Ritchie Pettauer ist nicht nur einer der einflussreichsten Blogger Österreichs, sondern ein wahrer Online Pionier mit Schwerpunkt auf Digitale Marketing Strategien, Universitäts-Lektor und Social Media Stratege. Unter anderem hat er für lion.cc die erste legale mp3 Plattform Österreichs aufgebaut.
Er befasst sich intensiv mit den Geboten und Mechanismen des Influencer Marketings und hilft Unternehmen dabei, Influencer Beziehungen zu gestalten und zu beurteilen.
Das 12. Confare CIO SUMMIT steht unter dem Motto „Talente bewegen … be the influence“. Auf dem größten IT-Management Treff Österreichs werden mehr als 500 IT-Profis aus dem DACH Raum erwartet. Ritchie hat unsere Einladung angenommen, in einer Keynote über die Prinzipien der Influencer Welt zu sprechen und darüber was man als Manager davon lernen kann.
Influencer sind eine recht neue Spezies in der Online Welt – Woran erkennt man sie denn?
Auf den ersten Blick könnte man geneigt sein zu antworten: Influencer sind Social Media Nutzer mit einer überdurchschnittlich vielen Followern. Aber Influencertum auf rein quantitative Maßzahlen zu reduzieren, wäre zu kurz gegriffen: Im Kern ist der Influencer das digitale Pendant zu Seth Godins „Tribe Leader“: Ein Publisher, der durch die Auswahl seiner Themen und Inhalte seine Leser bzw. Follower in ihren (Konsum)Entscheidungen beeinflusst.
Der Begriff ist zwar in der Online-Welt neu, das Konzept dahinter kennt die Kommunikationstheorie aber schon viel länger unter dem Betriff „Opinion Leader“. Wikipedia sagt dazu: “An opinion leader is a well-known individual or organization that has the ability to influence public opinion on the subject matter for which the opinion leader is known. Opinion leaders can be politicians, business leaders, community leaders, journalists, educators, celebrities, and sports stars.”
Der Begriff Public Opinion oder „öffentliche Meinung“ suggeriert natürlich erst einmal, dass so etwas wie ein homogener Konsens überhaupt existiert. Ich würde sagen, Influencer sind Opinion Leader innerhalb ihrer eignen Peer Group. Solche Peer Groups können sehr breit („Generation Y“) oder auch sehr spitz („3D Metalldruck Experten“) definiert sein. Entscheidend ist, dass ein beträchtlicher Anteil der Peer Group dem Opinion Leader oder Influencer überdurchschnittliches Wissen auf seinem Fachgebiet zubilligt. Ob dieses Fachgebiet nun Smokey Eyes oder Server-Raum Management heißt, ist für die strukturellen Merkmale des Influencers sekundär.
Ein Novum in der Online-Welt ist, dass die Bekanntheit des Influencers sich nicht unbedingt aus „Old Media Fame“ speisen muss, sondern dass sich Reichweite exklusiv online aufbauen und dann direkt in Geldwert verrechnen lässt – ganz genauso, wie Georg Franck in seiner „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ vorausgesagt hat.
Was sind die wichtigsten Mechanismen und Regeln, die in der Welt der Influencer herrschen?
In der Theorie sollte ein Influencer authentisch sein. In der Praxis muss er zumindest von seiner Zielgruppe als authentisch wahrgenommen werden. Influencer sind häufig „Freaks“ im positiven Sinne: Menschen, die sich mit einem oder mehreren Themen in größerer Tiefe und mit mehr Detailverliebtheit beschäftigen als andere. Wer will schon auf einem Cocktailblog lesen, wie man aus Cola, weißem Rum und Limettensaft einen Cuba Libre mixt? Wenn dagegen ein Barkeeper eine 20.000-Dollar-Zentrifuge aus dem Labor in seine Bar stellt, um besagten Limettensaft zu klären und selbst einen durchsichtigen Cola-Sirup kocht, dann ist das etwas, worüber Cocktailtrinker reden. Online und offline.
Was der Influencer so postet, muss also bemerkenswert sein: Wert, bemerkt zu werden. Außergewöhnlich. Und er braucht einen initialen Verbreitungsweg – wobei Influencer nicht notwendigerweise selbst eine riesige Followerschaft haben müssen: Aktive Fans, die empfehlen und teilen, sorgen für viel größere Reichweite.
Auch Führungskräfte müssen Einfluss nehmen, gegenüber ihren Chefs, Mitarbeitern, aber auch gegenüber ihrem Ecosystem außerhalb des Unternehmens. Welche Ideen lassen sich denn aus der Welt der Influencer in ein Unternehmen übertragen?
Für große Unternehmen spielt die Positionierung der Führungskräfte eine wichtige Rolle. Wenn Satya Nadella bei einer großen Microsoft-Konferenz seine Keynote hält, ist nicht nur der Event selbst perfekt inszeniert, sondern auch die mediale Auf- und Nachbereitung.
Aber ich denke, man muss zwischen Influencing nach außen und nach innen unterscheiden. Im ersten Fall geht es darum, Idea-Leader zu sein und durch Fachwissen und Business Intelligence (Doppelbedeutung gewollt) aufzufallen. Im zweiten Fall, bei der internen Kommunikation, spielen die Leadership Skills eine viel größere Rolle. Diese Fähigkeiten sind über parasoziale Beziehungen wesentlich schwieriger zu kommunizieren als Faktenwissen.
Social Media Werkzeuge gibt es auch für den Einsatz im Unternehmen – wie wirksam sind diese? Was muss man dabei beachten, um sie erfolgreich einzusetzen?
Im Wissensmanagement, in der Projektarbeit und Team-Koordination können interne Social Media Werkzeuge die Kommunikation verbessern und eine effiziente Dokumentation ermöglichen. Wie erfolgreich diese Werkzeuge angewendet werden können, hängt stark von der Kommunikationskultur im Unternehmen ab.
Noch nie hat irgendjemand ein IT-Tool einfach nur verwendet, weil es verfügbar war. Die Mitarbeiter müssen erstens einen konkreten Nutzen erkennen und zweites auch die notwendigen Freiheiten besitzen: Sich innerhalb einer Organisation öffentlich äußern zu können, schließt das Risiko von Fehlern ein. Transparente und faire Nutzungsbedingungen, die allen Beteiligten bewusst sind, erhöhen die Erfolgschancen ganz beträchtlich. Ich halte allerdings nichts von ausufernden Social Media Codices. Kreative Werkzeugnutzung erfordert Selbstverantwortung und Freiraum.
Was sind die ersten drei Schritte, die Du Führungskräften empfehlen würdest, um die Prinzipien der Influencer Welt zu nutzen?
Ein Influencer wird man natürlich nicht von heute auf morgen – das ist ein Prozess, der sowohl Zeit benötigt als auch die Bereitschaft, die entsprechenden Ressourcen zu investieren. Die Grundvoraussetzung ist die passende Infrastruktur: Ein gut gepflegter LinkedIn Account ist ein Muss, weitere Kanäle (Twitter, Instagram, Facebook, Youtube, Blog) eignen sich je nach persönlicher Präferenz.
Der ersten Schritt in die Welt der Influencer ist die genaue Beobachtung: Worüber kommunizieren die Influencer in meiner Branche? Welche Inhalte kommen an, worauf reagieren die Follower?
Der zweite Schritt besteht in der Ausarbeitung eines Redaktionsplans und in der Allokation der notwendigen Recherche- und Moderations-Ressourcen. Denken Sie dabei daran: Nichts ist langweiliger als „Sehr gute Produkte“. Influencer beschäftigten sich nicht mit Mainstream-Themen, und wenn, dann drücken sie auch denen ihren sehr persönlichen Stempel auf.
Der dritte Schritt ist der längste: Publizieren Sie laufend spannende Inhalte für Ihre Zielgruppe, wählen Sie geeignete Content-Formate und interagieren Sie mit Ihren Followern.