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Im Sinne der Kinder: Wie Inklusion und Digitalisierung an Schulen Hand in Hand gehen

by Agnes Hartl

 OUT NOW im #ConfareBlog:
Im Sinne der Kinder: Wie Inklusion und Digitalisierung an Schulen Hand in Hand gehen

Ludmila Schindler ist Sonderpädagogin in (Mehrstufen-) Integrationsklassen (Mittelschulen, Volksschulen) und Initiatorin der Digitalen Förderinitiative „DigiFö“. Als Kuratorin unterstützt Ludmila die Confare Initiative LivinIT Young Perspectives, bei der Schüler*innen der Besuch des wichtigsten IT-Management-Treffpunkts Österreichs, des Confare #CIOSUMMIT ermöglicht wird.  

Im Interview erzählt Ludmila mehr über die Chancen und Herausforderungen im Zusammenhang mit Inklusion und Digitalisierung.

Mehr über die Initiatorin Ludmila Schindler erfahren Sie auch im BeBest! Junge Leaderinnen übernehmen die Weltfrauschaft on Apple Podcasts:

#35 wie sie die Lücke im Bildungssystem selber in die Hand genommen hat – mit Ludmila Schindler (DE) BeBest! Junge Leaderinnen übernehmen die Weltfrauschaft.

Ö1-Beiträge vom Mai 2024 über die Digitale Förderinitiative an inklusiven Schulen sind hier nachzuhören:

Öffentlich, sichtbar, inklusiv (3) | MI | 08 05 2024 | 9:05 – oe1.ORF.at

Inklusive digitale Förderung | DO | 02 05 2024 | 17:55 – oe1.ORF.at

Melanie Vacha - Eventmanager Confare GmbH

Anmeldung für Livin IT Young Perspectives:

Wenden Sie sich einfach per Mail an Melanie Vacha: melanie.vacha@confare.at

Als Initiatorin der Digitalen Förderinitiative „DigiFö“ und Sonderpädagogin, hast du zu Beginn der Coronapandemie deine gesponserten „DigiFö-Computerförderkurse“ auch an Inklusiven Schulen (Sonderschulen) für Schüler:innen angeboten. Also während einer Zeit, in der die Schulen unter ungewöhnlichen Umständen arbeiteten. Welche Erfahrungen hast du dabei gemacht?

Die Coronakrise zwang das Schulsystem sich auf digitale Lehr-Lern-Formate umzustellen und auf „Homeschooling“, was natürlich die Grenzen, aber auch die Möglichkeiten der Digitalisierung sichtbar machte.

Während der COVID-Pandemie wurde deutlich, dass Menschen mit Behinderungen am wenigsten von allen vom Fernunterricht profitiert haben. Nach wie vor braucht es für die Umsetzung inklusiven Unterrichts bestimmte Rahmenbedingungen, um auf Heterogenität der Schüler*innen eine reagieren zu können.

Ähnlich verhält es sich mit der Digitalisierung, die auf personelle und finanzielle Ressourcen angewiesen ist. 

Schüler*innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) oder SEF – Lehrplan für Schüler:innen mit schweren Behinderungen/Beeinträchtigungen können folgende Einschränkungen aufweisen: Lern- und Entwicklungsstörungen (Lern- und Sprachbehinderung, Verhaltensprobleme), Kognitive und/oder körperliche Behinderung, Hör- und/oder Sehschädigung und Autismus Spektrum Störung.

Am 16. Oktober 2020 startete der erste Computerförderkurs mit Schüler:innen einer dritten Integrationsklasse (7. Schulstufe) in einer Mittelschule im 10. Bezirk. Ein digitaler Leitfaden wurde erstellt. Dieser enthielt die Einführung in WORD, PPP, Excel, Hardware, Software, das 10-Finger-System, Internetrecherche, Passwörtersicherheit u.v.m. Meine Kollegin Nina Klima (Sportwissenschafterin und Englischlehrerin) erklärte sich bereit, diesen Kurs durchzuführen. Der Sponsor war der Verein SPRINGBOARD – Verein zur Förderung von Talenten.

Am Kurs nahmen 10 Schüler:innen teil, darunter auch fünf Schüler:innen mit verschiedenen Diagnosen. Eine Schülerin war ein sogenanntes „Schmetterlingskind“, eine andere hatte eine spastische Lähmung des linken Armes, ein Junge war nach Hüftoperationen und einer frühkindlichen Hirnblutung, ein Mädchen mit einer ADHS – Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung und nach mehreren Hauttransplantationen und ein Schüler mit einer kognitiven Lernbeeinträchtigung.

Der Kurs dauerte aufgrund der coronabedingten Schulschließungen und damit zusammenhängenden Unterricht in distance learning bis Mai 2021 und wurde alle zwei Wochen mit der halben Gruppe durchgeführt.

Diese erfolgreiche Premiere bestätigte mich als Projektkoordinatorin gemeinsam mit dem Projektleiter, dem ehemaligen Landesschulinspektor Mag. Dr. Wolfgang Gröpel  in der Fortsetzung der DigiFö-Computerförderkurse nicht nur an Mittelschulen in Integrationsklassen ab der 5. Schulstufe, sondern auch an Inklusiven Schulen ab Februar 2021.

Die österreichweit erste Inklusive Schule mit einem gesponserten Computerförderkurs war das Schulzentrum für den Fachbereich Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik Kröllgasse im 15. Bezirk der Stadt Wien. Diesen ersten Kurs leitete die Sonderpädagogin Eva Oplatek mit 10 Schüler:innen im Alter zwischen 13 und 15 Jahren Drei Mädchen und sieben Buben mit Diagnosen wie Lernbehinderung, Autismus Spektrum und ADHS nahmen teil.

Der zweite Kurs fand (12. Oktober 2021 bis 25. Jänner 2022) mit zwei Sonderpädagog:innen und neun Schüler:innen mit einer schweren Behinderung der Schulstufe 4,6,7,8 statt. Für diese Zielgruppe dauerte eine Kurseinheit nicht 90 Minuten, sondern 50 Minuten und wurde mit Laptops mit Touchscreen durchgeführt. Auch schuleigene Padlet Plattform und Sprachaufzeichnungen kamen zur Anwendung.

Wie ist der Einsatz von digitalen Medien im inklusiven Unterricht umsetzbar?

Diese Frage stellt sich insbesondere im inklusiven Unterricht.

In vielen Fällen ermöglicht der Einsatz digitaler Medien die Umsetzung der notwendigen Darstellungsvarianten, aber auch die Wahlmöglichkeiten und Gestaltungsalternativen.

Aufgrund unserer Erfahrung tauchte bei den Kursleiter*innen während ihrer Vorbereitungsarbeiten eines DigiFö-Computerförderunterrichtskonzeptes an ihrem Schulstandort nicht die Frage auf, ob digitale Medien eingesetzt werden sollen, sondern wie dies erfolgen kann. Die Umsetzung setzt also eine gelungene Planung voraus, denn der Einsatz digitaler Medien muss auch im inklusiven Unterricht aufgrund seines konkreten didaktischen Nutzens kritisch für den einzelnen Anwendungsfall hinterfragt werden.

Kinder, die nach einem Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule unterrichtet werden, haben genauso ihre Stärken und Schwächen wie andere Kinder auch. Betreffend die Lehrpläne der Sonderschulen, nach denen die Kinder und Jugendlichen unterrichtet werden, gilt es zu unterscheiden zwischen einem sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) und einem erhöhtem Bedarf (SEF) nach dem die Kinder unterrichtet und gefördert werden. Der SEF ist der Lehrplan für Kinder mit einer schweren Behinderung.

In jedem Fall hat man sich an den vorhandenen und nicht an den fehlenden Voraussetzungen der Kinder zu orientieren. Und an individuellen Einzelzielen.

Im Vordergrund stehen das Erfahren, Erleben und Entfalten, aber auch das Auseinandersetzen mit der Gemeinschaft und der Umwelt. Dies betrifft auch die digitalen Medien, die nun auch in Inklusiven Schulen eine große, wenn nicht sogar die bedeutendste Rolle bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit verschiedenen Diagnosen spielen.

Je nach dem Wissensstand, die Pädagog:innen in der inklusionsbezogenen Lehramtsausbildung kennengelernt haben, experimentieren sie mit verschiedenen digitalen Formaten für den inklusiven Unterricht.  Das ist ein dynamischer Prozess, da es sich um die Erstellung und Anpassung der Materialien handelt, die der jeweiligen Schüler:innengruppe dienen sollen.

Im Fokus steht immer der fach- und mediendidaktisch sinnvolle Einsatz digitaler Medien für Schüler:innen mit unterschiedlichen Voraussetzungen, die Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben, Sehen oder Hören oder körperliche Beeinträchtigungen haben.

Die grundlegende pädagogische Idee eines Adaptiven Unterricht (AU) bringt die Inhalte, Methoden, Medien und Arbeitsweisen, die von der Pädagog:innen in differenzierter Weise an die individuellen und sehr unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schüler:innen angepasst werden zur Geltung. Dabei ist das Ziel, das Lernengagement und die Lernmotivation zu fördern.

Zum Erreichen der Ziele folgt UDL drei zentralen Grundprinzipien, aus denen sich „konkrete Handlungsprämissen für den Einsatz digitaler Medien im Kontext von Inklusion ziehen“ lassen, eines multiplen Angebots.

 Der Einsatz von Assistiven Technologien (AT), auch oft Unterstützungstechnologie genannt, wird dann notwendig, wenn individuelle Anforderungen den Zugang zu digitalen Medien erschweren oder verhindern. Assistive Technologien gehören zur Barrierefreiheit in der Informatik und unterstützen Menschen mit Behinderungen bei der Bedienung von Computern, Laptops, Tablets, Ipads und Mobiltelefonen. Es handelt sich um technische Hilfsmittel, die der Kompensation von körperlichen sowie kognitiven Einschränkungen dienen und die z.B. auch im medizinisch-rehabilitativen Bereich zum Einsatz kommen.

AT bezieht sich auf speziell entwickelte Hard- und Software zur barrierefreien Nutzung von Informationstechnologien (Bsp: Screenreader, Vergrößerungs- oder Spracheingabesoftware) und bieten ein hohes Potenzial für den unterstützenden Einsatz digitaler Medien im inklusiven Unterricht.

Unterstützend einsetzbar sind sogenannte „Bordwerkzeuge“ wie Icons, Bildschirmlupen für Menschen mit einer Sehbehinderung oder Spracherkennung – und ausgabe in Digitalen Medien wie Smartphones und Tablets sowie eine große Auswahl an spezieller Softwaretools und Apps die bei einer oder mehreren spezifischen Einschränkungen eingesetzt werden. Die in Smartphones, Tablets und Notebooks enthaltenen AT-Funktionalitäten haben den Vorteil, dass sie mittlerweile zur Standausstattung gehören. Durch spezifische Software und Apps können sie ohne großen Aufwand gezielt funktional erweitert werden.

Wie gut ist der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) in der Sonderpädagogik erforscht?

Der Einsatz von ICT ist spätestens seit der weltweiten Coronapandemie hinsichtlich Partizipation und Lernerfolg wie auch bezüglich multiprofessioneller Zusammenarbeit auch für die Sonderpädagogik bedeutsam geworden. Aus Studien zum Einsatz von ICT in der Sonderpädagogik fanden sich 18 Artikeln, die von einer systematischen Datenbankrecherche aufgelistet wurden. Als häufigste Nutzungsart digitaler Medien im inklusiven Unterricht wird die Unterstützung für das Lesen und Schreiben genannt.

Für den Zeitraum 2008 bis 2012 wurden insgesamt 26 Arbeiten herausgefiltert. Dreiviertel dieser Studien beschäftigte sich mit der Wirksamkeitsevaluation von elektronischen Lernhilfen zum Sprechen, Lesen und Schreiben sowie zum Rechnen.  Die Effektivität dieser Technologien mittels experimentellen Designs wurde in 12 Studien überprüft. Dabei konnten in zehn Studien positiver Effekt nachgewiesen werden konnte. Die meisten Studien betrafen die Arbeit mit Kindern mit Lernschwierigkeiten, an zweiter Stelle von geistigen Behinderungen und sozial-emotionalen Beeinträchtigungen. Am wenigsten die Bereiche der Körper- und Sinnesbeeinträchtigungen (Seh- und Hörbeeinträchtigung).

Das Wissen der schulischen HeilpädagogInnen wird dabei als eine zentrale Herausforderung angegeben. Die Anwendung und der Diskurs über ICT im Bereich der Sonderpädagogik ist laut den Autoren nur wenig verbreitet und es finden sich wenige Studien, die sich mit ICT in der Sonderpädagogik beschäftigen.

Autoren wie Lidström und Hemmingsson (2014) fanden 32 Artikeln für den Zeitraum 2000 bis 2012, die sich mit dem Einsatz von ICT im Bereich der Sehbeeinträchtigung beschäftigen, davon 16 Interventionsstudien. Als „besonders nützlich scheinen ICT für das Schreiben, die Rechtschreibung und die Kommunikation zu sein“, hierbei profitieren vom Einsatz von ICT die betroffenen Schüler*innen „unabhängig von der Art der Technik“.

Das „Potenzial von ICT gestützten Lernen für den Inklusionsprozess von Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ sei nicht ausreichend untersucht worden, wurde in einer systematischen Überblicksarbeit von Starcic und Bagon (2014) festgestellt.  Sie gingen der Frage nach, „welche Forschungsthemen zum ICT gestützten Lernen von Schüler*innen mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in den Jahren 1970 bis 2011 publiziert wurden“. Von 118 Arbeiten war ca. die Hälfte nach 2006 publiziert, dabei war das häufigste Thema „die Nutzung von ICT zur Unterstützung von Kindern mit Lernschwierigkeiten“.

Aus den bisher vorliegenden Studienanalysen kann jedoch zusammenfassend gesagt werden, „dass der Einsatz von ICT den Lernerfolg und ebenfalls den Grad der Inklusion von Schüler*innen mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung fördern kann“, auch wenn die „genauen Wirkmechanismen noch weitgehend unklar“ sind.  Damit ist gemeint, dass noch nicht genau gesagt werden kann, „wie ICT am effektivsten eingesetzt werden kann“.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine inklusive, problemspezifische Nutzung dann möglich wird, wen bei der Lehrperson, der Heilpädagogin bzw. dem Heilpädagogen auf die Kombination von drei Wissensbereichen zurückgegriffen werden kann: ICT-Wissen, behinderungspezifisches Wissen und (Inklusions-)didaktisches Wissen.

Der Faktor (Inklusions-)didaktisches Wissen ist am wenigsten erforscht, was als wichtiger Hinweis für zukünftige Forschung erwähnt wird.

Am 27. November 2021 fand die Tagung „ICT in der Heilpädagogik“ statt und konnte die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von ICT in der Heilpädagogik zeigen. So können auf einem Tablet Inhalte optisch vergrößert werden, Texte, die man sich vorlesen lassen kann, Hyperlinks zu Worterklärungen, zu Bildern oder zu weiterführenden multimedialen Inhalten sind vorhanden.

Durch das Automatisieren und Üben mithilfe von Apps kann auch die Förderung optimiert werden. Für Kinder mit Lernproblemen erhöht die Möglichkeit von akustischen und visuellen Belohnungssystemen die Motivation, sich länger und intensiver mit dem Lerngegenstand auseinanderzusetzen. Dies ist z.B. mit dem didaktischen Konzept „Flipped Classroom“, welches die Schüler*innen in ihrem individuellen Tempo lernen und dabei beliebig oft Erklärvideos anschauen lässt.

Literaturhinweis: Digitale Medien und assistive Technologien richtig einsetzen. (2024). Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik, Zürich. www.hfh.ch

Wie ist die Einstellung der Schüler:innen zur digitalen Förderung im DigiFö-Kurs gewesen?

Kinder sind grundsätzlich motiviert, wenn sie ein digitales Gerät in die Hand bekommen. Die erste Reaktion war: ‘Darf ich ein Musikvideo anschauen?’
Mit welcher Erwartung die Kinder in diesen Kurs gekommen sind, kann ich leider nicht beantworten. Da die Kommunikationsfähigkeit hier eingeschränkt ist. Gefühle, Erwartungen zu artikulieren lernen, ist Teil der täglichen Aufgabe. Grundsätzlich waren sie sehr neugierig und offen, was denn da auf sie zukommt. Die Beschäftigung mit Alltagsdingen (in unserem Fall: Internet/Internetsicherheit) aus der Lebenswelt der Kinder war vielleicht das Geheimrezept der Motivation bei den Schüler:innen an diesem Kurs mitzuwirken.

Welche Vorkenntnisse hatten die Schüler:innen?

Sie wussten wo YouTube zu finden ist, Laut- und Leiser drehen ging, also Lautstärke verändern, installierte Spiele aktivieren ging auch.

Welche Themen konnten mit dieser Zielgruppe umgesetzt werden?

Bei der Auswahl der Themen machten bei den Schüler:innen mit SEF-LEHRPLAN die Office Programme nicht das Rennen. Sprich: Word, Excel usw. wurden nicht behandelt.
Es macht einfach keinen Sinn, Kinder, die zum Teil wenige Buchstaben auseinanderhalten können, ein Textverarbeitungsprogramm oder Tabellenverarbeitungsprogramm näherzubringen.
Was aber nicht heißen soll, dass sie nicht lernen ihren Namen zu schreiben. Im Padlet zum Beispiel mussten sie ihren Namen zu ihrem Portraitfoto schreiben, mit Hilfe gelang dieses auch.

Die Themenbereiche waren Steckbriefe anfertigen mit dem Thema „Das bin ich“, Gefühlskärtchen zum Thema „So fühle ich mich“, Profilfotos, Wetter, virtuelle Tiere, papercrafts, virtuelles Feuerwerk, bunte Vielfalt in Musik. Apps, die zur Anwendung kamen: Kamera App, Pic Collage, ChatterPiix (Wetter app), ARLOOPA (für Augmented Reality), Quiver, Musik.Lab, Homepage Paper.Me.

Die Grenze in diesem Kurs bei den typischen Themen wie: Internetrecherche oder Fake News, Ordnersysteme anlegen oder Erstellen einer PowerPoint-Präsentation ist natürlich gegeben.

Die Inhalte wurden eher in die Richtung ausgewählt.

Was können sie brauchen, wenn sie uns und die Schule Ende des Jahres verlassen?

Somit wurden folgende Themen behandelt:

E-Mail schreiben (Krankmeldung an den Chef, Termine vereinbaren), Ordnersystem (System für den eigenen Gebrauch organisieren können), 10 Fingersystem, Fake News (kritischer Blick auf die Medien – auch Printmedien), Copyright (unsere Schüler*innen posten und streamen gerne, sie sollten ungefähr wissen, was erlaubt ist), Suchmaschinen (und seine Alternativen), Passwortsicherheit und Phishing Mails, Grundbegriffe Hardware, Software, Betriebssystem.

Mit welchen Herausforderungen ist man bei der Vermittlung digitaler Kompetenzen mit dieser Zielgruppe konfrontiert?

Unsere Kinder mit SEF-Lehrplan stehen am Anfang ihres Schriftspracherwerbs. Die Sinnhaftigkeit und Motivation weiter Lesen und Schreiben zu lernen, kann durch den Umgang mit Tablets auf jeden Fall weiter angestoßen werden. Das Lesen von Befehlen oder das Erkennen der richtigen Anwendungen wurde meist durch Farben unterstützt. Die sprachliche Barriere ist oft unser Hindernis bei dieser Zielgruppe. Die Anweisung: Alle drücken auf ‘Start’ kam in unserem Kurs selten vor. Eher die Anweisung: Alle finden das ‘rote Feld’. Diese Situationen sind täglich und oftmals in einer Stunde mehrmals (unabhängig von DigiFö-Computerförderkursen). Der Einsatz digitaler Medien im Unterricht schult die Fähigkeit des Pädagog:innen didaktisch und methodisch umzudenken!  Denn manchmal verstehen die Kinder eben vieles nicht. Es fehlt an Vokabeln, die für uns selbstverständlich sind! Deshalb ist: Grundbegriffe klären so wichtig. Denn die einfachsten Dinge könnten schon eine Schwierigkeit darstellen.

Bei einem DigiFö – Computerförderkurs stoßen die Sonderpädagog:innen recht schnell an die Grenze. Nehmen wir das Beispiel zum Thema „Wetter“:

Die einfache Frage: Schaut mal aus dem Fenster: Wie ist das Wetter heute?  War für einen großen Teil schon eine Überforderung. Da galt es schnell einen Ausweg finden. Die mitgebrachten Wettersymbole waren zwar toll – doch es fehlten die Worte zu den Wetterphänomenen (die Kinder sind 11 – 15 Jahre alt).

Selbst mit dem Behandeln und Durchmachen der Themen ist es mit 1 – 2x – 5x nicht getan.  Es braucht die Wiederholung von Wochen bis hin Monaten! Die Ernüchterung ist dann oft, sie haben es bis nach den Semesterferien nicht gemerkt … da ist echt das Geschick des gesamten Teams gefragt, die sich tagtäglich bemühen einen Grundstock aufzubauen.

Was brachte ein zehnwöchiger Computerförderkurs für Schüler:innen mit SEF?

Wir haben beim zweiten Kurs die Zeit reduziert, auf eine Unterrichtsstunde (50Min)
– Kinder können selbstständig das Tablet starten
– Kinder können selbstständig das Tablet mit dem WLAN-Hotspot der Schule verbinden
– Kinder können die Kamerafunktion selbstständig starten, zwischen Front – und Backkamera wechseln und fotografieren
– Kinder können die aufgenommenen Fotos bearbeiten, versenden, weiter bearbeiten.
– Kinder können Wetterabfragen durchführen.
– Kinder können Anwendungen, wie: Sprachnotiz speichern, malen am Tablet, integrieren eines Selfies ausführen
– Kinder können vorbereitete Links aktivieren
– Kinder beherrschen einen sicheren Umgang mit elektronischen Geräten: saubere Hände, keine Flüssigkeiten oder Essen in die Nähe kommen lassen, richtige Laderoutine.
– Kinder können ihre fertigen Aufgaben speichern und auf der Cloud besichtigen
– Kinder können ihrer Fantasie mit verschiedenen Anwendungen

Welche Inhalte kamen bei den Mädchen am besten an?

Die Mädchen waren bei allen Inhalten und Anwendungen interessiert dabei.

Besonders vertraut schien ihnen das Aufnehmen von Selfies.
Zu den Inhalten: Um dem Modell der 4K-Kompetenzen (kritisches Denken, Reaktivität, Kommunikation und Kollaboration) gerecht zu werden, entschied sich die Sonderpädagogin für den Bereich der Kreativität. Daraus resultierend erschien ihr die Durchführung mit Tablet als Endgerät vorteilhafter. Erstens, weil viele Kinder selbst kein Standgerät oder keinen Laptop besitzen, eher ein Tablet. Und Zweitens, weil die Anwendung viel intuitiver gestaltet werden kann und dem vertrauten Smartphone gleicht.

Sind 90 Minuten für digitale Förderung ausreichend?

Die Sonderpädagogin, die den Kurs hielt, stellte fest: Beim ersten Kurs mit den Kindern mit SPF war 90 Minuten super!  Ein spielerischer Ausklang der Einheit gehört auch dazu. Bei den SEF-Kindern wäre es zu viel gewesen. Da waren 50 Minuten gerade richtig. Man merkt es, wenn die Kinder unkonzentriert werden, wenn sie kommunizieren, dass sie genug hätten und gerne wieder in ihre Klasse gehen wollen. Wenn sie Youtube aktivieren und sich zurückziehen wollen. Doch mit den 50 Minuten war die Zeit gerade richtig bemessen.

Was ist euch sonst aufgefallen? Was habt ihr als PädagogInnen beobachtet? Welche Erkenntnisse zieht ihr aus eurer Sicht aus dieser neuen Erfahrung als „Lehrer für digitale Frühförderung“ an Volks-Mittelschulen und in Inklusiven Schulen?

Um die Sonderpädagogin Eva Oplatek zu zitieren:

„Ein innovativer Unterricht – die Verwendung von mobilen Endgeräten, ist aus unserem Unterricht nicht mehr wegzudenken. Es ist ein Hineinwachsen aller Beteiligten in die Digitalität des Unterrichts.
Eines meiner innigsten Anliegen ist; dass digitale Endgeräte keine Babysitter/Kindersitter sind, dass Kinder lernen, einem Tablet, einem Laptop, ihrem Smartphone mehr abgewinnen können, als sich von unzähligen Clips berieseln zu lassen. Durch den kreativen Umgang im Unterricht, soll ihnen die Welt eröffnet werden, die sie selbst zum Gestalter und Benutzer dieser Geräte werden lassen.
Weiters: Das Internet selbst ist kein Spielplatz – leider wird es oft als solcher verkannt.
Es liegt an uns Pädagoginnen und Pädagogen, unsere Kinder auf diese digitale Welt mit all’ ihren Möglichkeiten, aber auch ihren Tücken vorzubereiten“.

Was gefällt den Pädagog:innen am DigiFö-Computerförderkurs am meisten? 

Dass die Organisation im Vorhinein unkompliziert ist, den Kursleiter:innen zwar Vorschläge der Umsetzung gemacht werden, jedoch die Freiheit eingeräumt wird, selbst für seine Schüler:innen passende Themen der digitalen Grundbildung umzusetzen.

Dass die Pädagog:innen auch digitale Themen angehen konnten, die sich mit lebensrelevanten Themen wie Fake News oder Sicherheit und Gefahren im Internet befassen. Dieses Argument wurde im jetzt laufenden DigiFö-Kurs von der Sonderpädagogin Katharina Battisti erwähnt. Sie probierte auch mit ihrer „Familienklasse“ mit Schüler:innen im Volksschulalter den Schwerpunkt „Stop Motion Filme“ aus und war begeistert, wie motiviert die Kinder an die Sache herangingen.

Wie schaut die weitere Schullaufbahn der Schüler:innen nach dem Schulbesuch im Schulzentrum aus?

Einige besuchen einen Berufsvorbereitungslehrgang (BVL), einige den Aufbaulehrgang, um den Mittelschulabschluss extern zu machen, die meisten benötigen einen geschützten Platz in einer Werkstatt (schwierig zu ergattern!), einige beginnen eine verlängerte Lehre.

Inwieweit können die Kinder das bisher Gelernte noch für sich nutzen? In einer weiterführenden Schule? In einer berufsbildenden Schule?

Vom vergangenen Kurs mit Schüler:innen, die nach dem ASO- und SPF-Lehrplan unterrichtet werden, besuchen nun drei den Aufbaulehrgang, um den Mittelschulabschluss zu machen. Diese Kinder können ihre, über die Jahre gesammelten Fähigkeiten hoffentlich etwas nutzen.

Wie kam dieses exklusive digitale Förderangebot bei den Eltern an?

Die Eltern der teilnehmenden Kinder mit SPF, besonders derjenigen, die Dank unserer Sponsoren wie der Firma TTTech einen Computer vor Beginn des ersten Kurses geschenkt bekommen hatten, waren ausnehmend stolz auf ihr Kind.
Sie empfanden es als große Auszeichnung, hier ausgewählt worden zu sein!

Zur besseren Lesbarkeit dieses Blogartikels verwenden wir das generische Maskulinum. Die in diesem Blogartikel verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.

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