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Michaela Waltersam, A1 Telekom Austria: Über Gender Diversity zu philosophieren ist inzwischen zu wenig – jetzt ist es Zeit für Taten!

by Anthony Torno

Michaela Waltersam ist Gruppenleiterin Performance, Quality & Improvement in ICT Services bei A1 Telekom Austria AG. Anlässlich des Confare Female IT-Mentorings im Rahmen des größten österreichischen IT-Treffpunktes, des Confare #CIOSUMMIT, haben mit ihr über weibliche Karrierepfade in IT und Telekommunikation gesprochen. 

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Weitere Gelegenheit zum Austausch und Netzwerken für Frauen in der IT gibt es beim Confare Female-IT Brunch – Infos und Anmeldung finden Sie hier.

Welche Bedeutung hat denn gender diversity für ein Unternehmen? Welche Vorteile bringt ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis? 

Diversität sollte in Unternehmen zu einer Selbstverständlichkeit werden. Es reicht nicht aus, den dafür notwendigen Kulturwandel als reines Wortspiel zu sehen, weil es gerade „IN“ ist, sondern bedarf eines klaren Umdenkens und aktiver Veränderungsbegleitung, damit aus einer Vision auch eine Mission wird. 

Das betrifft aber nicht nur das Geschlechterverhältnis, sondern auch andere Merkmale, wie Alter, Ausbildung, Erfahrung und weitere. Es ausschließlich auf „Feminität versus Maskulinität“ zu reduzieren greift meiner Meinung nach zu kurz. Heterogene Teams sind erfolgreicher (How diversity, equity, and inclusion (DE&I) matter | McKinsey) – und das Setup und die Führung von diversen Teams kann herausfordernd sein, doch die Ergebnisse sprechen für sich. Ich darf auf über 20 Jahre Erfahrung in der Leitung von Projekten und der Führung von MitarbeiterInnen und Teams zurückgreifen und kann das nur unterstreichen.

Die IT-Branche ist immer noch männlich dominiert. Ist es hier besonders schwer, als Frau Karriere zu machen?

Es wird noch Jahre brauchen, bis am Arbeitsmarkt ein ausgewogenes Verhältnis herrscht. Das liegt auch daran, dass aktuell ein Großteil der AbsolventInnen von technischen Ausbildungsstätten männlich ist. Beispielsweise studierten im Wintersemester 2020 an der TU Wien 18 % Frauen Informatik beziehungsweise 24 % Wirtschaftsinformatik. Der Frauenanteil ist allerdings vom WS 2012 auf das WS 2020 nur um 7 bzw. 10 Prozentpunkte gestiegen. Das heißt es wird dauern, bis ein ausgewogenes Verhältnis an potentiellen Bewerberinnen am Markt verfügbar ist und sich die Quoten verschieben. (https://www.tuwien.at/fileadmin/Assets/dienstleister/abteilung_genderkompetenz/gender_ressourcen/Zahlen_und_Fakten/Frauenbericht/Gender_Monitoring_VIII.pdf)

Ob es für Frauen schwieriger ist, in einer Männerdomäne Karriere zu machen kann ich klar mit „nein“ beantworten. Ich persönlich bin noch auf keine unüberwindbaren Hindernisse aufgrund meines Geschlechts gestoßen. Es ist meine absolute Überzeugung, dass sich Erfolg wie folgt definiert: Erfolg = Leistung x Akzeptanz und absolut domänen- und geschlechtsunabhängig ist.

Wie geht es Mädchen in der technischen Ausbildung? 

Mittlerweile ist es allen Frauen möglich ihren individuellen Ausbildungsweg zu wählen. Es gibt bereits ein umfangreiches Informationsangebot über die Vielfältigkeit von IT-Berufen. Dennoch wählen viele Frauen immer noch „klassisch weibliche Berufe“. Möglicherweise sollte man die Perspektiven in IT-Berufen, sowie die Verdienst-, Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in einem IT Job noch stärker kommuniziert werden. 

Abgesehen davon ist es aus meiner Sicht unumgänglich mit der Förderung von technischen Kompetenzen bereits im Kindesalter zu beginnen um frühzeitig das Interesse zu wecken und entsprechende Talente zu fördern. 

Wie es Mädchen in der technischen Ausbildung geht: ich denke, wenn die LehrerInnen und ProfessorenInnen das Interesse und den Willen und die Freude am Lernen ihrer Schülerinnen sehen, dann werden die Lernenden auch gefördert – Geschlechtsunabhängig!

Welche Bedeutung haben Role Models und Vorbilder? 

Vorbilder sind wichtig und wir Frauen haben die Chance neue Role Models zu werden und Vorbilder zu sein – aktuell gibt es noch zu wenig bekannte weibliche Vorbilder, doch es gibt sie. Denn, hinter vielen Entwicklungen stehen Frauen – Marie Curie ist vermutlich eine der bekanntesten. Aber wusstet ihr, dass eine ungarische Wissenschaftlerin die erste Solarheizung erfunden hat?

Oder Grace Hopper, die „Mutter der Programmierung“, war bereits im Jahr 1944 eine IT Pionierin (im Team mit Howard Aiken – schon hier war ein diverses Team erfolgreich) und von ihr stammt auch der Begriff BUG. Erwähnen möchte ich auch Dr. Shirley Jackson, die als erste schwarze MIT Absolventin zur Entwicklung der Telekommunikation beigetragen hat. (10 Erfinderinnen, die ihr definitiv kennen solltet – ONE)

Gerade weil es noch wenig bekannte weibliche Role Models gibt ist es wichtig, sich mit anderen Kolleginnen und Kollegen auszutauschen, zu beobachten und zu lernen. Und Vorbilder zu haben bedeutet nicht, andere zu kopieren, sondern von ihnen zu lernen und für sich selber – wenn es passt – zu adaptieren um seinen individuellen Erfolgsweg zu finden.

Was sind denn Ihre 3 wichtigsten Tipps an junge Frauen, die in der IT oder in der IT-Branche Karriere machen wollen? 

Die Technologien entwickeln sich rasant und in einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit. Man hat auch erkannt, dass eine positive zwischenmenschliche Interaktion ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Daher mein erster Tipp: Offenheit für Neues und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen

Interesse an den Menschen: wir Frauen haben evolutionstechnisch die „besseren“ Softskills und dafür müssen wir uns nicht verstecken – nutzen wir sie in der Interkation mit Kollegen, Vorgesetzten und Mitarbeitern. Auch eine Babypause ist kein Grund mehr auf Karriere zu verzichten – im Gegenteil, wir lernen und verbessern dank unserer Kinder sowohl unsere sozialen Fertigkeiten (und ich glaube keinem Elternteil, der sagt, dass seine Kinder ihn / sie noch nie gefordert hätten) 😉 und unser Organisationstalent mit unseren Kindern sowohl unsere sozialen Fertigkeiten als auch unser Zeit- und Organisationstalent.

Authentisch bleiben: ich habe früher oft Frauen getroffen, die bewusst maskulin auftraten um stark, dynamisch und erfolgreich zu wirken. Oftmals wirkte das aufgesetzt. Ich bin überzeugt davon, dass es erfolgversprechender ist, sich selbst treu zu bleiben und authentisch zu sein – das stärkt im Auftritt und wirkt Selbstbewusster als eine Maske.

Wo gibt es denn aus Ihrer Sicht die größten Handlungsfelder in Unternehmen und in der Gesellschaft um diese Situation zu verbessern? 

Es zeigt sich, dass alte Muster und Kulturen sich nur schwer ändern lassen und es Zeit braucht. Erst 1918 wurde in Österreich das Wahlrecht für Frauen eingeführt, 1919 die erste weibliche Studierende an der TU Wien zugelassen und Frauen haben erst seit 1975 das Recht, ohne Zustimmung ihres Mannes, arbeiten zu gehen. (Angekommen_11_-_Frauenrechte_und_Gleichberechtigung_in_OEsterreich.pdf (demokratiewebstatt.at); tuw_auf_einen_blick_2020_web.pdf (tuwien.at))

Das alles ist noch nicht so lange her und wir befinden uns immer noch in einem Umbruch – Kultureller Wandel braucht Zeit und Vorreiter, die Potentiale erkennen, Aufklären und Chancen bieten. Führungskräfte, die den Mehrwert von mixed teams erkennen und auch bewusst die Herausforderung von diversen Teams suchen und fördern.

Es ist nicht damit getan, ein diverses Team zu nominieren – es bedarf auch adaptierter Führungsfähigkeiten um diverse Teams zu Höchstleistungsteams zu entwickeln.

Welche Rolle spielen Mentoring und Coaching? Wo kann man sich Unterstützung suchen?

Wenn wir merken, dass die bisherigen Ansätze nicht mehr funktionieren, wir den Wunsch nach Veränderung spüren uns aber vielleicht noch nicht ganz klar sind, wohin unsere Reise uns führen soll, wie wir sie beschreiten sollen oder das Ziel somit noch ein wenig diffus ist, dann sind das Momente oder Lebensphasen, bei denen ein Begleiter uns gut tut und helfen kann, rasch die notwendige Klarheit zu finden. 

Doch Achtung: Coaching und Mentoring bedeutet harte Arbeit – sowohl für Mentee als auch MentorIn; Coach als auch Coachee. Veränderung passiert nicht über Nacht. Und ein/e guter CoachIn oder MentorIn hat die nicht die Aufgabe Vorzugeben, sondern zu begleiten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in Lebensphasen der Veränderung – die wir alle beruflich und privat durchlaufen, Impulse von außen sehr wertvoll und bereichernd sind.

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