“Soziale Konflikte sind unvermeidlich, wenn wir die Digitalisierung nur für mehr Profit und Effizienz einsetzen”, meint Dr. Mario Buchinger, Inhaber von Buchinger|Kuduz, Kaizen-Trainer und Lean Experte anlässlich seiner Keynote bei „Be CIO – IT-Management im Digitalen Wandel“ im Bloginterview.
Wer sind die Schlüsselpersonen im Unternehmen, wenn es um den Digitalen Wandel geht?
Grundsätzlich alle, die mit der Gestaltung der kontinuierlichen Verbesserung betraut sind – somit kann sich niemand ausnehmen. Den Führungskräften fällt dabei aber eine besondere Bedeutung zu, denn sie müssen dafür sorgen, dass die Ideen aller Mitarbeiter im Unternehmen im Veränderungsprozess berücksichtigt werden. Die Digitalisierung und Vernetzung ist dabei eine von vielen Facetten. In nächster Instanz sind dann diejenigen gefragt, die im Unternehmen die technische Expertise mitbringen. Sie müssen die Führungskräfte und die Mitarbeiter bei ihren Ideen unterstützen und Impulse geben, wo und wie man anstehende Probleme und Herausforderungen auch oder besser mit Ansätzen aus der Welt der Digitalisierung lösen kann.
Digitalisierung verändert rasant die Art und Weise, wie Unternehmen funktionieren – Wie verändert sich dabei die Rolle von Führungskräften?
Durch die Tatsache, dass sich wirtschaftlich relevante Inhalte, also Daten, mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegen, ist eine extrem hohe Wandlungsfähigkeit gefragt. Hier werden die Unternehmen einen deutlichen Vorsprung haben, die es verstanden haben, ihre Mitarbeiter bei den Veränderungen mitzunehmen und die Ideen der Menschen mit zu berücksichtigen. Führungskräfte müssen mehr Unterstützer als Befehlsgeber sein, denn sonst ist die Wandlungsfähigkeit einer Organisation auf die Fähigkeiten der jeweiligen Führungskräfte limitiert, obwohl es so viel mehr Möglichkeiten und Wissen im Unternehmen gibt.
Industrie 4.0, IoT, Chatbots und e-Business bringen weitere Automatisierung – Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs – Wie kann man damit konstruktiv umgehen?
Wir müssen grundlegende Dinge verändern, wie sie in der Geschichte der Wirtschaft auch in der Vergangenheit schon verändert wurden. Auch wenn es provokant klingt, müssen wir neue Gesellschaftsmodelle und Arbeitswelten denken. Der Jobverlust wird kommen, solange wir im alten Paradigma der ständigen Produktivitäts- und Profitsteigerung gefangen sind. Wenn wir die Welt der Digitalisierung nur dafür nutzen, immer mehr Gewinn für ganz Wenige zu erwirtschaften und dabei Menschen mit Maschinen gleichstellen und gegeneinander aufwiegen, also Menschen als “Ressourcen” betrachten, wird es zu großen gesellschaftlichen Problemen führen, die auch schlussendlich die Unternehmen wieder treffen. Wenn wir aber die Chancen einer Produktivitätssteigerung durch Möglichkeiten der Digitalisierung so nutzen, dass alle davon partizipieren, dann werden wir auch diese Herausforderungen lösen.
Wo sind die wahren Chancen der Digitalisierung und mit welchen Risiken muss man rechnen?
In der vorangegangen Frage steckt nach meiner Auffassung das größte Risiko. In dem Moment, wenn wir das Gleiche tun, wie all die Jahrzehnte davor, nämlich die Digitalisierung für das zu missbrauchen, wofür wir auch schon “Lean”, “CIM” oder auch “SixSigma” fälschlicherweise verwendet haben, nämlich mehr oder weniger rücksichtslos Profit und Effizienz zu steigern, werden uns die gesellschaftlichen Spannungen irgendwann alle einholen. Die Chancen sind auf der anderen Seite die Aussicht auf bessere Arbeitsumgebungen, mehr Lebenszeit und Lebensqualität. Sobald die Digitalisierung so genutzt wird, dass alle etwas davon haben, wird es ein echter Fortschritt.
Welche Managementmethoden eignen sich?
Ehrlich gesagt, keine einzige. Wir brauchen in der Zukunft immer weniger Manager und wieder mehr echte Unternehmer. Der wesentliche Unterschied zwischen Management und Unternehmertum ist, dass Unternehmer wirklich Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, auch dann wenn es mal schief läuft. Manager tragen nur selten unternehmerische Verantwortung und schauen primär darauf, dass innerhalb ihres Einflussbereichs alles gut dasteht. In der Zukunft werden eher diejenigen erfolgreich sein, die es verstehen, Ratio mit Bauchgefühl geschickt zu kombinieren und dabei Fehler als Chance zur Verbesserung begreifen und nicht als Makel.
Treffen Sie Mario Buchinger auf der Confare Konferenz “Be CIO – IT-Management im digitalen Wandel”, am 13. September 2017 in Köln. Im Rahmen der Konferenz werden Unternehmen mit dem IDEAward ausgezeichnet, die sich erfolgreich den Herausforderungen der digitalen Transformation stellen. Die Anmeldung für Anwender, CIOs und IT-Manager ist kostenlos.
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