Langlebige Produkte und Kundenbeziehungen, Technik zum Anfassen und eine besonders konservative Branche – obwohl man bei Burckhardt Compression nicht durch digitale Riesen wie Amazon und Google bedroht ist, ist man aktiv daran, das Unternehmen, seine Produkte und den Markt zukunftsfähig zu gestalten, auch wenn das heisst, Dinge radikal anders anzugehen. Federführend als Gamechanger dabei ist CDO und CIO Helmut Draxler, der mit seinen offensiven Transformationsvorhaben zwar die Kollegen fordert, aber auch für eine spannende Zukunft begeistert. Das macht ihn in den Augen der Jury zu einem aussichtsreichen Kandidaten für die Auszeichnung als #TopCIO und den Confare Swiss CIOAWARD, der im Rahmen des Confare Swiss CIOSUMMIT in Zürich vergeben wird.
Burckhardt Compression ist ein Traditionsunternehmen in einem sehr traditionellen Business. Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht die Digitale Transformation für den Erfolg des Unternehmens und seiner Produkte?
In einem globalen Ökosystem kann man sich nicht gänzlich ausklinken, das ist spätestens seit der Krise in 2010 bekannt und mit COVID-19 wieder einmal schmerzlich erfahren worden.
Selbst “traditionelle” Unternehmen müssen sich dem Trend der technischen Digitalisierung und damit der Vernetzung von Einzelgeräten über Prozesse, mittels Computernetzwerken über Unternehmensgrenzen hinaus zu sogenannten “Ökosystemen”, anpassen, und ihre Ziele und Geschwindigkeit in der Unternehmens-Entwicklung darauf ausrichten. Entweder das Unternehmen erhöht seine Innovations- und Gestaltungkraft in diesem Bereich oder es läuft der Entwicklung stets hinterher. Einige “traditionelle” und nicht wegzudenkende Unternehmen sind in den letzten 2 Dekaden verschwunden und unerwartete neue Player an ihrer Stelle statt aufgetreten. “Disrupt or be disrupted”
Unsere Kunden sind vorwiegend im Gasgeschäft (Erdgas, Industriegase) und in der Chemischen Industrie zu Hause. Diese Industrien waren in der Geschwindigkeit ihrer Anpassung eher langsam, das ändert sich aber gerade und Burckhardt Compression gestaltet das digitale Ökosystem mit und bringt seine Erfahrung und Wissen entsprechend ein. Die Digitalisierung ist eine Chance, nicht nur Produkte aus Stahl, sondern auch Erfahrung, Wissen, Knowhow einzubringen und auch zu monetarisieren. Neue Geschäftsfelder und Märkte tun sich damit auf. Kundenbeziehungen werden durch die Vernetzung intensiver und auch dauerhafter. Dies passt gut zu unserem Verständnis einer langfristigen Kunden-Beziehung denn unsere Kompressoren laufen 40 Jahre und mehr.
Wo sehen Sie dabei die größten Handlungsfelder?
Die grössten Handlungsfelder sehe ich einerseits in der Aufklärung und Motivation der Mitarbeiter und andererseits im Umbau des Portfolios des Unternehmens. Bei vielen Mitarbeitern habe ich zu Beginn immer wieder die gleichen Parolen wie “das haben wir aber immer so gemacht” oder “der Kunde will das nicht” und ähnliches gehört. Bis ich dann mit den Digitalisierungsleuten bei unseren Kunden sprechen konnte. Und siehe da, die haben das Thema auch auf der Agenda, zum Teil mit unterschiedlichen Prioritäten, aber es ist präsent und muss bearbeitet werden. Beim Umbau des Produktportfolios stellen sich Fragen, die bisher so nicht aufkamen. Einen Kompressor installiert man, macht die Abnahme mit dem Kunden und übergibt ihn und dann fängt das Aftermarket-Geschäft an. Mit digitalisierten Produkten hat man plötzlich “Subscriptions” für Nutzungsrechte und Softwarewartung, mit “Updates” der EDGE-Devices auf den Kompressoren, mit Monitoring und Analytics zu tun. Das klingt sehr stark nach IT-Betrieb und das ist es dann auch. Operations von IT-Komponenten im Feld, aber eben nicht nur bei internen Mitarbeitern, sondern plötzlich beim Endkunden in seiner produktiven Wertschöpfungskette. Und da die meisten Unternehmen ihre IT als ein Cost-Center sehen, stellt sich gleich die nächste Frage “Wie ermittle ich einen fairen Preis für diese Leistungen?”.
Welche Rolle spielt die IT bei der Digitalisierung der Produkte?
Digitalisierung ist meist ein “fancy” Thema, jeder will mitmachen bei der Jagd um die Gimmicks. Man spricht oft von der neuen IT des Chief Digital Officers während der Chief Information Officer die alte “legacy” IT betreuen darf – 2Speed IT. So zumindest stellt sich die Situation in einigen Unternehmen dar.
Wenn dann aber die ersten digitalen Piloten und MVPs (Minimum Viable Products) durch sind und eine digitalisierte Lösung zur Marktreife gebracht wird, stellt man fest, dass man um Betriebsprozesse (z.B. nach ITIL), wie sie die IT schon lange lebt, nicht herumkommt. Nun kommt der CDO zum CIO und benötigt seine Unterstützung bei der Industrialisierung seines MVPs. Bei Burckhardt gehe ich als CDO nun zu mir selber als CIO 😊 Scherz beiseite, diese Doppelrolle als CDIO macht vieles einfacher, weil die “neuen digitalisierten” Produkte von Anfang an auch auf IT-Betriebsfähigkeit ausgerichtet werden. Integrierte Security, Überwachung, Lifecycle Management (Installation, Patching, Upgrading, Decommissioning etc.), Operations-Manual und Zertifizierung, Audits etc. sind für meine IT keine fremden Begriffe. Ich selbst habe keine 2Speed IT.
IT hat auch einen anderen Zugang zur ganzen Technologisierung, da sie ja seit mindestens 3 Jahrzehnten mit der Entwicklung und Anpassung der Digitalisierung konfrontiert ist. Einfache Beispiele sind die Entwicklung von MS-DOS zu Windows und die vielen Versionen, Updates etc. auf der Wegstrecke dahin. Und wenn es auch mal harzig war, aber man hat es halt doch gemacht, Migrieren, Installieren, Migrieren (bis auf wenige Ausnahmen wie z.B. Windows Vista). Die IT Kollegen können den Kollegen aus den anderen Abteilungen Hilfestellung bei der Strukturierung von Lösungen geben, z.B. Architektur, Betrieb, Dokumentation und damit viele Ängste und Vorbehalte aus dem Weg räumen.
Wo legen Sie Ihre Schwerpunkte? Wie gestalten Sie die Rolle als CIO?
Als CIO muss ich sicherstellen, dass diese Services professionell beim Kunden platziert und betrieben werden. Bei internen Nutzern ist das natürlich auch wichtig wobei sie sich eher mal entschuldigen können, aber beim externen Kunden wird höchste Verfügbarkeit und Professionalität verlangt. Software und IT-Hardware ist High-Tech und nicht nur Stahl. Den einen Schwerpunkt sehe ich beim Betrieb der Digitalen Produkte und den anderen bei der laufenden Weiterentwicklung dieser durch Analysen, Machine Learning, Wissensabbildung in Computersystemen etc.
Ein “Softfactor” der eigentlich wenig mit der Technik an sich zu tun hat, ist die Beratung der Management-Kollegen. Als CIO müssen sie mit verschiedenen Peers kommunizieren und angepasst die Digitalisierungsthemen vorantreiben. Funding, Riskmanagement z.B. mit dem CFO, Pricing und Product Development mit den Business Development Kollegen, Betriebsthemen mit Operations und Qualitymanagement.
Was sind Ihre 3 wichtigsten Tipps für Menschen, die sich eine Karriere als CIO vornehmen?
- Unternehmerisches Denken
beobachten Sie sich selbst bei ihren Entscheidungen. Entscheiden Sie als ob es um ihr eigenes Geld geht, oder “verwalten” Sie Geld anderer Leute? Abstand zu Themen haben, den Gesamtüberblick zu suchen und zu wahren.
- Flexibilität und ein gesundes Mass an Rastlosigkeit.
Sie sollten viel Energie und positive Thinking mitbringen – mich interessiert nicht warum etwas nicht geht, ich will wissen, was es braucht, dass es geht. Nicht vorschnell aufgeben sondern Dinge hinterfragen und alternative Lösungswege gehen. “Bundesbedenkenträger” sind keine guten CIOs
- Neugierde und der Anspruch zu Gestalten, die Initiative zu übernehmen
Das “I” in CIO steht für mich für Innovation, Inspiration, Initiative, Integration, Information, Identifikation – wenn Sie das nicht wollen, dann heisst CIO sehr schnell “Career Is Over”
Was bedeutet der Confare CIOAWARD für Sie persönlich?
Ich sehe den CIOAWARD als persönliche Motivation, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. Er ist auch eine Auszeichnung für das Unternehmen und das ganze Team für das Erzielte und ein Energieschub, das noch vor uns liegende Wegstück zu bewältigen.
Der CIOAWARD ist für Kollegen eine Inspiration, selber die Themen anzugehen und erfolgreich voranzutreiben, selbst wenn das Unternehmen etwas “traditioneller” ist. Eine Inspiration und Signalwirkung, wenn eine solche Auszeichnung an ein Unternehmen geht, das vor Jahren bezüglich digitale Transformation noch zu den “Last Followern” gehört hat und mittlerweile vorne mitgestaltet und lenkt. Toll wenn ein Unternehmen diesen Sprung schafft und dafür der CIO auch ausgezeichnet wird!
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Die IT hat eine entscheidende Rolle dabei, wenn es darum geht die unternehmerischen, gesellschaftlichen und technischen Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts erfolgreich zu bewältigen. Dementsprechend vielfältig sind die Anforderungen an den IT-Chef. Wir haben führende IT-Executives aus der Confare DACH IT-Community gefragt, welche Eigenschaften für den Erfolg als CIO in den kommenden 10 Jahren entscheidend sind.