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Propaganda einfacher denn je – Wie Digitalisierung zweckentfremdet wird

by Bianca Bogad-Frey

Andreas Meyer-Falcke (langjähriger CIO) – Propaganda einfacher denn je – Wie Digitalisierung zweckentfremdet wird

Andreas Meyer-Falcke - Propaganda einfacher denn je – Wie Digitalisierung zweckentfremdet wird

Die KI-K Initiative – eine Gruppe von IT-Professionals und CIOs rund um Dr. Anke Sax und Prof. Dr. Katja Nettesheim. Sie möchten der Allgemeinheit durch ihr Engagement zu mehr KI-Kompetenz verhelfen. Alle Infos zur Initiative, Teilnehmer*innen und Ziele finden Sie unter www.ki-k.org/

Im zweiten Teil unseres Interviews, spricht Andreas Meyer-Falcke – ehemaliger Beigeordneter für IT der Landeshauptstadt Düsseldorf & Langjähriger CIO – über die Schattenseiten der Digitalisierung und welche Schritte bei deren Bekämpfung dieser helfen können.

Dies ist der zweite Teil unseres Interviews. Sollten Sie den ersten verpasst haben, können Sie ihn HIER nachholen.

Prof. Reinhard Riedl spricht von der “Krise der liberalen Demokratie” durch Digitalisierung – wie können wir diese Krise überwinden und gleichzeitig die positiven Effekte der Technologie nutzen?

Die größtmögliche individuelle Freiheit, der Schutz von Einzelinteressen, die Akzeptanz anderer Meinungen, ja möglicherweise „sogar“ deren Übernahme… alles das unterscheidet unsere Demokratie von autoritären oder diktatorisch-absolutistischen Systemen, in denen einer alleine oder eine (kleine) Minderheit die Mehrheit dominiert.

Die Populisten unter uns machen es uns aktuell vor: Mit Hilfe der Digitalisierung sind sie in der Lage, ihre Propaganda viel schneller und zeitgleich an viel mehr Adressaten gerichtet „unter‘s Volk zu bringen“. Sie „bombardieren“ ihre Follower mit ihren (Des-)Informationen und das in hoher Taktfolge. Ein Nachprüfen ist gar nicht mehr möglich, eine Diskussion nicht vorgesehen.

Was hilft? Sicher nicht die Rückkehr in die analoge „Steinzeit“. Sondern Information, Aufklärung, Bildung: zu gesellschaftspolitischen Themen ebenso wie zu digitalen. Und die Verfechter unserer Demokratie sollten mehr noch als bis dato die Vorteile der digitalen Medien nicht den Gegnern der Demokratie überlassen, sondern sie selber und zu unser aller Nutzen einsetzen.

Die Initiative KI-K möchte KI-Kompetenz auf breiter gesellschaftlicher Basis fördern. Welche konkreten Maßnahmen sind notwendig, um dieses Ziel zu erreichen?

Die Initiative KI-K hat einen offenen Brief an die für Digitalisierung Verantwortlichen in den Fraktionen des Deutschen Bundestages geschickt. Die Motivation ist klar: Die KI-K Initiative wünscht sich KI-Kompetenz für eine Zukunft in Wohlstand. Und zwar überall und bei Allen. KI darf nicht allein ein technisches Instrument sein. Die Programmierung von Automatismen und Algorithmen ist Sache von Fachleuten. Aber die, die sie anwenden, sollten wissen, was sich dahinter verbirgt.

Und die, die uns morgen regieren, müssen erst recht wissen, was KI bedeutet: Die vermutlich letzte Möglichkeit, wieder zur Weltelite aufzuschließen. Deshalb enthält der Brief 10 Punkte, die dazu geeignet sind, die KI-Kompetenz zu fördern. Damit man diesen Brief nicht erst auf LinkedIn suchen muss, hier sind sie:

  1. KI-Kompetenz muss in jedem Politikfeld verortet werden, das nachhaltig und ethisch verantwortbar gestaltet wird.
  2. KI-Kompetenz heißt zu erkennen, dass „AI in all policies“ ein Querschnittsthema ist, das einer zentralen Steuerung bedarf.
  3. KI-Kompetenz muss allen Unternehmen zugänglich gemacht werden, insbesondere KMU und nicht nur großen Technologiekonzernen.
  4. KI-Kompetenz muss allen Beschäftigten und deren Interessensvertretungen vermittelt werden, schließlich geht es um deren eigene berufliche Zukunft.
  5. KI-Kompetenz muss in den Behörden vorhanden sein, um auch in einer Zukunft mit immer weniger öffentlich Beschäftigten rechtssicheres Verwaltungshandeln zu garantieren.
  6. KI-Kompetenz muss integraler Bestandteil der schulischen Bildung sein. Ein Digitalpakt Schule darf kein alleiniges Infrastrukturprojekt sein.
  7. KI-Kompetenz muss in jedem Ausbildungs- und Studiengang vermittelt werden. Nur fundiertes Wissen um KI sichert eine zukunftsfähige Gesellschaft in allen Bereichen.
  8. KI-Kompetenz muss allen Menschen vermittelt werden. Nur so lässt sich diskriminierungsfreie Teilhabe an allen Bereichen des täglichen Lebens auch künftig garantieren.
  9. KI-Kompetenz zu stärken bedarf Awareness und Marketing zugleich, damit die Gesellschaft die Vorteile von KI erkennt, ohne die Risiken zu verleugnen.
  10. KI-Kompetenz sichert und stärkt unsere Demokratie: Sie ermöglicht, Manipulationsversuche zu erkennen. Sie schafft wirtschaftliche und gesellschaftliche Teilhabe.
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Welche Verantwortung tragen IT- und Digitalisierungsprofis, wenn es darum geht, demokratische Werte und Prinzipien in einer zunehmend technologisierten Welt zu schützen?

Wir alle tragen Verantwortung für den Fortbestand unserer Demokratie. Bei Europa-, Bundes-, Landtags- und Kommunalwahlen natürlich. Aber auch jenseits von Wahlen im Alltag, in der Familie und im Freundeskreis, beim ehrenamtlichen Engagement für die Gesellschaft, in der Freizeit und eben auch: im Beruf. Wenn es um den Schutz des Individuums oder von uns allen im Zusammenhang mit Digitalisierung geht, wenn Datenschutz und Datensicherheit im Fokus stehen, wenn Resilienz gefordert ist, die Vermeidung unnötiger Abhängigkeiten von Dritten, sind daher die IT- und Digitalisierungsprofis besonders gefragt.

Aber die IT- und Digitalisierungsprofis sind nicht nur reaktiv gefordert. Sie können zum Beispiel auch wesentlich dazu beitragen, mit wieviel Respekt die Bürgerinnen und Bürger ihrem Staat entgegentreten. Einem Staat, von dem immer mehr sagen, dass alle Entscheidungen viel zu lange dauern. Wo immer wieder verärgerte Menschen immer länger auf einen Termin „auf dem Amt“ oder einen Bescheid warten, weil das Missverhältnis zwischen Aufgabenfülle im Öffentlichen Dienst und Zahl der dort Beschäftigten immer größer wird.

Wenn rechtssicheres Handeln nicht mehr in zumutbarer Zeit gewährleistet werden kann, nimmt die Staatsverdrossenheit weiter zu – und damit die Demokratie Schaden. Verwaltungsleistungen, die 24/7/365 angeboten werden, vollständig, d.h. durchgängig medienbruchfrei digitalisiert sind, automatisiert und mit KI unterstützt erbracht werden, könnten hier Abhilfe schaffen. Und so helfen, verloren gegangenes Vertrauen in den Staat wiederzugewinnen. Ob das gelingt, liegt allerdings nicht allein in der Hand der Digitalisierungsprofis, sondern insbesondere der politisch Verantwortlichen (siehe auch die vorstehende Antwort zur KI-Kompetenz).

Wie können Unternehmen, Bildungsinstitutionen und Politik gemeinsam dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft mit der rasanten technologischen Entwicklung Schritt hält?

Wenn alle am selben Strang und dabei in die selbe Richtung ziehen, sind wir als Gesellschaft schon einen großen Schritt weiter:

Die Unternehmer selber müssen die digitale Transformation ihres Unternehmens aktiv angehen, aber sie müssen zugleich dafür Sorge tragen, dass ihre Beschäftigten mitgehen wollen und können.

Die Bildungseinrichtungen, die allgemein- und berufsbildenden Schulen, die Volks- und die Hochschulen, die Kammern und privaten Träger, sie alle müssen ihre Curricula und Angebote auf digitale Vermittlungsdefizite hin durchforsten und mit Blick auf Risiken, aber insbesondere auf Chancen der Digitalisierung erweitern und die dazu notwendigen Fähigkeiten entwickeln.

Die Politik schließlich sollte erkennen, dass zur Rahmensetzung, zur Steuerung von all’ dem ein Digitalministerium, ein Transformations- oder ein KI-Ministerium allein nicht ausreicht. Digitalisierung ist mehr als lediglich ein organisatorisches Konstrukt und mehr als nur IT-Technik. Digitalisierung ist kein nice-to-have, sondern ein inhaltliches Querschnittthema, das alle Politikfelder in der Breite und Tiefe nicht nur tangiert, sondern massiv verändern kann. Das kostet Kraft. Und um die zu gewinnen, muss ein Ruck nicht nur durch das Land, sondern auch durch die Parteien gehen.

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