Die Analysten von Gartner sehen es als Schlüsselaufgabe für das IT-Management, das eigene Ecosystem aufzubauen und weiter zu entwickeln. Dies spiegelt das Motto der Confare CIO Events 2018 wieder: Ecosystems.Create.Future.
Wir haben Michael Hoffmann aus dem Bereich CIO Advisory von EY gefragt, welche Ziele sich der CIO setzen sollte und woran man messen kann, dass man beim Aufbau des Ecosystems erfolgreich ist. Basis dafür ist die CIO Ecosystem Landkarte, die gemeinsam mit dem Confare CIO Think Tank erarbeitet wurde.
Wie kann sich ein CIO am besten auf die Bearbeitung seines Ecosystems vorbereiten? Welche Fähigkeiten sollte er mitbringen?
Reden, reden, reden! Nie war es wichtiger als jetzt, die Interessenslagen der Ecosystem-Partner zu verstehen und in die eigene Agenda einzubauen. Es geht nicht mehr nur um die reine Sammlung von Informationen (das übernehmen inzwischen die analytischen Plattformen), sondern um das Verstehen der Hintergründe und Ziele aller Beteiligten. Nur wer es versteht, die Ziele aller Partner mit den eigenen smart zu verknüpfen, schafft Mehrwert für alle und somit ein gemeinsames Ziel. Nach wie vor ist natürlich ein solides Verständnis der IT (zumindest auf strategischer Ebene) Grundvoraussetzung; in den Vordergrund gerückt ist aber inzwischen die Fähigkeit, die immer komplexer werdenden Zusammenhänge zielgruppengerecht transportieren zu können: Wieso macht es z.B. ggf. sehr wohl Sinn, sich seinem Mitbewerb zu öffnen und Kooperationen einzugehen? Diese Diskussionen kann ein CIO am authentischsten führen, da er gewohnt ist, in Partnerstrukturen zu denken und gemeinsame Ziele zu realisieren.
Hat man als CIO überhaupt den Spielraum so nach außen zu gehen?
Dies ist sehr stark abhängig von der Branche, der Unternehmensgröße und nicht zuletzt von der Unternehmenskultur: In manchen Bereichen ist ein externer Auftritt des CIO entweder überhaupt nicht denkbar oder zumindest nur in engster Vorabstimmung mit der Geschäftsführung oder der PR-Abteilung möglich. Aber selbst hier steht einer Intensivierung der Zusammenarbeit mit bereits existierenden Partnern (Lieferanten, Beratern, Dienstleistern) oder Hochschulen normalerweise nichts im Wege. Ziel ist es, den Druck der Innovation auf mehrere Schultern zu verteilen und die Stärken der Partner zu nutzen; dies muss nicht zwangsläufig mit absoluter Extrovertiertheit einhergehen: Bestehende Kooperationen ausbauen, neue Themen darin identifizieren und ggf. neue Partner an Bord holen. Die Schaffung einer Industrieplattform mit Marktbegleitern und Kunden muss nicht der erste Schritt sein 🙂
Wenn wir uns die CIO Ecosystem Landkarte anschauen, an welcher Ecke würdest Du CIOs empfehlen zu handeln? Wo ist am meisten Aufholbedarf? Wo ist am meisten zu holen?
Der schnellste Einstig in den Auf- und Ausbau des Ecosystems ist im Bereich der bereits bestehenden Kooperationen möglich: Technologiepartner, Forschungspartner, Lieferanten und Dienstleister. Hier gibt es ein oft über Jahre aufgebautes Vertrauen, das die Voraussetzung für gemeinsame Neuentwicklungen sein kann.
Der Bereich, der zugleich der sensibelste (und damit härteste) und der erfolgversprechendste sein kann ist indes der bisher nur selten genutzte Weg der Mitbewerbskooperation: Der inzwischen globale Markt ist so groß geworden, dass aus der „Competition“ eine gesunde „Coopetion“(siehe Barry J. Nalebuff, Adam M. Brandenburger: Co-opetition: Competitive and coorperative business strategies for the digital economy. In: Strategy & Leadership. Band25, Nr.6, 1997, S.28–33) werden kann. Auch hier gilt: Es geht nicht um das Teilen von sensiblen Daten, es geht vielmehr um das gegenseitige Verständnis, wie man gemeinsam ggf. mehr erreichen kann als alleine. Ein gutes Beispiel hierfür zeigt T-Systems mit der „Zero Outage“-Initiative, die Mitbewerber und Kunden von T-Systems an einen Tisch holt, um einen neuen Industriestandard zu schaffen.
Wieviel Zeit sollte Deiner Erfahrung nach ein IT-Manager in die Bearbeitung und Entwicklung seines Ecosystems stecken?
Mehr!
Natürlich werden wir alle kontinuierlich von unserem Tagesgeschäft eingeholt. Dennoch ist der Aufbau und die Pflege eines solchen Ecosystems ein strategisches Investment nicht nur in die Zukunft des Unternehmens sondern auch in die eigene. Der CIO als Dreh- und Angelpunkt eines solches Ecosystems baut sein eigenes Netzwerk aus und somit seine Marke. Oft ergeben sich hierdurch Möglichkeiten, neue Partner an Bord zu holen, die bislang nicht „am Radar“ waren.
Welche Werkzeuge gilt es zu nutzen?
Thema Kommunikation – Ein erfolgreiches Ecosystem funktioniert nur auf Basis von Vertrauen zwischen den handelnden Personen. Bei aller Innovations- und Digitalisierungseuphorie, die derzeit herrscht, mag dies ggf. über Videokonferenzen und Chat für manchen leicht aufbaubar sein, der „Durchschnittsmensch“ ist jedoch immer noch auf die „analoge“ Konversation und den Handschlag angewiesen. Gerade in der Initialisierungsphase einer neuen Zusammenarbeit kommt es tatsächlich auf den persönlichen Umgang miteinander an. Wenn das geschafft ist, steht einer Diskussion z.B. über Slack nichts mehr im Wege.
Thema Erfolgsmessung – Es klingt verführerisch: Möglichst viele unterschiedliche Partner zusammenbringen, viel Reden und schon hat man ein Ecosystem, das kontinuierlich Innovation ins Unternehmen bringt. Leider ist das jedoch nicht immer der unmittelbar vorherbestimmte Weg. Es ist wichtig, von Beginn an klare zeitliche Erwartungen zu artikulieren und gemeinsam zu verstehen, was den Erfolg der Zusammenarbeit ausmacht. Ist es der reine Informationsaustausch? Eine Forschungskooperation für neue Produkte? Gemeinsame Akquise neuer Kundengruppen? Nur wenn von dieser klar formulierten Vision („Vision of Success“) Ziele ableitbar und messbar sind, lässt sich die Sinnhaftigkeit dieser Kooperation auch innerhalb und außerhalb des eigenen Unternehmens klar artikulieren.
Welche Rolle spielt EY in diesem Ecosystem?
EY geht bereits seit vielen Jahren den Weg der Ökosysteme: In allen unseren Kundenprojekten sind wir bedacht darauf, die idealen Partner für unsere Kunden zusammenzubringen; weg vom reinen Lieferantenverhältnis, hin zum Partner, mit dem man gemeinsame Ziele zu erreichen versucht. EY selbst, mit dem Anspruch „Building a better working world“, arbeitet oft und gerne mit den unterschiedlichsten Unternehmen am Markt zusammen; mit Marktbegleitern genauso wie mit Kunden, die zu Partnern werden.
Innerhalb unseres Beratungsansatzes nutzen wir zahlreiche „Instrumente“ zur Schaffung solcher Ökosysteme: Wir sind einer der größten Startup-Berater und unterstützen diese bei der Skalierung, forschen gemeinsam mit Hochschulen auf der ganzen Welt und engagieren uns auf zahlreichen Plattformen, die Unternehmen und die Menschen dahinter zusammenbringt. Zuletzt haben wir z.B. für einen Kunden einen Accelerator aufgebaut, an welchem Startups aus der ganzen Welt zum Thema Agrarindustrie zusammenkommen und sich mit Endkunden und Partnern austauschen.
Wichtig hierbei ist, bei aller Agilität und Dynamik, dass auch ein solches Ökosystem einen strukturierten Managementprozess erfordert. Dieser muss genügend Freiraum bieten, um Innovation entstehen zu lassen, muss am Ende des Tages aber dennoch einen konkreten Mehrwert liefern.