfer- & Täter-Anteile und alle bilden wir gemeinsam diese Gesellschaft.

Die aktuelle Gender-Diskussion stellt oft die Bedürfnisse von Frauen in den Vordergrund. Welche spezifischen Anliegen von Männern und Jungen siehst Du als unterrepräsentiert, und wie könnten diese besser adressiert werden?

Wir erleben heute, dass Frauen in sogenannte Männer-Berufe einsteigen, aber Männer nicht gleichermaßen in Frauenberufe. Ich habe Videos zum Thema „Männer-in-klassische-Frauenberufe-bringen“ gesehen. Ich habe mit Politikern darüber geredet, ich habe selbst an der Boys-Day-Thematik mit einem Film-Interview mitgearbeitet, usw.

Bei all dem ist wichtig, sich klarzumachen: Frauen stiegen seit Beginn ihrer Emanzipation zumeist bis ausschließlich in Männerberufe ein, weil Erwerbsarbeit – das sogenannte Berufsleben – lange Zeit mehr oder minder der Bereich der Männer war. Das konnte der Schneider-, der Lehrerberuf sein oder jener des Heilers. Männer haben diese Berufsfelder praktisch geräumt und den Frauen überlassen. (Ja, auch in der Medizin ist diese Entwicklung signifikant im Gange! – in Ö wie in D; in Bayern bereits 80 % weibliche Abschlüsse; hier gab’s bereits Überlegungen Quote, statt Numerus Clausus einzuführen, um dem Landärzte-Mangel etwas entgegen zu setzen.) Gründe dafür habe ich u.a. in meinem Buch „Der Eisberg des Gender Gap“ ausführlich besprochen: u.a. primär die „Nichtbereitschaft“ und mangelnde Fähigkeit vieler Männer mit Frauen zu konkurrieren. Es sind archaische Schutzmechanismen im Sinne von Sozialer Intelligenz. Dieser tief verankerten Schranke muss im gesellschaftlichen Kontext endlich ein bedeutenderer Stellenwert beigemessen werden. Er spielt meiner Auffassung nach DIE zentrale Rolle in der heute beobachtbaren, sozial wirksamen Gender-Problematik: Männer lassen sich in solche Situationen nur sehr ungern hineinziehen. Männer haben eben lediglich gelernt, sich mit anderen Männern zu messen. (Im Sport gilt das ja heute noch: altersgestaffelte Bereiche sowie separate für Frauen und Männer.) Aufgrund des erforschten Datenmaterials aus der Neurobiologie, Epigenetik, Anthropologie und Soziologie etc. muss angenommen werden, dass es stimmt, worauf die Evolutionssoziologin Barbara Schweder im folgenden Zitat hinweist:

Der Ehrgeiz der (Männer) richtet sich hauptsächlich gegen andere Männer. Frauen auszustechen oder sich über sie zu erheben bringt nichts, denn Frauen konkurrieren mit Männern meist nicht um Geschlechtspartner. Gesunde Männer haben aus diesem Grund eine natürliche Hemmung, Frauen anzugreifen. Viele Männer sind daher aufs Äußerste verunsichert, wenn sie Frauen im Berufsleben begegnen.“

(B. Schweder / S. Riedl: „Wie Frauen Männer gegen ihren Willen glücklich machen“, Wien 2003, S. 224.)

Was die Soziologin Schweder hier beschreibt, ist ein Aspekt, den man kennen und beherzigen muss, wenn man verstehen will, warum Männer in gewissen Berufen einfach nicht mehr anzutreffen sind.

Männer aber sind deshalb bislang nicht gleichermaßen in „Frauenberufe“ gewechselt, weil es solche Berufsfelder ja (kaum) gab. Da gelten eben andere historische Voraussetzungen und Anpassungsmechanismen.
Bestrebungen zum Schmackhaft-Machen derartiger Berufsfelder für Männer gibt es. Wie den genannten „Boys-Day“. Was es aber an Grundsätzlicherem braucht, sind qualitative Änderungen im Image und bezüglich des Mindsettings derartiger Berufssparten – sowie des elterlichen Fürsorglichkeit-Bereichs in der Familie. Zur aktuellen Problematik des „Männer-Mangels“ in der frühkindlichen Erziehung gibt es genug an Forschungsdaten, wie z.B. jene der Uni Innsbruck (J.C. Aigner, in: „Das männliche Defizit. – Über die Folgen der feminisierten Erziehung“, in: ORF/Ö1-Dimensionen – die Welt der Wissenschaft, 30.6.2009).

Dein Credo lautet: “Es gibt nur ein Boot!” Wie können Deiner Meinung nach Männer und Frauen gemeinsam an der Überwindung von Geschlechterstereotypen arbeiten, um ein tieferes gegenseitiges Verständnis zu erreichen?

Genau an diesen gemeinsamen Zielen wird sich die Nachhaltigkeit im Geschlechter-Diskurs beweisen – oder auch scheitern. Es braucht dieses gemeinsame Verständnis, um bestehende Einseitigkeiten und Rivalitäten nicht weiter zu befördern. Es war dies vor nunmehr 7 Jahren (m)ein Hauptmotivator zur Gründung von twogether.wien – Men4Women, Women4Men, HUMANS4HUMANS.

Wir organisieren u.a. ein jährliches Friedens-Fest der Geschlechter, das mittlerweile eine wachsende Gemeinschaft pflegt und mitträgt. Damit bieten wir ein hocheffizientes kommunikatives Übungsfeld an; ein „Gehen-in-den-Schuhen-des-jeweils-anderen“ – auch und vor allem: in-den-Schuhen-des-anderen-Geschlechts: Renommierte Frauen setzen sich für Männer(-Anliegen), renommierte Männer für Frauen(-Anliegen) ein. Am gegenseitig versöhnten Verständnis der Geschlechter möge die Gesellschaft des 21. Jhdts. – am Potenzial der Unterschiede und ihrer Kooperation – wachsen. Dieser Empathie-Impuls erscheint uns entscheidend. Dafür steht twogether.wien.

Uns sind klare Unterscheidungen wichtig: Zwischen dem, was heute – nicht erst durch die EU-Bestrebungen – als „Re-Naturierung“ in aller Munde ist und dem, was als „Re-Traditionierung“ berechtigt abgelehnt wird.

Wer im Gender-Diskurs Nachhaltigkeit anstrebt, wird sich notwendigerweise bereitfinden, den Gender-Diskurs auf den Kultur-Boden unserer Menschen-Natur zu stellen. Insofern ist auch im Bereich dieses Natur-Aspekts Re-Naturierung ein essentieller Bestandteil jeder auf Nachhaltigkeit gründenden Entwicklung.
… Ich weiß, Demut ist heute kein leicht zu begreifendes Wort … dennoch hierzu der folgende Gedanke:

Als Kulturwesen Mensch sind wir veredelte Naturwesen: junge Pfropf-Reiser, auf dem kraftvoll im Boden wurzelnden Stamm unserer (zumeist) binär unterschiedlich erlebten Geschlechtlichkeit – als Mann oder Frau, als Frau oder Mann. Wir alle dürfen als junge „Pfropf-Reiser“ zu Unikaten wachsen. Unsere biologische Natur, als Wurzel und Ur-Stamm – unser Kulturwesen: ein junger Stamm mit einer stolzen Krone. Dieser Ur-Stamm ist es, der unserem Leben robusten Halt im Boden schenkt und uns ankert. – Entwurzelte Bäume leben nicht lange. Was jeder verantwortungsbewusste Gärtner, jeder biologisch denkende Bauer weiß: Mit der Natur arbeiten, statt sie zu ignorieren, ist Sinn-voll und bringt viele Vorteile. Vor allem aber ist es der einzige Zugang zum Leben, der Leben stärken – und der daher nachhaltig funktionieren kann. (kp.)

… Alle Evolution gründet auf dem Zusammenwirken komplementärer Qualitäten (Polaritäten) wie: Tag & Nacht; Winter & Sommer; Weiblich & Männlich … Wir wissen aus der Gen-Forschung, dass durch die Entscheidung-der-Natur für die Zweigeschlechtlichkeit, die Basis für natürliche Vielfalt, Differenzierung und damit Höherentwicklung der Individuen gelegt war. Etwas, das in seiner Bedeutung nicht hoch genug bewertet werden kann. Diese Weggabelung hat der Evolution enorme Vorteile gebracht. Wäre es nicht so – sie hätte sich nicht durchsetzen können. Gerald Hüther: „Nicht die Männer haben die Sexualität erfunden, sondern die Sexualität die Männer.“ (G. Hüther: „Männer. Das schwache Geschlecht und sein Gehirn“, Göttingen 2009, S. 72, S. 95, S. 94.) Und Hüther weiter: „Männer sind nicht das stärkere Geschlecht, sondern das extremere. … Erst auf dieser Grundlage erschließen sich auch Sinn und Bedeutung, die dem männlichen Geschlecht für die Evolution des Lebendigen zukommt: Ausprobieren, was irgend geht.“ (Ebenda, S. 23.) Hier finden Sie die ausführliche Rezension des Buches.

Das Weibliche bzw. das Männliche scheinen ihrer spezifischen Tendenz nach durch Erhaltungscharakter (Reproduktion) versus Veränderungscharakter (Produktion) beschreibbar. Und das, obwohl die Geschlechter im Sinne ihrer Ganzheit wohl beides in sich tragen, wenn auch vermutlich unterschiedlich gewichtet. – Meines Erachtens geht es daher dabei um einen qualitativen Ausgleich. In uns selbst wie auch zwischen beiden (allen) Geschlechtern, nicht um abstrakt quantitative Ergebnisgleichheit, zu der uns heute zugeredet werden will! (Das gilt ebenso für öffentliche Toiletten-Anlagen, wo diese einstmals nach gleicher Größe (50:50) konzipiert waren. – Von Frauenseite betrachtet ebenso wenig ein Beweis empathischer „Gleichberechtigung“.) – Öffnen wir uns doch dafür: „in-den-Schuhen-des/der-jeweils-anderen-zu-gehen“ – und unser Mitgefühl für das andersartig Fremde zu entwickeln. Es gibt eben nur EIN Boot!

Man kann das auch in meinem Buch Der Eisberg des Gender Gap im Kapitel 37 „Der Gender 2X Gap“ nachlesen, wo noch ganz andere Aspekte angeführt werden, die einem gegenseitig wohlwollenden Verstehen helfen können.

Du hast sowohl in der Architektur als auch in der Pädagogik gearbeitet und warst als Sozialpädagoge tätig. Wie haben diese vielfältigen beruflichen Erfahrungen Deine Perspektive auf Geschlechterfragen beeinflusst?

Nun, wie Du im obigen Beispiel sehen kannst, gibt es – bzgl. des zurzeit im Gender-Diskurs als „fair“ eingeforderte „Fifti/Fifti“– jede Menge Aspekte, wo man mit Fingerspitzengefühl sehr einfach erkennen kann, welche Lösungen keineswegs fair sind, weil sie abstrakt daherkommen und die Unterschiede der Geschlechter nicht mit einbeziehen, nicht mitdenken.

Als Sozialpädagoge habe ich natürlich ebenfalls sehr spezifische Erfahrungen gesammelt – gerade auch mit Jungs. Sie lebten oftmals in reinen Frauen-Haushalten, mit Mutter und Schwestern – ohne Vater. Was zählt da für die Erziehung und was zählt im Kindergarten und in der Grundschule bzgl. Bildung? Wo sind die Vorbilder für die Jungs, welche Mädchen erfreulicherweise ihre gesamte Entwicklung stets um sich haben?! (Vielleicht ist diese (fast) Ausschließlichkeit auch für sie ein Mangel, der sich lediglich nicht so leicht festmachen lässt.)
Bestand da ein systemischer Zusammenhang, dass gerade diese Jungs auffällig wurden …?! Ich glaube schon. Man kann natürlich sagen, solche Situationen gibt es viele und nur wenige werden auffällig. Ja, das stimmt natürlich. Bei diesen Jungs kamen wohl noch andere Aspekte hinzu. Ich aber will nicht auf den Slogan setzen: „Only the strong survive“.

Genau diese Jungs sagen uns etwas Wichtiges von gesellschaftlicher Dimension: Wenn wir da nicht bereit sind, an die Wurzel-der-Misere-zu-gehen, werden wir noch so manche böse Überraschung erleben. Denn, wenn Jungs sich mit ihrem Sein und ihren Nöten in dieser Gesellschaft nicht (wieder)finden, werden sie der Gesellschaft auch nicht geben könne, was wir uns von ihnen erhoffen, weil sie sich selbst nicht finden konnten.
Daher sehe ich diese Frage von gesellschaftlicher, ja menschheitlicher Dimension: Wenn es um unser aller gemeinsame Zukunft geht, wo das Individuum und seine Freiheit (nicht jedoch seine Beliebigkeit) zählt.

2022 konnte man auf einem Plakat der ÖBB lesen, dass die österreichische Bahn künftig auf „Frauen-Potenzial bauen will“. Titel: „Geschlecht macht keinen Unterschied!“ Es schließt mit dem Satz: „Denn vor der Technik sind Frauen und Männer gleich.“ Fragen Sie sich selbst: Stimmt das so? – Ich finde: „Ja“. – Die m.E. jedoch viel relevantere Frage scheint mir: „Ist die Technik im geschlechterrelevanten Interesse von Frauen und Männern gleich?“ Die Antwort ist m.E. ein klares „Nein“.
Doch: Was hat das mit der Quote-als-gesellschaftlichem-Regulativ zu tun? Entscheidende Fragen aus meiner Sicht: Braucht es positive Diskriminierung / Quoten, um die Verdienstchancen Einzelner aufzuwerten? Oder geht es um nicht vielmehr um menschlich soziale Fairness in Branchen, die derart unterschiedlich sind wie Technik / Baugewerbe bzw. Sozialbereich / Pädagogik etc. Mehr dazu in unserem Blog.

Als Gründer der Initiative “twogether.wien” setzt Du Dich für ein neues Verständnis zwischen den Geschlechtern ein. Welche Ziele verfolgt diese Initiative, und welche Resonanz gibt es? Wie kann man sich dabei einbringen?

Viele sprechen heute von politisch gesetzten „Quoten & positiver Diskriminierung“, um Geschlechter-Gerechtigkeit zu erzielen. Nur: Was bedeutet es gesellschafts-politisch, dem eigenen UND dem fremden Geschlecht gerecht sein zu wollen?

Quoten für das Ideal des 50:50 in Führungsetagen – jede/r kennt diese Idee. Es gibt jedoch auch ganz andere Kriterien bzgl. „wo-und-wann-und-für-wen-Quoten“, nämlich vornehmlich in all jenen Bereichen, wo das Arbeitsfeld „der Mitmensch“ ist.
Unserer Auffassung ist ein gesellschaftspolitisches Korrektiv – wie Quoten – DORT im Besonderen notwendig.

Zum besseren Verständnis ein scheinbar banales, jedoch anschauliches Beispiel: Ob ein Mann oder eine Frau ein Auto repariert, hat für das Auto nur marginale Bedeutung. Ganz anderes gilt aber dafür, ob ein Kind (Mädchen / Junge) sich auch in der Schule an beiden Geschlechtern entwickeln darf, oder nur an einem (Frauen). Vor der Zeit jener erstmals breit geführten Diversitäts-Debatten, gab es für die Kinder in unserer Kultur folgende gender-diverse Situation: Daheim gab es weibliche Erziehung für die Jüngsten durch die Mutter, später in der Schule oder der Ausbildung männliche Erziehung für die Älteren durch den Lehrer. Beide sind von wesentlicher Entwicklungsbedeutung! – Etwas, das heute vornehmlich die Jungs missen müssen. Unsere Gesellschaft braucht auch solche Diversität, damit sie sich gesund und fair gestalten darf. Ohne Trendumkehr ist Entwicklungs- und Bildungs-Chancengleichheit für Jungs im Land künftig nicht mehr gewährleistet. (Zurzeit gibt es in Ö nur noch knapp 7 % Männer als Volksschullehrer sowie 14 % im gesamten Pflichtschulbereich – siehe dazu K. Podirsky: „Der Eisberg des Gender Gap“, Kap. 10: „Der Gender Education Gap“, S. 98)

Dieselbe – vielleicht nur über „Quoten und positive Diskriminierung“ zu erzielende Fairness – braucht es im Sozial-Bereich und im Rechts-Bereich (Familienrichter/innen), in der Medizin und in der Politik: Nicht für die Beschäftigten, sondern für die, für die man / frau arbeitet: für die Kinder & Jugendlichen; die Mädchen / Jungs; für die Väter / Mütter; die Partner* / Partner*innen; / Patient*(inn)en / Patienten – Bürger*(inn)en / Bürger etc.

Von twogether-Seite ist „Geschlechter-Gerechtigkeit“ etwas bedeutend anderes als die sinnvollerweise angestrebte „Gleichberechtigung“; „Chancen-Gleichheit“ etwas anderes als „Ergebnis-Gleichheit“. Ja, Ergebnis-Gleichheit kann unserer Auffassung nach gar nicht geschlechter-gerecht sein – weil die Geschlechter zwar „GLEICH VOR DEM RECHT!“, aber signifikant unterschiedlich in ihren „Neigungen, Talenten und ihrem Blick aufs Leben“ sind. Da sollte Freiheit unsere gegenseitig anerkannte Ausrichtung sein. Und bzgl. der Unterschiede in den Bedürfnissen und Nöten ist es die Idee der Brüderlichkeit/Schwesterlichkeit – die Geschwisterlichkeit –, welche die Unterschiede zu würdigen und anzuerkennen bereit ist – nicht Gleichheit. – Nur so, sehe ich den Zusammenhang bzgl. unseres Kultur-Ideals eines auf Freiheit und Individualität hin ausgerichteten Menschenbildes nachhaltig zu gewährleisten.

Ja natürlich, kann man sich bei twogether.wien gerne einbringen! Dies kann jede/r, der/dem es ein Anliegen ist, den „sozialen Klimawandel“ verantwortlich mitzugestalten. Schreibe uns einfach eine Mail, oder geh auf unsere Info- & Community-Website – und gehe auf der Menüleiste auf Kontakt!

Welche Rolle spielt Deiner Meinung nach die Erziehung in der Förderung eines ausgewogenen Verständnisses von Männlichkeit und Weiblichkeit bei Kindern?​

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Wir alle sind in Zeiten der (Frauen)-Emanzipation aufgewachsen – ich auch. Deshalb war ich u.a. auch vor 42 Jahren für knapp 2 Jahre in Vaterkarenz und damit in Österreich sozusagen Pionier. Wir alle haben gewisse Sichtweisen somit intus bekommen; auch die vorgebliche „Gleichartigkeit-der-Geschlechter“. Entscheidend scheint mir die Anerkennung der Geschlechter-Unterschiede – gerade in der Erziehung. Wer glaubt, dass es fair sei, wenn er/sie Jungs bzw. Mädchen gleich erzieht, wird sich m. E. an beiden vergehen. (Mütter werden erziehen, wie sie sich das so vorstellen / und Väter werden vermutlich ebenso von-sich-auf-andere-schließen.) Hier gehören Elternkompetenz-Trainings (im Rahmen des Eltern-Kind-Pass‘) angeboten, die einer Wissenschaftlichkeit sowie Mitmenschlichkeit standhalten können. Auch wir werden im Rahmen unserer Coachings Derartiges anbieten.

Ich weiß, es gibt im Feminismus auch andere Quellen – mehr soziologische Ansätze – als jene der neurologischen Forschung. Interessant ist dennoch, zu welchem Schluss die Professorin für Neuropsychiatrie an der Universität von Kalifornien und Gründerin der „Women‘s and Teen Girl‘s Mood and Hormone Clinic“ in San Franzisco, Dr.in Louann Brizendine, in ihrem Sachbuch „Das weibliche Gehirn“ kam. Die engagierte Autorin schließt ihr Buch im Epilog mit folgenden Worten:
Wenn man so tut, als wären Frauen und Männer genau gleich, erweist man nicht nur beiden Geschlechtern einen Bärendienst, sondern beleidigt damit letztlich die Frauen. Wer den Mythos von dieser Norm beibehalten will, ignoriert die biologischen Unterschiede. … Wenn ich die Frauen in meiner Praxis frage, welche drei Wünsche sie äußern würden, wenn eine gute Fee ihren Zauberstab schwingen würde, um sie zu erfüllen, erhalte ich fast immer die gleiche Antwort: ‚Lebensfreude, eine erfüllte Beziehung und weniger Stress durch mehr Zeit für mich selbst.‘ Es gehört zu den größten Rätseln in unserem Leben, warum wir Frauen uns derart stark dem heutigen Gesellschaftsvertrag unterordnen, der häufig der natürlichen Verdrahtung unseres weiblichen Gehirns und unserer biologischen Realität zuwiderläuft.“ („Das weibliche Gehirn“; 2008; S. 243ff; engl.: „The Female Brain“).
Eine ausführliche Rezension dazu finden Sie hier.

Andere Aspekte habe ich bereits zuvor angeführt und weitere Details finden sich in meinem Buch: „Der Eisberg des Gender Gap“ (+ Leseprobe) bzw. „Der Froschkönig. – Vom sozialen Klimawandel und dem Verlust der Weiblichkeit in der Gesellschaft“.

Wie siehst Du die Zukunft des Gender-Diskurses, und welche Schritte sind notwendig, um eine wirklich gerechte Gesellschaft für alle Geschlechter zu erreichen?

Ein fast unüberschaubares Feld der Betrachtung. Ich habe aber in meinen Büchern „Der Eisberg des Gender Gap“ sowie „Der Froschkönig …“ darauf zentral Bezug genommen. Entscheidend erachte ich die zukünftige Gemeinsamkeit auf diesem Feld – eben das twogether der Geschlechter.

Leider findet der Gender-Diskurs zurzeit praktisch ohne Beteiligung der Männer statt. Und das nicht nur auf universitärem Feld, wo im deutschsprachigen Kulturraum (dokumentiert!) neben 260 Uni Lehrstühlen für „Frauen & Genderstudies” kein einziger Lehrstuhl für „Männer & Genderstudies” für Studierende zur Verfügung gestellt wird.

Dies ist meines Erachtens eines der bedeutendsten Dilemmata – für beide / alle Geschlechter und es erinnert an ein Un-Wort der letzten Jahre: „Message Control“. Ein Begriff, den man / frau immer häufiger hört, wenn politisch oder ideologisch motivierte Gruppen, „Deutungshoheit“ über ein Thema behaupten: Wer Deutungshoheit hat, hat die Macht: Entwicklungs-Macht. Entsprechendes gilt in der Wirtschaft: Wer wie Amazon als Monopolist über die Datenhoheit verfügt, beherrscht die anderen. – Mitsprache im Gender-Diskurs muss auch hier künftig fair verteilt werden. (Und dabei geht es ja gar nicht annähernd um ein 50:50).

Das ist das Eine, das andere aber ist, dass es immer noch verpönt ist, das Interesse des Kindes in den Fokus zu stellen – weder bzgl. frühkindlicher Fremdbetreuung, noch bzgl. Anerkennung vieler anderer Neigungen (wohin zieht es sein intrinsisches Interesse). Dem gilt es von Erwachsenenseite Wertschätzung zu geben. Die Frage des Verdienstes scheint mir jedenfalls keine essenziell pädagogische zu sein – und ziemlich ungeeignet, dem Glück der Menschen zu dienen. – Nur wahres Interesse trägt lange!

Welche Rolle spielt die Gender-Diskussion angesichts globaler Herausforderungen, wie Klima-Wandel, Geopolitik oder Digitalisierung?

Unsere heutige Zeit laboriert an verschiedenen Krisen. Was mich beruhigt: Wir sind als Menschheit letztlich noch aus allen gestärkt hervorgegangen.

Es gibt „lautere“, deutlichere Krisen und subtilere. Die Dekonstruktion von Weiblichkeit, um das Patriarchat zu brechen gehört zu den unauffällig leisen. Meiner Auffassung nach erleben wir gerade eine massive Stärkung des Männlichen in der Gesellschaft. – Auf Kosten des Weiblichen. Was wir beobachten, ist m. E. gewissermaßen der Ablösungs- bzw. „Emanzipations“-Prozess einer Gesellschaft von ihrem Weiblichen. Welch bestürzender Verlust; ja schmerzlicher: Welch sozialer Klimawandel! Hier heißt es für uns alle, auf die eigene innere Stimme zu hören: Tut mir das REAL gut? – Tut es uns allen gut?

Wer offen zur Beobachtung sowie bereit für ganzheitliche Betrachtungsweisen ist, erkennt, was sich in dieser Kultur gerade tut. In den letzten Jahren werden nämlich zunehmend unterschwellige Konflikt- und Bruchlinien sichtbar, die man davor wohl nicht für möglich gehalten hätte: unter anderem gerade auch in der Entwicklung und Bildung männlicher Jugendlicher. Es sind schleichende, leise Veränderungen, die ohne viel Aufhebens stattfinden. So gibt es an der Uni Wien – der größten Uni im deutschen Sprachraum! – gerade mal 28 % männliche Abschlüsse im Bachelor und 33 % im Master, obwohl man weiß, dass höhere Bildung von Jungs mit die beste Gewaltprävention darstellt. Keiner will diese Entwicklungen bemerken und keiner wird sie später bemerkt haben wollen. Wir kennen das alle nur zu gut. – Der soziale Klimawandel scheint voll im Gange. Daher ist meine Frage: Wie wollen wir diesen sozialen Klimawandel haben? Wie wollen wir ihn gestalten? – Helfen Sie mit: Was wir HEUTE denken und tun, wird unser aller Zukunft von morgen sein!

Was zurzeit in unserer Kultur positiv stimmt: Nach Jahren primärer Ausrichtung auf männlich orientierte „Produktivität“ in praktisch allen gesellschaftlichen Bestrebungen, zeigen sich mancherorts neue Einsichten: Darunter fallen auch die Re-Naturierungs Bestrebungen auf EU-Ebene. – Dies könnten unserer Ansicht nach wichtige Anzeichen zu echtem Gesinnungswandel sein. (Vielleicht ist die Zukunft ja doch (auch) weiblich?!)

„Re-Naturierung“ – obwohl Kulturwesen, wissen wir: Mit unserem Körper, mit Herz, Hand und Hirn als wesentliche Steuerungsorgane, haben wir Anteil an der uns umgebenden Natur. Vielleicht wird sich das, als Folge der zeitgeistigen Bestrebungen Richtung Transhumanismus, bald verändert haben. Insofern steht die Uhr aus meiner Sicht diesbezüglich auf 5 vor 12. Wie bei jeder anstehenden Veränderung gilt es auch da, bei uns selbst zu beginnen!

Der sogenannte Transhumanismus sowie digitale Welten auf Basis der „Künstlichen Intelligenz“ (KI), ziehen unsere Gesellschaft allesamt in eine klar positionierte Richtung. Dies ist eine Entwicklung, die ich Hand in Hand damit als durchaus problematisch sehe: Da, wo Qualitäten, welche die Evolution und unser Menschsein bestimmt haben, wie Tag / Nacht, Winter / Sommer aber eben auch Männlich / Weiblich nicht mehr wahrgenommen werden (können), sehe ich die Würde des Menschseins – auf Basis unserer Menschennatur – in Gefahr: Je neurotischer die Entwicklung der Individuen sich möglicherweise gestalten wird, desto „sinnvoller“ könnte zukünftigen Generationen eine von künstlicher Intelligenz bestimmte, „funktionierende“, transhumane und androgyne Menschheit erscheinen. Es ist vielleicht nur noch ein kurzes Zeitfenster von wenigen Jahrzehnten offen, um die Qualitäten des unterschiedlich „Weiblichen / Männlichen“ neu zu würdigen. Sobald die Schnittstelle Gehirn-KI wirklich zum Zug kommt, könnte der Zeitpunkt für solch wertschätzende Differenzierung bereits zu spät sein.

Was also steht an? – Meiner Auffassung nach: Uns der Polarität „weiblich / männlich“ als zwei wesentlichster Grundpfeiler der Natur sowie ihrer komplementär wirkenden Qualitäten wieder neu bewusst zu werden, sie gegenseitig zu achten, um mit ihnen zu arbeiten, statt gegen sie. – Vor allem muss meines Erachtens die Qualität des Weiblichen – bei Frauen wie bei Männern – neue Anerkennung und Würdigung erfahren. (JA, das gilt auch finanziell betrachtet, denn dann wird sich auch wieder zeigen dürfen, was in skandinavischen Ländern als „Gender-Paradoxon“ gilt: In den diesbezüglich entwickeltsten Ländern, wählen Frauen wieder vermehrt „weibliche Berufe“!)

Und zum Abschluss – hier nochmals mein Hinweis an alle: Tragt unseren Friedens-Impuls am 20. März mit uns gemeinsam mit. Wir werden uns über jede/n freuen, der/die mit an Bord kommt: Tickets für 33.-€ gibt es hier!

Denn: Es gibt nur EIN Boot! – Herzlich, euer Klaus Podirsky & twogether.wien

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