Orsolya Nemeth von Sparx Services Central Europe ist eine der führenden Expertinnen, wenn es um Enterprise Architecture Management geht und hat bereits zahlreiche erfolgreiche Projekte bei internationalen Unternehmen begleitet.
In Vorbereitung des Confare Factsheets ENTERPRISE ARCHITECTURE MANAGEMENT erzählt uns Orsolya, warum gerade jetzt EAM so eine wichtige Disziplin ist.
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Wie sehen Ihre Erwartungshaltungen an das EAM aus? Was bringt EAM in der Praxis?
EAM ist nicht mehr wegzudenken. Ich möchte mich bewusst etwas weiter aus dem Fenster lehnen: EAM selbst wird zum Standard, wenn es um komplexe Sachverhalte geht und darum Verständnis über Zusammenhänge zu erlangen um Cross-Layer Entscheidungen treffen zu können bzw. eine Single Source of Truth zu erreichen.
Es geht auch um Governance: Sicherheit, Reliability. EAM lernt dazu, denn jede Industrie hat eigene Herausforderungen, Bedürfnisse und Prioritäten. Wir werden immer exakter definieren können, was der gegenwärtige Schwerpunkt unserer Unternehmung ist (zum Beispiel: Strategie, Produkte, Services, etc.).
Die Covid-Krise hat viel verändert – Die Analysten von Gartner sind der Ansicht die Bedeutung des EAM sei dadurch deutlich gestiegen? Sehen Sie das ebenfalls so?
Ja, definitiv. Wir haben in den letzten Monaten ein zunehmendes Interesse rund um das Thema EAM feststellen können. Nicht nur Unternehmen, sondern auch staatliche Organisationen und NGOs wollen ihren Unternehmensarchitekturen visualisieren und Szenarien bzw. Impactanalysen erstellen. Diese sollen Informationen darüber liefern, wie sich die Krise sowohl kurzfristig als auch langfristig auf die Unternehmung auswirkt. So kann bewertet werden, welcher Bereich des Unternehmens betroffen ist und in welchem Ausmaß – dafür braucht es EAM. Eine informierte Analyse hilft dabei motivierte Entscheidungen zu treffen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Wie wichtig ist EAM wenn es um die Digitale Transformation des Unternehmens geht?
Enterprise Architecture Management-Modelle und die digitale Transformation gehen nicht nur Hand in Hand, durch EAM ist eine wirksame und nachhaltige digitale Transformation überhaupt erst möglich. Hier geht es um die Richtigkeit des Ansatzes und die Wirksamkeit des Werkzeugs. Strategie- und Modellierungs-Standards und das entsprechende „Tooling“ helfen Unternehmen dabei, nicht nur ihre Transformation ordnungsgemäß zu planen, zu gestalten und schlussendlich umzusetzen, sondern am Weg auch die effiziente Kommunikation, zuverlässige Nachvollziehbarkeit und erhöhte Sicherheit zu gewährleisten.
In welcher Form spielt Enterprise Architecture Management in Ihrer Organisation eine Rolle und wie ist es organisatorisch verankert?
Wir bei Sparx Services beschäftigen uns mit der Planung, Gestaltung und Umsetzung von treibendem EAM, dabei unterstützen wir große Organisationen in verschiedensten Branchen mit unserem hoch performanten Tool „Enterprise Architect“ um dynamische Unternehmens-, Strategie- und Lösungsarchitekturen abzubilden und diese in weiterer Folge zu validieren. So wird das EAM immer effektiver betrieben.
Welche Rollenbilder und Aufgaben gibt es rund um Enterprise Architecture Management?
EAM umfasst Aktivitäten für den Entwurf und die Ausführung der Unternehmensarchitektur, die eine ganzheitliche Sicht auf die Organisation bereitstellt. Dazu muss EAM in der Lage sein, den Rahmen zu bieten, in dem die strategischen, konzeptionellen und organisatorischen Prinzipien, Methoden und Ziele definiert und verifiziert werden können, und sich auch weiterentwickeln können.
Als solche müssen Enterprise Architecture Manager ein klares Mandat von der Geschäftsleitung haben, um zwischen den verschiedenen Strategie-, Geschäfts- und Technologieebenen innerhalb der Organisation zu interagieren, um die Architektur zu verwalten. Um die größtmögliche Effizienz in den gegenseitigen Abhängigkeiten zu gewährleisten, um ein klares Bild von der Gestaltung und Umsetzung der Unternehmensziele zu vermitteln, ist es umgekehrt wichtig, dass der Enterprise Architect keine Entscheidungen hinsichtlich der Umsetzung der Unternehmensstrategie treffen muss. Der entscheidende Beitrag von EAM ist ein Raum in dem sich die Stakeholder auf eine „Single Source of Truth“ für die Kommunikation und Vermittlung verlassen können – insbesondere zwischen den Geschäfts- und IT-Abteilungen – um bessere und fundiertere Entscheidungen zu gewährleisten.
Was macht einen Enterprise Architekten aus? Welche Fähigkeiten muss er mitbringen? Welches Know-how ist entscheidend?
Der Enterprise Architekt hat tiefgreifende Kenntnisse und Verständnis von Unternehmensarchitektur, Anforderungsmanagement und Firmenpolitik sowie -verfahren. Er liefert und kommuniziert empfohlene Architekturstrategien und langfristige Technologie-Roadmaps, um Investitionsentscheidungen zu motivieren, Standardtechnologien zu identifizieren und sie angemessen auf das Technologie-Referenzmodell abzubilden.
EA-Governance ist ein wichtiger Teil der EA-Funktionen: sie legt architekturbezogene Richtlinien, Standards und Verfahren fest und führt Designprüfungen und -genehmigungen durch. EA prüft und genehmigt auch die Verwendung von Nicht-Standard-Technologien und erfasst, überprüft und überwacht technische Schulden auf Unternehmensebene. Zu den funktionalen Verantwortlichkeiten für diese Position gehören: Beaufsichtigung des Vorstands und anderer Gremien, strategische Planung und Implementierung, Projektmanagement, Identifizierung von Standardtechnologien und deren angemessene Zuordnung zum Technologie-Referenzmodell. Der Enterprise Architecture Manager unterstützt das Delegieren von Aufgaben und die Festlegung von Fristen, die Berichterstattung über Entwicklungen an den Kunden und die Sicherstellung, dass das Team die strategische Mission versteht. Außerdem ist er verantwortlich für das strategische, taktische und operative Management und die Ausführung aller Aspekte des Kundenauftrags gemäß der Methodik und Managementpraktiken der Organisation. Der Enterprise Architecture Manager kommuniziert effektiv mit verschiedenen Führungskräften in Bezug auf Risikominderung und Notfallplanung, und muss ganz nebenbei ein ausgewiesener Senior-Problemlöser sein und Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in der CIO-Support-Beratung und der Kommunikation mit wichtigen Interessengruppen aufweisen.
Was sind die schlimmsten Fehler und Missverständnisse, wenn es um Enterprise Architecture Management geht und wie kann man sie vermeiden?
Wichtig ist, dass wir alle begreifen, dass EAM kein Projekt ist mit einem Start und einem Ende, sondern viel mehr ein Weg bzw. eine Richtung die Unternehmen in der heutigen Digitalen Ära schon längst eingeschlagen haben. Es geht nicht mehr um die Frage ob man EAM betreiben will. Es geht um die Ist- und Soll-Architekturen und wie Unternehmen ihre Roadmaps so gestalten, dass diese zu ihrer Zielarchitektur führen. Roadmaps sind immer dynamisch und nicht in Stein gemeißelt! Ich sehe da folgende markante Faktoren die zusammenspielen müssen: Kommunikation, Fachwissen, Methodik, Erfahrung und Toolwissen.
Welchen Impact hat EAM auf die Kommunikation in und über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinaus?
Pragmatische Antwort: Einheitlichkeit, Kontinuität, Transparenz. Tatsächlich ist es so, dass wir in unserem Arbeitsalltag alle möglichen Kommunikationsmittel (Email, Word, PowerPoint, usw.) verwenden, doch keine funktioniert einwandfrei bzw. greifen diese beliebten Mittel selten ineinander. Vor allem wenn es um komplexere Inhalte geht, soll ein zentrales Enterprise Architecture Modell ein Kommunikations-Katalysator sein. Aus diesem Grund bin ich eine Verfechterin von „Views und Viewpoints“– Modellen, siehe hier.