Exklusiv im Interview:
Birgit Aigner, UNIFITS, Geschlechtsneutrale Erziehung als Grundbaustein für mehr Frauen in der IT
Birgit Aigner ist nun seit fast 30 Jahren in IT- und IT-nahen Bereichen unterwegs, über 20 Jahre davon im Finanzdienstleistungsbereich. Ihre Schwerpunkte sind und waren Prozess- und Projektmanagement, Führung im IT-Bereich, u.a. CIO der Wüstenrot Gruppe Österreich und als Managing Partner. Aktuell ist sie als Head of Marketing & Sales eines auf ISO20022 Compliance spezialisierten Softwareunternehmen mit ca. 30 MitarbeiterInnen tätig. Birgit zeigt uns in diesem Interview, was sie in die IT bewegt hat und teilt Einblicke in die Welt der weiblichen IT.
Du warst auf der HTL, hast Dich also auch schon in Deiner Ausbildung der IT gewidmet. Was hat Dich angetrieben? Das mega soziale Umfeld wird es nicht gewesen sein, als junge Frau😊
Meine Eltern haben mir zum Glück vermittelt, dass mir die ganze Welt offensteht und sie haben nie unterschieden, ob sie einen Jungen oder ein Mädchen großziehen. Mein Opa hat mir, als ich noch ins Gymnasium ging, einen Commodore 64 geschenkt (das war damals wirklich ein Riesengeschenk!) und somit war das Interesse an der IT geweckt, nicht nur zu zocken, sondern auch erste Programme in Basic abzutippen. Die späten 80er und frühen 90er waren auch die Zeit, wo man meinte, „bessere“ Berufe gibts in der Büroarbeit. Und weil ich recht schnell Geld verdienen wollte, warum nicht das technische Interesse zum Beruf machen?
Du bist in der Technik geblieben, hast harte Lehrjahre in Kauf genommen, wie hast Du Dein Interesse und Deine Freude nicht verloren?
Da hast du völlig recht, es war sicher nicht immer einfach. Oft dachte ich mir, ob ein handwerklicher Beruf nicht mehr Freude vermittelt oder Lamahirte in Peru nicht ein erstrebenswertes Berufsziel wäre.
Was ich mag, ist die Vielfältigkeit der Tätigkeiten, die einem eine IT- oder technische Ausbildung ermöglicht. Und ich habe auch rasch gemerkt, dass IT viel mit Menschen zu tun hat, und mit denen arbeite ich wahnsinnig gerne.
Du bewegst Dich eher in einem männerdominierten Umfeld, gehen Dir Frauen in der Technik ab?
Gemischte Teams sind toll. Von daher, ja, es dürfen gerne mehr Frauen in der Technik sein! Ich hatte immer das Gefühl, mit Männern sehr gut arbeiten zu können, wenn man seine Kompetenz in den Vordergrund stellt. Frauen bringen aber einfach andere Sichtweisen ein und ich glaube, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen, brauchen wir einfach mehr davon!
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Ab wann glaubst Du sollte man besonders Mädchen für Technik begeistern?
Immer! Um später eine Berufswahl treffen zu können, die Spaß macht und Zukunft gestalten kann, kann man nie früh genug beginnen, Kindern Technik näher zu bringen. Jedes Unternehmen wird bis zu einem Grad ein technisches Unternehmen sein oder werden, somit sind Menschen gefragt, die sich damit auseinandersetzen und trotzdem die Menschlichkeit nicht aus den Augen verlieren.
Was kann man tun, um Frauen für Jobs im IT-Umfeld zu begeistern? Was rätst Du Frauen um ihre Position in einem eher männerdominierten Umfeld zu festigen und Karriere zu machen?
Aspekte in den Vordergrund stellen, die Frauen ansprechen. Gestaltungsfreiräume, die Möglichkeit, für die Gesellschaft etwas beizutragen (ich denke da z.B. an Healthcare- oder Nachhaltigkeitsthemen). Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Freizeit finde ich im IT-Umfeld unschlagbar – viele unserer Tätigkeiten können im Homeoffice oder Hybrid ausgeführt werden. Zeitliche Flexibilität, die Chancen, immer Neues zu lernen, sich in neuen Berufsfeldern oder international auszuprobieren – die Möglichkeiten sind unendlich!
Ich rate Frauen, sich auf ihre Stärken zu besinnen und darauf zu vertrauen. Je weiter man nach oben möchte, kann es auch nicht schaden, sich ein dickes Fell zuzulegen, auch wenn das abgedroschen klingt. Frauen sollten ihre Karriere gut planen, sich überlegen, was sie einbringen können und möchten. Wir können viel mehr, als wir uns oft zutrauen, es sollte uns aber auch glücklich machen. Eine Außensicht, ob das nun Coaching oder Mentoring ist, kann einem dabei enorm helfen.
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Was wünschst Du Dir von der Zukunft für Frauen in der IT?
Ich wünsche mir, dass es normal ist, dass Jungen und Mädchen den Beruf wählen, der sie anspricht, unabhängig der Geschlechterrollen. Ich wünsche mir Mut und Zuversicht, dass wir die aktuellen Themen und Krisen lösen können und dass wir Frauen in der IT dabei einen großen Part übernehmen. Ich wünsche mir, dass wir Frauen uns gegenseitig unterstützen und das Gemeinsame über das Trennende stellen.
Du bist selbst immer wieder in Führungspositionen, braucht es ein anderes Leadership in den Unternehmen und in den IT-Abteilungen?
Eindeutig ja. Wir sind immer noch sehr gut in traditionellen Mustern verhaftet, das sieht man allein darin, wie viele Unternehmen (auch verhältnismäßige „junge“, technische!) meinen, ihre MitarbeiterInnen wieder 5 Tage ins Büro zurückholen zu müssen, weil die ja „daheim nichts arbeiten“. Leistung wird in Stunden absitzen gemessen und Karriere macht der Fachexperte, der als letzter das Licht abdreht.
Die aktuellen Themen und Krisen werden wir mit Einstellungen von vorgestern nicht lösen können. Allein der Arbeitskräftemangel – ich weigere mich zu glauben, dass die Jungen nichts arbeiten wollen. Sie wollen es aber anders, flexibler, gesünder, und mit Sinn. Es liegt an uns in der Führung, uns einfallen zu lassen, wie man verschiedenen Ansichten zur Arbeit gerecht wird.
Wie stehst Du zum Thema Mentoring, Austausch und Netzwerk? Glaubst Du, dass man auf gegenseitigen Austausch zurückgreifen muss, um weiterzukommen?
Netzwerken ist, denke ich unglaublich wichtig, um in der Karriere voranzukommen, aber auch um inhaltliche Themen zu bearbeiten. Andere haben vielleicht die Herausforderungen schon gelöst, denen ich in meiner täglichen Arbeit oder in meiner Karriereplanung gegenüberstehe. Die Welt wird immer schneller, komplexer – wir sollten uns zusammentun, statt uns auseinanderdividieren zu lassen, wenn wir Dinge in die richtige Richtung bewegen möchten.
Brauchen Frauen weibliche Vorbilder?
Vielleicht nicht unbedingt brauchen, schaden tun sie keinesfalls! Wenn jemand einen Weg bereits gegangen ist, ist es einem selbst einfacher möglich, daran zu glauben. Frauen haben so viel Pionierarbeit geleistet und es gibt unglaublich viele inspirierende Vorbilder. Wir können uns heute kaum noch vorstellen, dass Frauen z.B. in der Schweiz erst seit 1971 wählen dürfen.
Margaret Hamilton hat die Programmierung sämtlicher Systeme der Apollo geleitet und damit Männer auf den Mond geschossen (ein Wunsch vieler Frauen wurde wahr 😉 Also ja, bitte mehr weibliche Vorbilder – und gerne selbst anfangen, eines zu sein!