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Systeme müssen flexibler, komponierbarer und austauschbarer werden

by Annecilla Sampt

Thom Kunz hat´s drauf. Daran ist nicht zu rütteln. Er bezeichnet sich selbst als “Innovation Architect” – und das zu Recht.
Ein Visionär, Stratege, IT-Berater und Software-Architekt mit holistischem Blick. In Digitalisierungsfragen einschlägig vorbelastet. Mit einer Vergangenheit in System- und Enterprise Architektur sowie Prozess- und Produkt-Management hat er zu einer Zeit das Thema Cloud-Computing in Mitteleuropa vorangetrieben, als andere in der Branche noch über die Angst vor Sicherheitsverlust diskutierten. Zuletzt hat er die IoT-Strategie der Stadt Wien maßgeblich mitgestaltet. Wäre der Flux-Kompensator nicht schon erfunden worden, stünde er sicherlich auf seiner Bucket-List.
Sein Terminkalender dürfte also prall gefüllt sein. Dennoch konnten wir uns mit ihm unterhalten. Über den Digitalen Wandel und welche Veränderungen dieser für Unternehmen bedeutet. Wie gesagt, der Mann hat´s drauf. Aber lesen Sie selbst.
  • Welche organisatorischen, kulturellen und technischen Veränderungen bringt der Digitale Wandel für Unternehmen?

Thom KunzSysteme werden flexibler werden müssen; komponierbarer; austauschbarer. Die monolithische Systemarchitektur gehört längst der Geschichte an. Mit flexibler Serviceorientierung können Systeme auch heute noch Organisationen unterstützen. Ich teile die Betrachtung dabei in 4 Aspekte

  1. Systeme
  2. Prozesse
  3. Menschen
  4. und Schnittstellen

Die Forderungen in diesen Bereichen liegen jeweils auf der Hand

  1. Modularisieren Sie ihre Monolithen
  2. Sorgen Sie dafür, dass ihre Systeme die Prozesswelt ihres Unternehmens unterstützen (und nicht umgekehrt); auch dann noch, wenn sich Geschäftsmodelle verändern; denn das werden sie
  3. Bieten Sie Ihren Mitarbeitern die Flexibilität und Freiheit, die sie brauchen – in der Nutzung ebenso wie in der Schaffung ihrer Systeme
  4. Entkoppeln Sie Software und Infrastruktur; flexibilisieren Sie Deployment, die Veränderungen in Ihren Systemen, Skalierung, etc.
  • Wie verändern sich die Anforderungen an Unternehmenssoftware durch die Digitalisierung?

Der Digitale Wandel hält Prioritäten bereit, die Unternehmen in der Form – und vor allem in der Geschwindigkeit – noch nicht erlebt haben: Neue Services und neue Geschäftsmodelle entstehen bereits jetzt, Kanäle für Kundenkommunikation und –lieferung von Services ändern sich, Sie werden stärker auf Partnerschaften setzen müssen und Kundennutzen wird nicht durch Ihre Produkte und Ideen generiert, sondern vom Kunden vorab definiert und an Sie als Forderung herangetragen werden („Customer Lead“ – nicht „Customer Need“). Mit schwerfälligen Prozessen ist das nicht zu bewältigen. Software muss komponierbar werden. „API first“ heißt das Paradigma schon seit einigen Jahren – die großen Player führen uns das vor – und es wird immer wichtiger werden. Wer das versteht und in seiner Unternehmenssoftware umsetzt, wird den Wandel gut unterstützen können.

  • Spielt das klassische ERP hier überhaupt noch eine Rolle?

Thom KunzDas kommt darauf an, was Sie als klassisch bezeichnen. Ich kann auch eine große, gewachsene, monolithische Architektur – eine klassische Architektur – zerlegen und agil machen. Das erfordert gleichzeitig ein paar schmerzhafte Einschnitte und das Eingeständnis, dass wir das, was wir bisher gemacht haben, so nicht mehr tun können (oder zumindest wird es uns nicht weiterbringen). War die Cloud umstritten – vor 10 Jahren? Ja. Fragt heute wer danach, ob das so war? Nein. Genau so wird es jenen ergehen, die an Architekturen festhalten, die ausgedient haben. Wenn durch eine modulare, komponierbare Architektur ein in seinen Funktionalitäten klassisches ERP entsteht, ist das sicher hilfreich, denn funktional hat ERP bei weitem nicht ausgedient. Das „WIE“ ist der entscheidende Faktor.

  • Was bedeutet das für das Unternehmen und die IT im Unternehmen?

Ich denke, über die Bedeutung des digitalen Wandels für Unternehmen an sich brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Betrachten wir einfach die geschichtlich gesehen wirklich großen Umwälzungen: Alle gingen mit einer massiven Veränderung aller Lebensbereiche einher:

  • Um das Ende des 18. Jahrhunderts hielt maschinelle Produktion in Industrie und Gesellschaft Einzug. Produktion und Transportwesen konnten sich massiv verändern; erstmals entstanden in riesigem Ausmaß “innovative” Arbeitsplätze. Das gab es davor in dieser Form noch nie.
  • 100 Jahre später brachte die Elektrizität und die Einführung des Fließbandes in der Autoindustrie (Henry Ford) den nächsten disruptiven Wandel; stellen Sie sich bitte nur kurz die Veränderung für Fabrikarbeiter vor, die es bisher gewohnt waren, sich in die Verrichtung ihrer täglichen Arbeit persönlich einzubringen. Das war wohl am Fließband nicht mehr ganz so wesentlich …
  • 1970? Genau: Der Personal Computer. Mit einher ging eine weitere Automatisierung von Arbeitsabläufen. Wiederholbarkeit, Arbeitseffizienz (effektiv war man schon seit dem Fließband), Prozess-Orientierung, … Alles Entwicklungen, die wir wohl alle selbst in den darauffolgenden Jahren miterleben durften.

Was waren denn die Gemeinsamkeiten aller dieser Phasen? Neue Tätigkeiten entstanden, Unternehmer fanden Einsparungspotentiale, Veränderungen von Arbeitsabläufen führten zu neuen Schwerpunkten für Arbeiter und gleichermaßen für Angestellte.

Immer in solchen Phasen war es vor allem der Arbeitsplatz, der sich veränderte. Angenommen, wir verbringen ca. 1/3 unserer täglichen Lebenszeit an diesem Platz (ohnehin defensiv geschätzt) …  Ich glaube, damit wird die Disruption der momentanen Digitalisierungswelle mehr als deutlich!

Die Unternehmens-IT muss sich diesen Umwälzungen mehr als unterwerfen. IT hält überall Einzug (wissen wir). IT wird mehr und mehr durch die Integration von Devices („Dinge“; Stichwort „IoT“) unterstützt. Menschen der jüngeren Generationen erwarten sich Flexibilität und massive persönliche Freiheiten am Arbeitsplatz, und Prozesse haben sich dynamisch den sehr rasch entstehenden neuen Geschäftsmodellen unterzuordnen. Wenn IT (Systeme, Architekturen, die Infrastruktur) entsprechend flexibel gestaltet wird, wird sie den digitalen Wandel unterstützen. Wenn nicht, wird sich der Digitale Wandel (sprich: das Unternehmen oder das neue Geschäftsmodell, das diesem Wandel gehorcht) andere Partner zu deren Unterstützung suchen.

Machen Sie sich als CDO jetzt obsolet, um Ihre Energien auf Themen richten zu können, die Sie im Unternehmen nicht obsolet machen. Der digitale Wandel verändert auch Ihren Arbeitsplatz – darüber können wir dann im Detail an Hand meines Vortrags diskutieren. (Anmerkung der Redaktion: Thom Kunz ist Speaker bei #Confare #InnovativeCIO)

CIO Summit 2019 - Talente bewegen

Thom Kunz ist eine treibende Kraft der österreichischen IT-Community. Diese findet sich beim Confare Event IDEE 2019 am 20. Mai 2019 in Wien ein, um sich zum Thema Digitalisierung auszutauschen und neue Denkansätze und Lösungen zu diskutieren – mit Beispielen aus Unternehmen wie Constantia Packaging, Homegate AG und vielen mehr.

Hier wird auch der IDEAward 2019 für digitale Innovation in Unternehmen verliehen.

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2 comments

Ferdinand Aicher 9. Januar 2019 - 14:13

Ein Artikel nach meinem befinden. Smarte Verbindung verteilter Systeme. Hebung der Vorteile aus einzelnen Anwendungen über deren Systemgrenzen Hinweg. . . . Verbreitung von Innovationen mit Tribologie ! . . .

Reply
thom Kunz 13. Januar 2019 - 9:29

Herzlichen Dank – wobei der eigentlich Michaels Ghezzos Team gebührt, die die Inhalte in Worte gefasst haben. Ich denke tatsächlich, dass sich Enterprise IT Requirements heute nur so erfüllen lassen. Der Microservices Hype vor ein paar Jahren hat uns auch den Weg in diese Richtung gewiesen (wiewohl damals niemand wirklich wusste, was man meinte, wenn man das Wort in den Mund nahm :)). Fragt sich nur, ob sich “Tribologie” auf die funktional manchmal schwierige Abgrenzung der Systeme oder die Provokationen in meinen Worten bezieht … 🙂

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