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In der IT haben Frauen jetzt bessere Karriere Chancen als Männer – Sie müssen diese nur nutzen

by Annecilla Sampt

Seit vielen Jahren zeichnet Confare Digital Leaders und CIOs im DACH Raum aus. Die Anzahl von Frauen unter den Preisträgern ist erschreckend gering. Im Vorfeld der Confare #CIOAwards in Österreich und der Schweiz, sowie der Confare CIO of the Decade Impact Challenge 2021 holen wir Role Models und Talente vor den Vorhang. Wir zeigen Chancen auf und bieten Karriere Tipps von erfahrenen Top Managerinnen. Christine Wahlmüller-Schiller ist als Unternehmerin und Journalistin eine aktive Proponentin der Initiative Women in ICT des VÖSI. Im Confare Blog spricht sie über Mentoring, nennt aktuelle Netzwerkgelegenheiten für Frauen in der IT-Branche und erklärt, warum jetzt eine gute Zeit ist, sich als Mädchen für eine Ausbildung in der Informatik zu entscheiden.

Welche Bedeutung hat denn Gender Diversity für ein Unternehmen? Welche Vorteile bringt ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis?

Gender Diversity hat eigentlich nur Vorteile für ein Unternehmen. Denn: Vielfalt, unterschiedliche Perspektiven und Einstellungen, gepaart mit Kompetenz, beleben prinzipiell jede Gruppe und damit auch jedes Unternehmen. Für mich persönlich ist das schon seit der Schulzeit klar: Ich war zwei Jahre lang in einer Klasse nur mit Mädchen. Das war mir total verhasst („Ganslstall“), irgendwie fehlten da einfach die Buben. Ich bin wohl eindeutig ein Fan der Ko-Edukation. Ich war daher heilfroh, ab der dritten Klasse Gymnasium in eine „gemischte“ Klasse zu gehen. Fazit: Reine Buben- oder Mädchenklassen sind ein Graus, in gemischten Klassen funktioniert auch das Lernen besser.

Christine Wahlmüller-SchillerGenau das Gleiche trifft auch auf Unternehmen zu. Dort, wo es gemischte Teams gibt, wo Frauen und Männer gemeinsam im Team arbeiten, funktioniert die Arbeit besser, kommen bessere Ergebnisse zustande. Das wissen wir auch aus vielen Studien. Dort, wo Frauen als Team-Leader agieren, Führungsrollen einnehmen oder gar als CEO an der Spitze eines Unternehmens stehen, läuft die Arbeit meistens sogar auszeichnet. Frauen und Männer bringen einfach unterschiedliche Haltungen ein – und das ist gut so. Viele Menschen arbeiten auch gerne in gemischten, bunten Teams zusammen. Gerade in vielen Unternehmen ist da leider noch viel Luft nach oben – Frauen stoßen oft an die „gläserne Decke“ und Führungspositionen bleiben ihnen nach wie vor verwehrt. Jedes Unternehmen ist aber gut beraten, bei den Mitarbeitern und auch gerade im Management für Gender Diversity zu sorgen – ich denke, das ist einer der Schlüsselfaktoren für einen nachhaltigen, langfristigen Unternehmenserfolg.

Die IT-Branche ist immer noch männlich dominiert. Ist es hier besonders schwer, als Frau Karriere zu machen?

Nein, definitiv gar nicht. Leider fehlt es nur an den Bewerberinnen – das sagen mir ganz viele Manager und HR-Leute aus den IT-Unternehmen. Frauen haben in der IT-Branche im Moment ganz ausgezeichnete Chancen – noch viel bessere als Männer. Denn viele Unternehmen würden liebend gerne mehr Frauen aufnehmen, vor allem in den sehr „technischen“ ICT-Berufen, etwa im Bereich IT-Security, im Software-Engineering, Netzwerkbetrieb, technischen Support oder im Telco-Bereich. Schwierig wird es nur, als Frau dann die Karriereleiter weiter nach oben zu steigen. Da werden nach wie vor leider oft Männer bevorzugt befördert. Hier sollten erstens die Unternehmen mehr darauf achten, Frauen auch entsprechend intern zu fördern. Andererseits müssen Frauen auch selbst mehr Mut haben, sich eine Führungsrolle zuzutrauen – und sie im Unternehme auch einzufordern.

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Wie geht es Mädchen in der technischen Ausbildung?

Leider gibt es nach wir vor nur wenige Mädchen an den HTLs und an den Unis, die sich für eine Informatik-Ausbildung entscheiden. Ich denke, hier muss noch ein Umdenken her – hier müssen wir noch mehr Lehrer, Eltern und Bildungsberater aufklären und informieren – das sehe ich als Aufgabe der IT-Branche, aber auch von Initiativen wie WOMENinICT, der Special Interest Group im VÖSI (Verband Österreichischer Software Industrie VÖSI), die ich im Februar 2020 mit einigen Frauen aus der Branche gegründet habe. Jene Mädchen, die bereits dabei sind, eine Informatik-Ausbildung zu machen, sind meist sehr gute Schülerinnen, und machen ihren Weg.

Aber wichtig wäre es, noch viel mehr Mädchen und junge Frauen dazu zu gewinnen, diese Ausbildung zu wählen. Gerade angesichts des IT-Fachkräfte-Mangels in Österreich und im Zuge der rasanten Digitalisierung ist eine IT-Ausbildung eine sichere Investition in die eigene Zukunft.

Welche Bedeutung haben Role Models und Vorbilder?

Das ist ganz wichtig! Frauen sind für Frauen die besten Vorbilder. Das haben wir von WOMENinICT übrigens 2020 bewusst auch als Anlass genommen, eine Role-Model-Event-Reihe zu starten. Es geht dabei darum, möglichst viele Berufsbilder und IT-Berufe zu zeigen, die heute schon von Frauen ausgeübt werden. Ziel ist es, auch die Vielfalt innerhalb eines Berufsbildes zu zeigen: Beim Event im Juni 2020 waren nur Software-Entwicklerinnen am Wort (insgesamt 18 Sprecherinnen!), beim Hybrid-Event im November 2020 haben wir zehn IT-Security-Expertinnen vor den Vorhang geholt. Corona-bedingt ging leider der Netzwerk-Charakter etwas verloren, aber es ist wichtig, einfach zu zeigen, welche unterschiedlichen Berufsbilder es heute schon gibt – da ist die ICT-Branche wirklich wunderbar vielfältig und bietet gerade auch für Frauen wie gesagt sehr spannende Jobchancen. Auch Quereinsteigerinnen sind in der Branche übrigens willkommen.

Ich kenne einige Frauen, die erst einmal im Vertrieb oder Marketing zu arbeiten begonnen haben, und dann einen ganz anderen Karriereweg eingeschlagen haben. Ich bin selbst ein gutes Beispiel für eine Quereinsteigerin. Ich habe Publizistik, Spanisch, Geschichte und Internationale BWL studiert und danach interdisziplinär ein Doktorat in Publizistik/Sprachwissenschaften abgeschlossen – heute arbeite ich als IT-Fachjournalistin, Moderatorin und Autorin, spezialisiert auf Software-Business-Lösungen und IT- und TK-Infrastruktur. Das hätte ich mir bei der Matura an einem Neusprachlichen Gymnasium nie träumen lassen. Das heißt: Manchmal kommt es auch ganz anders, als Frau denkt. Ja und noch eines: Ich bin verheiratet und wir haben drei Kinder, derzeit im Alter zwischen 11 und bald 18 Jahren. Das bringt tagtäglich viele Herausforderungen und organisatorische Hürden mit sich – gerade in Corona-Zeiten – aber es bereichert das Leben auch ungemein. Ich möchte damit zeigen: Kinder gehören zum Leben dazu (zumindest für die, die sich dafür entscheiden) – und viele Frauen und Role-Models zeigen inzwischen, dass gerade die IT-Branche Frauen eine gute Möglichkeit bietet, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen. Zugegeben: Einfach ist das nicht, aber es geht.

IDEE 2021

Was sind denn Ihre 3 wichtigsten Tipps an junge Frauen, die in der IT-Branche eine Ausbildung anstreben und Karriere machen wollen?

  1. Eine möglichst gute IT-Ausbildung im gewünschten Fach machen und immer neugierig bleiben und sich für neue Technologien und Trends interessieren. Viel lesen und selbst lernen.
  2. Von Anfang an bei der Ausbildung in der Schule, beim Studium, bei der Ferialpraktika, oder in ehrenamtlichen Tätigkeiten ein gutes Netzwerk aufbauen – und sich da auch Vorbilder und Mentoren suchen, das können Frauen und Männer sein.
  3. Mut haben und sich selbst etwas zutrauen. Motto: Wer kompetent ist, wird den gewünschten Job bekommen!

Eine Sache noch: Sag etwas! Wenn du in einem Meeting/Workshop/Diskussion oder Event bist – heb deine Hand und sag etwas. Denn Frauen tun das viel zu selten und wir sollten uns gegenseitig motivieren damit unsere Meinungen gehört werden.

Wo gibt es denn aus Ihrer Sicht die größten Handlungsfelder in Unternehmen und in der Gesellschaft um diese Situation zu verbessern?

Es ist leider nach wie vor ein weiter gesellschaftlicher Weg, damit selbstverständlich wird, was längst selbstverständlich sein sollte: IT-Jobs sind keine Schwerarbeiter-Jobs oder nur etwas für Männer. Frauen können alle IT-Jobs genauso gut wie Männer ausüben – sofern sie das wollen und anstreben. Corona hat zwar einen Schub in Richtung mehr Awareness für Informationstechnologie ausgelöst, aber es braucht noch viel mehr an Information und Aufklärung bei Lehrern, Bildungsberatern und Eltern: Auch Mädchen können im Bereich IT und Telekommunikation eine Ausbildung machen. IT hat nichts mit Nerds zu tun, die ihre Zeit nur am Computer verbringen, sondern ist eine sehr kreative, kommunikative und gestaltende Branche.

Ohne IT läuft heute nichts mehr, IT unterstützt das Business – das heißt, es sind heute immer mehr Mitarbeiter gefragt, die Fachwissen und IT-Wissen interdisziplinär vereinen bzw. die Anforderungen der Fachabteilungen verstehen, um sie via IT abzubilden. Je mehr wir es schaffen, diese alten Klischees und Rollenbilder aus den Köpfen der Gesellschaft zu verdrängen, desto schneller wird sich die Situation verändern. Allerdings beginnt die Sozialisation heute schon sehr früh: Mädchen werden im Kindergarten in die Puppen-Ecke und zur Spielküche geschickt, Buben dürfen Eisenbahn spielen und gehen in die Bau-Ecke. Auch die Spielzeugindustrie vermittelt dieses alte Rollendenken mit Buben- und Mädchen-Spielzeug. Buben erhalten Werkzeugkoffer und Technik-Baukästen, Mädchen Bastel- und Schminksets. Hinzu kommt zu wenig Wissen über IT-Berufe. Es ist leichter, Mädchen eine Ausbildung als Friseurin, Verkäuferin oder Sekretärin zu empfehlen – das sind altbekannte traditionelle Berufe, das machen Mamas und Tanten.

Viel schwieriger ist es, einer Schülerin den Beruf einer Software-Entwicklerin oder eines IT-Consultants schmackhaft zu machen. Und solange es Lehrerinnen gibt, die noch immer ihren Schülerinnen und Schülern sagen: „Alles mit dem Computer, das macht mir eh mein Mann“, fährt der Klischeezug munter weiter voran. – Bei den Unternehmen fällt mir auf, dass sie vielfach Job-Inserate schalten, die Frauen einfach gar nicht ansprechen. Bewerberinnen werden zwar gern aufgenommen, landen aber intern (oft auch durch Baby-Pausen und Teilzeit-Tätigkeiten danach) entweder in der Akzeptanz eher im Hinterfeld oder Karriere-mäßig am Abstellgleis. Auch in punkto Gehalt bzw. gleiche Bezahlung für den gleichen Job für Männer und Frauen herrscht in vielen Unternehmen noch eine Unkultur. Da ist sicher insgesamt noch einiges an Umdenken notwendig.

Welche Rolle spielen Mentoring und Coaching für Karriere und persönliche Weiterentwicklung? Wo kann man sich Unterstützung suchen?

Netzwerken ist von größter Bedeutung, Mentoring auch sehr empfehlenswert. Hier ein paar Punkte, warum es sich lohnt, Mentoring in Anspruch zu nehmen bzw. auf einen erfahrenen Mentor bzw. eine Mentorin zu setzen.

  • Mentoren unterstützen bei der derzeitigen Tätigkeit (z. B. im Studium, im Unternehmen oder bei der Jobsuche).
  • Es hilft, Ideen für die weitere Berufsfindung zu entwickeln.
  • Man bekommt Einblicke in die Strukturen der Berufswelt.
  • Es hilft, mehr Mut zur eigenen Karriere zu entwickeln und diese zielstrebig voranzutreiben.
  • Bei einem größeren Programm werden Mentees in ein Netzwerk eingebunden, das neue Impulse ebenso wie konkrete Hilfe bieten kann (Wissensaustausch, Stellenangebote, neue Berufswege).

Wer eine gute Mentorin oder einen Mentor intern im Unternehmen findet, kann davon enorm profitieren. Aber auch externe fachliche Mentoren können eine sehr gute Unterstützung sein. Hilfe oder Unterstützung, um entsprechende Mentoring-Programme zu finden, gibt es oft schon auf der Universität, aber auch bei Frauen-Netzwerken, bei Fach-Verbänden, bei Institutionen oder direkt bei Unternehmen. ◾

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