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Prof. Dr. Julia Knopf: EDUTech: Nur wenn Didaktik und Technologie Hand in Hand gehen, gelingt die Digitale Bildungs-Transformation

by Yara El-Sabagh

 OUT NOW im #ConfareBlog mit Prof. Dr. Julia Knopf: EDUTech:
Nur wenn Didaktik und Technologie Hand in Hand gehen, gelingt die Digitale Bildungs-Transformation

Als Professorin für Didaktik und Digitalisierung an der Universität Saarland und Gründungspartnerin der Didactic Innovations GmbH hat Julia Knopf ein ganz klares berufliches Leitbild. Ziel ihrer Aktivitäten in der Lehre und als Unternehmerin ist es, Bildung auf allen Ebenen neu zu gestalten. Klar, dass dabei digitale Technologie eine wichtige Rolle spielt. Doch Prof. Knopf ist überzeugt: Technologie alleine ist nicht das Heilmittel. Warum erklärt sie im Confare Blog-Interview.

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Was sind denn die wichtigsten gesellschaftlichen Entwicklungen, die auf unser Bildungssystem Auswirkungen haben?

Unser Bildungssystem wird von einer Vielzahl von gesellschaftlichen Entwicklungen beeinflusst, von denen einige gerade in der öffentlichen Diskussion präsent sind. Eines der wichtigsten Themen ist der Fachkräftemangel, der sich auch im Bildungsbereich bemerkbar macht. Die Suche nach qualifizierten Lehrkräften ist eine Herausforderung, die sich langfristig auf die Bildungsqualität auswirken kann. Auch die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir lernen und wie Bildung vermittelt wird. Während die Technologie neue Möglichkeiten bietet, ist es wichtig, die Didaktik nicht zu vergessen und die Fähigkeiten zu fördern, die für die moderne Welt von Bedeutung sind, wie kritisches Denken, Kreativität und Problemlösung. Die Integration ist ein weiterer wichtiger Punkt, da alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen am Bildungssystem teilhaben sollten, unabhängig von ihrem sozialen oder kulturellen Hintergrund. Schließlich wird die Nachhaltigkeit immer wichtiger und Schulen sollten eine Vorreiterrolle bei der Vermittlung von Umweltbewusstsein und nachhaltigem Verhalten einnehmen. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, müssen Schulen sich anpassen und sich den aktuellen Entwicklungen stellen, um eine bestmögliche Bildung für alle Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten. Bei der Entwicklung unserer Lerninhalte setzen wir beispielsweise auf die Vermittlung von Future Skills wie Kommunikation, Kritikfähigkeit, Kollaboration und Kreativität, um Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen der modernen Welt vorzubereiten.

DigitaleMan hat den Eindruck, die Welt ändert sich rasant. Gleichzeitig scheint im Bildungssystem der Wandel nur sehr langsam zu passieren. Wie gut sind unsere Schulen denn wirklich an die Anforderungen unserer Zeit angepasst?

Das Bildungssystem steht vor einer Reihe von Herausforderungen, die es schwierig machen, Schritt zu halten mit den sich schnell ändernden Anforderungen der Gesellschaft. Schulen müssen sich mit einer Vielzahl von Themen auseinandersetzen, von technologischen bis hin zu gesellschaftlichen Entwicklungen wie Migration, Inklusion, Nachhaltigkeit oder auch – ganz aktuell – dem Thema der finanziellen Grundbildung. Diese Herausforderungen erfordern von Schulen, dass sie sich individuell auf die Bedürfnisse ihrer Schülerinnen und Schüler einstellen und Strategien entwickeln, um alle Kinder und Jugendlichen bestmöglich zu fördern.

Besonders herausfordernd ist es aus meiner Sicht, dass das traditionelle Schulsystem bei weitem noch nicht den Anforderungen von „New Work” entspricht. Während es in anderen Bereichen der Arbeitswelt bereits viele Veränderungen gibt, gibt es im Bildungsbereich immer noch viele Vorgaben und Restriktionen, die es Lehrkräften erschweren, eigenverantwortlich und flexibel zu handeln. Die Lehrpläne und Prüfungsanforderungen lassen oft wenig Spielraum für individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, und die Klassenzusammensetzung und Schulausstattung können die Handlungsmöglichkeiten von Lehrkräften einschränken.

Es ist wichtig, dass Schulen und Bildungseinrichtungen sich weiterhin mit diesen Themen auseinandersetzen und nach Möglichkeiten suchen, das Bildungssystem an die Bedürfnisse der sich verändernden Welt anzupassen. Dabei sollten auch bürokratische Hindernisse und der Lehrermangel berücksichtigt werden, um eine bestmögliche Ausbildung für unsere zukünftigen Generationen zu gewährleisten.

Wie sehr hat sich Corona denn auf unser Bildungswesen ausgewirkt?

Die Auswirkungen waren und sind immens. Die Schulschließungen und die Umstellung auf den Online-Unterricht haben die Art und Weise des Lehrens und Lernens grundlegend verändert. Viele Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler mussten sich in kürzester Zeit an eine völlig neue Unterrichtsmethode anpassen und digitale Technologien nutzen. Obwohl alle ihr Bestes gegeben haben, waren die Auswirkungen auf die Qualität des Unterrichts, die Motivation und das Engagement der Schülerinnen und Schüler sowie auf die sozialen und emotionalen Aspekte des Lernens nicht zu übersehen. Darüber hinaus haben die Schulschließungen und die damit einhergehende Verlagerung des Unterrichts in den digitalen Raum bestehende Bildungsungleichheiten verschärft, da nicht alle Schülerinnen und Schüler zu Hause über eine angemessene technische Ausstattung und eine stabile Internetverbindung verfügten. Aber auch für Lehrkräfte waren die Belastungen hoch. Für eine so plötzliche Umstellung der Lehr-/Lernsituation waren sie nicht ausreichend vorbereitet, was wiederum zu einer hohen Belastung führte. Darüber hinaus fühlten sich einige Lehrkräfte von der Politik und den Behörden im Stich gelassen. Als Reaktion darauf entwickelten einige Lehrkräfte eine Abwehrhaltung gegenüber der Digitalisierung und argumentierten, dass der persönliche Kontakt zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern unersetzlich sei und dass digitale Technologien den Lehr- und Lernprozess nicht angemessen unterstützen könnten. Während einige der Änderungen durch Corona vorübergehend waren, werden andere nicht mehr wegzudenken sein, wie eine stärkere Integration von digitalen Technologien in den Unterricht. Die Digitalisierung des Bildungswesens ist nicht nur eine Reaktion auf die Corona-Pandemie, sondern ein langfristiger Trend, der sich in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird. Es ist daher entscheidend, dass Lehrkräfte ausreichend qualifiziert werden.

Wo siehst Du am meisten Handlungsbedarf?

Wir haben in den Schulen einen großen Fachkräftemangel. In vielen Bereichen stehen nicht mehr ausreichend Lehrkräfte zur Verfügung, die zum einen den regulären Unterricht abdecken sollen und zum anderen die immer komplexer werdenden Aufgaben innerhalb und außerhalb der Schule bewältigen können. Wenn wir weiterhin qualitativ guten und vor allem zeitgemäßen Unterricht wollen, der die Kinder auf die Welt von Morgen vorbereitet, müssen wir hier ansetzen und die Lehrkräfte unterstützen und stärken.

Das bedeutet, dass wir den Lehrerberuf allgemein attraktiver machen müssen. Und das gelingt vor allem durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Hierbei spielen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle, insbesondere in aktuellen Themen wie geschlechtergerechter Didaktik oder neuen Technologien wie ChatGPT. Eine klare Karriereperspektive sowie eine Entlastung bei administrativen Aufgaben können ebenfalls dazu beitragen, Lehrkräfte zu gewinnen und langfristig zu binden. Ebenso kann die Digitalisierung insbesondere im administrativen Bereich, aber auch in der Unterrichtsvorbereitung für Entlastung sorgen. Um langfristig mehr Lehrkräfte auszubilden, sollten wir die Studierendenzahlen erhöhen, das heißt dann auch mehr Studierende zulassen, und bereits bei Schüler:innen ansetzen und sie für den Lehrberuf begeistern. Nur wenn es uns im Schulterschluss mit Schulen, Bildungsträgern, Politik und der gesamten Schulgemeinschaft gelingt, gemeinsam diese Aspekte anzugehen, werden wir hier eine Trendwende erzeugen können, die wir dringend benötigen.

Welche Perspektiven bietet die Digitalisierung für das Schulsystem?

Die Digitalisierung kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Schulen und Hochschulen eine qualitativ hochwertige und vor allem individuelle Bildung gewährleisten können. Klar ist: Die Art und Weise, wie wir Lernen, wird immer individueller. Folglich kommt auf die Lehrkräfte eine immense Mehrbelastung bei den Themen Differenzierung und Individualisierung zu. Die Digitalisierung und insbesondere der Einsatz von digitalen Tools, z.B. mit künstlicher Intelligenz, bieten großes Potenzial, die Lehrkräfte zeitlich zu entlasten und den Trend hin zur Individualisierung zu fördern.

Ich will hier ein Beispiel aus der Praxis nennen: Wir haben mit School to go gerade die erste didaktische, KI-basierte Software entwickelt, die Lehrkräfte bei der Unterrichtsplanung unterstützt. Mithilfe eines Editors können die Lehrkräfte hierbei maßgeschneiderte, kompetenzorientierte Unterrichtsstunden für jedes Fach und jede Schulform entwickeln. So gelangen sie mit nur wenigen Klicks zu ihren neuen Unterrichtsstunden. In der Software sind bereits viele kreative Unterrichtsideen vorhanden, die genauso verwendet oder individuell angepasst werden können. Es gibt innovative Formatvorlagen und bereits mehr als 1.000 zertifizierte Angebote. Und mithilfe einer KI-basierten Schnittstelle können sie ihre Texte ansprechender oder einfacher oder zielgruppengerechter gestalten. Die so geplanten Stunden können dann entweder direkt per Link oder QR-Code mit den Schüler:innen geteilt werden oder in ein LMS integriert werden. Wir haben die Software gerade erst im März gelauncht – aktuell ist die Registrierung übrigens noch kostenlos – und wir haben schon viele positive Rückmeldungen von User:innen bekommen. Das ist für mich ein gutes Beispiel, wie Technologie Didaktik in bester Weise unterstützt und so zur Entlastung der Lehrkraft beiträgt.

Wo können zum Beispiel EduTechs wirklich etwas beitragen?

EduTechs spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Bildungssystems, da sie den zielgerichteten Einsatz von Technologie aufzeigen. Es ist jedoch wichtig, dass die Technologie nicht überbetont wird, also nur Mittel zum Zweck ist, um das Lernen zu verbessern. Die Didaktik, sprich die Art und Weise wie gelernt wird, sollte immer im Mittelpunkt stehen.

In meinem Unternehmen, der Didactic Innovations GmbH, legen wir großen Wert auf die Verbindung von Didaktik und Technologie. Wir sind davon überzeugt, dass nur die sinnvolle Kombination beider Elemente zu erfolgreichem und effektivem Lernen führt. Und Lernen hört ja in der Schule nicht auf. Lebenslanges Lernen, auch und gerade im beruflichen Kontext, wird immer wichtiger. Wir setzen bewährte Lernmethoden in Verbindung mit modernster Technologie ein, um maßgeschneiderte Lernkonzepte für die Weiterbildung in Unternehmen zu entwickeln.

Zu Beginn stellen wir uns immer die Frage, wo der Einsatz von digitalen Tools sinnvoll ist, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Wir entwickeln dann zielgerichtet und passgenaue Lerninhalte mithilfe unserer didaktischen und technologischen Expertise. So entsteht eine ganzheitliche Strategie für das Lernen in Unternehmen, die wir als Corporate Didactics bezeichnen. Dieses Prinzip kann man auch auf andere Bereiche übertragen. Viele Unternehmen haben bereits erkannt, dass Lernen und Weiterbildung für die Mitarbeiter ein echter Erfolgsfaktor für sie ist.

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1 comment

Frau Kritisch 24. April 2023 - 11:17

“Corporate Didactic”?? Wohl eher “didaktische Ausbeutung”!

Damit stellt das Konzept in meinen Augen ein weiteres Beispiel dafür dar, wie der Fokus auf die Interessen des Unternehmens die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen vernachlässigt. Anstatt die Lernbedürfnisse der Mitarbeiter:innen in den Vordergrund zu stellen, wird die Didaktik oft an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst. Dies führt zu einem oberflächlichen Lernprozess, der die Mitarbeiter:innen nicht in die Lage versetzt, ihr Wissen nachhaltig zu vertiefen und anzuwenden. Das Ziel, eine effektive und kosteneffiziente Weiterbildung zu gewährleisten, darf nicht dazu führen, dass die Lernprozesse unzureichend sind.

Es ist an der Zeit, dass wir uns als Gesellschaft bewusst machen, dass die Förderung von Bildung und lebenslangem Lernen nicht nur ein Instrument zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist, sondern ein wichtiger Beitrag zur persönlichen und beruflichen Entwicklung der Mitarbeiter:innen. Unternehmen sollten sich auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen konzentrieren und sicherstellen, dass ihre Lernbedürfnisse mit einer qualitativ hochwertigen Didaktik erfüllt werden.

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