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Bernd Kosnar über KI im Vertrieb: Mehr als nur Automatisierung – Ein Vertriebsprofi im Gespräch
KI ist längst im Vertrieb angekommen, aber wie verändert sie tatsächlich das Verkaufshandwerk? Bernd Kosnar ist erfahrener Vertriebsprofi mit einem beachtlichen Trackrecord in der IT Branche. Im Interview spricht er über die Möglichkeiten und Herausforderungen von KI im B2B und B2C-Bereich. Während die Automatisierung viele Prozesse erleichtert, bleibt die menschliche Komponente im Vertrieb unersetzlich. Entscheidend ist dabei, wie gut die Datenbasis ist, auf der KI-Projekte aufbauen – denn ohne gute Daten kann selbst die beste Technologie keinen Mehrwert schaffen.
KI is everywhere – Auch im Vertrieb?
Hundertprozentig auch im Vertrieb. Die Herausforderung ist nach wie vor, die richtige Einschätzung von Potential und Sinnhaftigkeit ebenso wie die Frage danach, wann welches KI-Projekt sinnvoll umgesetzt werden kann. Und es ist wichtig über den „Social-Media-Tellerrand“ von KI hinauszusehen. KI ist einfach viel mehr als ChatGPT und Midjourney (oder ihre Äquivalente von anderen Herstellern). Und grundsätzlich empfiehlt es sich in der Betrachtung von KI im Vertrieb folgende Unterscheidungen zu treffen:
Vertrieb braucht andere Unterstützung, wenn es …
- um B2B oder B2C Vertrieb,
- um den Vertrieb von Commodity-Produkten oder von komplexen oder hochpreisigen Lösungen geht.
Im B2B-Vertrieb sind personalisierte Ansätze und Beziehungsmanagement entscheidend, während im B2C häufig Automatisierung und Skalierbarkeit im Vordergrund stehen.
Dafür werden diverse Lösungen Verschiedenes bieten, je nachdem welche Form von KI (z.B. Machine Learning vs. LLM) zum Einsatz kommt.
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Welche Möglichkeiten bieten sich konkret, um das Potenzial von KI und im Speziellen auch von GenAI und ChatGPT für den Vertrieb zu nutzen?
Meine Frage ist: Was wird mit neuer Technologie besser – oder schlechter. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer, meine ich.
Als Vertriebsperson oder in der Vertriebsleitung habe ich von GenAI bezüglich des echten Verkaufshandwerks ganz wenig. Mein Arbeitsalltag wird sich damit kaum ändern. Aber Vertriebsmitarbeiter:innen können GenAI nutzen, um personalisierte E-Mails zu verfassen, Pitch-Decks zu erstellen oder Kund:innenanfragen effizienter zu bearbeiten. Die Fähigkeit von GenAI, große Mengen an Informationen schnell zu verarbeiten und zu generieren, kann den Vertriebsprozess unterstützen und beschleunigen.
So viel zu GenAI – Wenn ich mir auf der anderen Seite heute ansehe, wozu KI von großen CRM-Anbietern bereits in der Lage ist, finde ich das mehr als hilfreich!
Im B2B Vertrieb möchte ich da vor allem zwei Dinge herausstreichen:
1.Whitespace Analyse:
Also eine kompetente, akkurate Beantwortung der Frage, welche meiner Kund:innen noch Cross-Selling Potential haben. Die Analyse basiert dann meistens auf Kunden-Personas bei denen ein Cross – Sell möglich war, in Zusammenhang mit den Charakteristika der Kund:innen. Also z.B. Größe, Industrie, etc.
Das gilt gleichermaßen für die Identifikation neuer Marktsegmente oder Trends, die dem Vertrieb zusätzlich helfen und Wachstum beschleunigen.
2.Evaluierung von Vertriebsprozessen und Kundenbeziehungen:
Anhand der vorhandenen Daten aus Telefonaten, Emails, Web- und Social Media Interaktionen etc. können gute CRM Systeme mit einer KI im Hintergrund den Status eines potentiellen Deals oder einer Kundenbeziehung viel leichter eruieren und belegen, als das Bauchgefühl einer Vertriebsperson. Darunter fallen
a. Lead-Scoring und Priorisierung
b. Churn-Prediction
Und das macht einerseits eine besser verständliche und realistischere Pipeline aus und erlaubt andererseits gutes zielgerichtetes Coaching im Vertrieb für jene Fälle, die von der Vertriebsperson oder der Führung falsch bewertet werden.
Im B2C sehe ich noch einen weiteren Hebel:
3. KI – gestützte Vertriebsgespräche:
Gerade im Vertrieb am Telefon hält spezialisierte KI, gut eingebunden ins CRM System, mittlerweile einige richtig gute Möglichkeiten zur Optimierung parat.
zum Beispiel:
a. Automatisierte Content-Erstellung,
b. Leads werden von der KI qualifiziert,
c. Vertriebsgespräche müssen nicht mehr notiert werden – das macht die KI.
d. Kaufsignale werden von der KI wahrgenommen,
e. Stimmung und Sentimentanalyse auf Basis von Live-Mithören, Social Media Posts etc.
All diese Funktionen tragen zu einem tieferen, besseren Verständnis der Kund:innen bei und helfen, zur richtigen Zeit die richtige Nachricht, das richtige Produkt und schlussendlich das richtige Angebot zu machen.
4. Chancen-Vorhersage
Predictive Analytics kann helfen, Chancen richtig vorherzusagen. Mit dieser Bewertung haben es alle Beteiligten leichter entsprechende Maßnahmen zu setzen, um einen Vertriebsfall voranzubringen – oder zu schließen, wenn die Bewertung keinen Erfolg verspricht. In beiden Fällen hilft es dem Vertriebsteam zu fokussieren, und das ist wichtig.
Zurück zu GenAI:
Noch mehr Wert hat GenAI für mich in den vor- und nachgelagerten Prozessen, die eng mit Vertrieb interagieren müssen. Marketing zum Beispiel kann mit durchdachtem Einsatz von KI viel erreichen. Ein mögliches Einsatzfeld ist hier die Generierung vertriebsrelevanter Unterlagen, die Erstellung von Texten, Bildern, Videos oder die Ausführung von Kampagnen, die Leads bringen können, um nur einige Beispiele zu nennen. Hier kann GenAI punkten.
Ebenso sehe ich im Customer Service großes Potential für KI. Berichtet wird, dass guter Telefonsupport zum Beispiel für bis zu 50% Zeiteinsparung durch den Einsatz von KI sorgt.
Und Chatbots sind sowohl im Vertrieb als auch im Service Gang und gäbe.
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Welche Empfehlungen hast Du an Vertriebsleiter:innen um AI in ihre Sales-Prozesse einfließen zu lassen? Wie verändern sich diese?
Einfach gesagt:
- Keine guten Daten, keine gute KI!
Wenn Du als Vertriebsteam keine guten Customer Stories, Whitepapers etc. hast, wird es GenAI schwer haben daraus ansprechende Angebotstexte, neue Texte für dein Social Media, oder Kampagnen zu zimmern.
Wenn dein CRM keine gute Datenbasis bringt, deine Vertriebsleute Calls etc. nicht loggen, wird die Auswertung entsprechend dürftig werden.
Ein CRM-KI Anbieter erzählte mir letztens, dass in etwa 80% aller KI-Projekte nichts werden, weil die Datenbasis dafür einfach „grottenschlecht“ ist. Das bedeutet einerseits „retour an den Start und Hausarbeiten machen“.
Andererseits drängt sich mir als externer Berater dann die Frage auf, wie gut Vertrieb gewesen sein kann, wenn das grundlegende Werkzeug dafür einfach nicht vorhanden ist. - Starte fokussiert und habe Dein Team im Blick!
Die Frage ist NICHT – was hilft Dir als Vertriebsleiter besser zu reporten? Die Frage ist vielmehr, wie kannst Du bessere Ergebnisse produzieren und diese reporten. Und das kommt nicht auf Dich, sondern auf Dein Team an. Was auch immer du an KI Ideen hast: Wenn deine Vertriebsleute nichts davon halten, oder neue Technologie nicht gut integriert und einfach zu verwenden ist, brauchst du mit deinem KI-Projekt nicht mal zu beginnen. Nur wenn du gutes buy-in hast, wenn KI nicht als Bedrohung wahrgenommen wird, dann hast du mit deinem KI Ansatz Erfolg.
Wie wirkt sich das auf Vertriebsteams und die Vertriebs-Organisation aus?
Innovation und Neuerung macht Platz für Veränderung. Einige werden mitgehen. Einige wirst DU oder dein Team mitziehen. Andere trifft der Technologie-Overload und sie bleiben zurück. Wenn du es richtig anstellst, bringt dich so ein Projekt näher zusammen und macht dein Team ebenso wie die anderen involvierten Teams besser.
KI ist ein guter Grund um viele Prozesse im und um den Vertrieb zu überdenken und besser zu machen.
Was bedeutet das für die Beziehung mit den Kund:inen und für das Verständnis der Kund:inen?
Auch hier ist wieder für B2B und B2C unterschiedlich zu antworten.
Im B2B gehe ich davon aus, dass KI richtig eingesetzt mehr und intensivere Gespräche mit relevanten Kund:innen bedeutet. Und weniger bis gar keine Gespräche mit Kund:innen der C-Kategorie.
Ebenso macht KI eine bessere Betreuung der Kund:innen möglich und erlaubt eine noch differenziertere Betrachtungsweise. Kund:innen spüren das durch besseres Verständnis, bessere Angebote, etc.
Gerade im B2B Bereich kann zu viel KI und automatisierte Interaktion aber auch zu schlechteren Vertriebsergebnissen führen. Menschen kaufen von Menschen. Immer.
Im B2C gilt – meine ich – Ähnliches, wenn es um große / teure Produkte geht. Noch viel mehr Automatisierung und noch schnellere Geschäftsabwicklung kann man sich in allen Commodity-Geschäftsbereichen erwarten. Da spielt dann auch die Kundenbeziehung weniger Rolle.
Trotzdem sehen wir deutlich, dass sich das Kaufverhalten durch die Digitalisierung massiv verändert. Entscheider informieren sich zunehmend online, und digitale Interaktionen gewinnen an Bedeutung. KI kann personalisierte digitale Touchpoints schaffen, die den Verkaufsprozess unterstützen. Das rechtzeitig in Angriff zu nehmen kann über Erfolg oder Misserfolg einer Vertriebsstrategie entscheiden.
Ist das ethisch?
Gute Frage! Die Implementierung von KI bringt ethische Herausforderungen mit sich, insbesondere in Bezug auf Datenschutz und Datensicherheit. Diese Aspekte sollten berücksichtigt werden, um Kundenvertrauen zu erhalten und rechtliche Vorgaben einzuhalten. Wie ethisch ist es Verkaufsgespräche am Telefon mitzuschneiden, Kaufverhalten zu analysieren und damit besser und gezielter zu verkaufen?
In Qualitätskontrolle und -verbesserung ist das schon längst der Normfall. In Verkaufsgesprächen jedoch noch neu.
Transparenz über den Einsatz dieser Werkzeuge wird unabdingbar sein.
Was passiert, wenn uns KI auch im Gespräch in Echtzeit bei Kund:innen vor Ort unterstützt? Werden dann Mobiltelefone und alle anderen digitalen Gerate verbannt, damit wirklich Menschen miteinander sprechen und wir Verkäufer:innen nicht zum Sprachrohr der jeweiligen KI werden?
Ein spannendes Szenario, auf das ich noch keine gute Antwort habe.
Wo siehst Du strategisch die zukünftigen Potenziale?
Das möchte ich gerne nicht nur mit Potenzialen, sondern auch Herausforderungen beantworten.
Vertrieb und alle dazugehörenden Prozesse werden weiter optimiert werden und wenn das richtig passiert, wird Vertrieb und Vertriebssteuerung besser und effizienter. Wenn KI richtig verwendet wird, werden B2B Vertriebspersonen mehr Zeit für ihr Kerngeschäft haben: Beziehungsaufbau und echten, persönlichen Vertrieb auf Augenhöhe. Ebenso bedeutet es, dass vertriebsnahe Prozesse weiter optimiert werden können.
Die Herausforderung dabei wird sein, Vertriebsteams auf die neuen „Helfer“ einzuschwören und klar zu machen, wo die Vorteile liegen. Die Falle von „Mehr Reports und mehr Kennzahlen sind besser“ sollten clevere Unternehmen hier vermeiden.