#ConfareBlog – Digitale Förderung im Klassenzimmer sucht Unterstützer:
Wie Ludmilla Schindler Schüler*innen die Welt von Digitalisierung und IT eröffnet
Unter dem Motto „Livin IT Young Perspectives” lädt Confare Schüler zum wichtigsten IT-Management Treffen Österreichs ein, dem Confare #CIOSUMMIT. In einem, eigens für sie konzipierten Programm, lernen die Schüler Top-Manager kennen und erleben in Workshops was es heißt, in der Unternehmens-IT zu arbeiten. Im Zuge der Konzeption hatten wir Gelegenheit Ludmilla Schindler kennenzulernen. Ludmilla hat es sich zu Beginn der Coronakrise vorgenommen, Schüler*innen die Welt der Digitalisierung näher zu bringen, Möglichkeiten aufzuzeigen und für die Welt der IT zu begeistern.
Gegen die klassischen Hürden der Schul-Bürokratie hat sie mit DigiFö ein Angebot geschaffen, das Jahr für Jahr mehr Klassen, Lehrer und Schüler nutzen. Nun hat die österreichische IT Gelegenheit zu unterstützen. Im Bloginterview verrät Ludmilla mehr über die Initiative und wie Unternehmen zum Beispiel mit Laptop-Spenden und Kursfinanzierung dazu beitragen können. Weitere Infos gibt es in der DigiFö FB Seite.
Teil 1 des Interviews befasst sich mit den Bedürfnissen von Schüler*innen und warum es jetzt wichtig ist, Fähigkeiten in den Bereichen IT und Digitalisierung schon früher zu fördern. In Teil 2 können Sie lesen, wie Unternehmen von der Digitalen Schüler-Förderung profitieren und was sie dazu beitragen können.
Wie bist Du auf die Idee für DigiFö gekommen?
Im Rahmen einer spontan einberufenen „Laptop-Challenge“ im Mai 2020 von Dr. Robin Lumsden bekam ich für meine SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf drei Laptops, die ich ihnen schenken konnte, damit sie im Home Office zu Beginn der Coronakrise von zuhause aus ihre Hausaufgaben erledigen können. Diese Laptopübergabe machte Mag. Dr. Wolfgang Gröpel, ehemaliger Landesschulinspektor an meiner Schule möglich.
Dabei machte ich folgende Beobachtung: Ein 13-jähriger Bub aus Rumänien, der erst seit kurzem in Wien war und noch kein Wort Deutsch sprach, hatte dennoch vom Handy seiner Mutter aus alle Hausaufgaben gemacht und auf die Pinnwand der Schulhomepage hochgeladen. Natürlich bekam auch er einen Laptop. Ich stellte mir damals die Frage: „Wie kann man begabte und selbständige Kinder mit ihren Talenten und Fähigkeiten an den Schulen unterstützen und fördern – noch dazu während einer weltweiten Pandemie, die das Schulsystem zeitweise lahmlegte?“
Bald wurde mir klar, dass sich viele SchülerInnen zwar über Laptops freuen, jedoch nicht wissen, wie man mit einem Laptop umgeht, welche MS Office Programme es hat und was man damit alles machen kann bzw. wofür es nicht nur für die Schule, sondern auch für die zukünftige Berufslaufbahn nützlich ist. Außerdem war ich mir nicht sicher, was mit diesen Laptops zuhause dann passiert. Bleibt es bei dem Kind, das es überreicht bekommen hatte?
„If you want to start a revolution, make it happen in your own classroom“. Sir Ken Robinson
Das war mein Motto!
Dazu musste ich mich mit dieser Idee sichtbar machen und vernetzen.
Im Rahmen der österreichweiten Online-Ausschreibung des Vereins „Respekt.net“ die alle zwei Jahre stattfindet, reichte ich den Vorgänger von DigiFö, die Initiative SES – „Soziales Engagement für SchülerInnen“ ein, weil wir nun mit Hilfe von großen Rechtsanwaltskanzleien wie KWR Rechtsanwälte Laptops an ökonomisch bedürftige SchülerInnen verschenkten. So kam es zur ersten Nominierung zum „Ort des Respekts 2020“. Im Zuge dieser Teilnahme, lernte ich Mag. Robert Gulla, den Geschäftsführer von „Springboard“ – Verein zur Förderung von Talenten kennen. Ich stellte ihm meine Idee vor, an meiner damaligen Mittelschule im 10. Bezirk für meine SchülerInnen einer Integrationsklasse einen Computerförderkurs während der Coronazeiten anzubieten und die Pädagogin, die diesen 10-wöchigen Kurs halten wird, zu sponsern. Ich dachte mir: „Wozu externe Trainer ins Schulhaus holen, wenn das Personal vor Ort ist? Was auch viele organisatorische und rechtliche Fragen absicherte. Dann kamen andere Sponsoren dazu, die ich einfach per E-Mail anschrieb u.a. KWR-Rechtsanwälte, EHL Immobilien, Dr. Claus Lamm von der Fakultät für Psychologie. Springboard kooperierte damals zusätzlich mit der Umdasch Group als Sponsor.
Ab Oktober 2020 bis Mai 2021 fand der erste DigiFö-Computerförderkurs statt, bei dem auch Schüler*innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf teilnahmen. Es waren Kinder mit unterschiedlichen Diagnosen und Beeinträchtigungen. INKLUSION im Rahmen einer DIGITALEN SCHULENTWICKLUNG die REFORMPÄDAGOGIK, CHANCENGLEICHHEIT, BEGABUNGSFÖRDERUNG, INDIVIDUALISIERUNG UND DIFFERENZIERUNG in einem Projekt wurde so möglich. Aus bildungspolitischen Schlagwörtern der letzten Jahrzehnte wurde Realität an einer ersten Mittelschule in Wien Favoriten mit Schüler*innen mit und ohne Migrationshintergrund.
Im Dezember 2020 entwarf ich das Logo mit einem Layouter, erstellte einen „Digitalen Leitfaden“ für Volks – und Mittelchulen und begann erste Öffentlichkeitsarbeit auf Facebook und LinkedIn zu machen, um zu zeigen, dass man Bildung auch in Krisenzeiten betreiben kann und auch um zu beweisen, dass PädagogInnen sehr wohl was für SchülerInnen leisten, was in den Medien gerade im Zusammenhang mit Schulschließungen und einem verkürzten Unterricht während der Pandemie nicht immer sichtbar gemacht wurde.
Im Februar 2021 kamen fünf weitere Schulen in anderen Bezirken dazu. Zuerst mehr Mittelschulen und eine Volksschule. Diese erste Staffel dauerte bis Juni 2021 und erreichte über 150 Kinder. Die zweite startete im September 2021 bereits mit einem zweiten Sponsor, der AK Wien. Jedes Schulsemester nehmen seither 15-17 Schulen an der „Digitalen Förderinitiative“ teil. Im gesamten Schuljahr somit bis zu 34 Schulen mit bis zu 300 SchülerInnen, da in jedem DigiFö-Kurs zwischen 10 und 20 Kinder sind, abhängig vom Schultyp.
Was sind Deine wichtigsten Ziele?
DIGITALE BILDUNG SICHTBAR MACHEN
Es ging mir jedoch immer um das gleiche: GLEICHE DIGITALE FRÜHFÖRDERUNG und GLEICHE BILDUNGSCHANCEN für ALLE Kinder an Wiener Schulen!
Ziele waren und sind die „Digitale Frühförderung“ ab der 3. Schulstufe, weil ich diese Altersgruppe kenne und weiß, was alles mit Kindern im Volksschulalter möglich ist.
Fakt ist, dass in den Volksschulen keine digitale Frühförderung besteht. Und auch keine ausreichende IT-Ausstattung vorhanden ist.
Als Initiatorin dieser dringend notwendigen Initiative während der Coronakrise erfüllt mich diese „Digitale Welle“ quer durch alle Schularten mit Stolz.
Wir erobern “step by step” im Sinne der innovativen Schulentwicklung mit einem aktuellen, reformpädagogischen und bildungspolitisch längst hinfälligen Förderprogramm ganz Wien, ohne dabei auf die Themen wie Inklusion und Diversität, die aufgrund der Mehrsprachigkeit an den Schulen gegeben ist zu vergessen.
Dies wurde Dank der bisherigen Sponsoren und durch die Unterstützung durch Herrn Mag. Dr. Wolfgang Gröpel, der mich hier als Projektleiter unterstützt, möglich.
Meine Ziele während der schrittweisen Entwicklung auch während der ersten DigiFö-Computerförderkurse wurden immer wieder von mir weiterentwickelt. Dazu gehörte und gehört nach wie vor die Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Netzwerken, um die Notwendigkeit aber auch die Dringlichkeit digitaler Förderung ab der Volksschule aber auch an Inklusiven Schulen einzuführen und auszubauen. Es ist eine ehrliche und dringende Botschaft an die Politik. Dies ist mir an Mittelschulen mittlerweile gelungen, da zusätzliche Stunden dafür im Lehrplan zur Verfügung gestellt wurden und das Fach nun auch verpflichtend ist und nicht mehr nur als „unverbindliche Übung“ im Zeugnis aufscheint.
Wie sieht die konkrete Vorgehensweise aus?
In 10 Kurseinheiten a 90 Minuten außerhalb des Pflichtstundenkanons werden Kinder ab dem 9. Lebensjahr, also ab der 3. Volksschulklasse spielerisch im Rahmen eines zusätzlichen digitalen Unterrichts mit der IT-Welt vertraut gemacht. Die Kursleiter*innen erhalten von mir eine Strukturvorgabe für die DigiFö-Kursberichte, damit sie wissen, wie ich mir den Ablauf einer digitalen Förderung für die jeweilige Zielgruppe vorstelle. Dabei ist mir wichtig zu erfahren, aus welchen „digitalen Inhalten“ die jeweilige DigiFö-Kurseinheit bestand, also was kindgerecht ausprobiert, vermittelt wurde, „was den Kindern am meisten Spaß gemacht hat“, also welche digitalen Inhalte wie ankamen, aber auch „welche Herausforderungen“ im Zusammenhang mit der Vermittlung von digitalen Inhalten aufgetaucht sind und wie die Pädgog*innen damit zurechtgekommen sind. Ob es sich um eine schwache Internetverbindung, mangelnde IT-Ausstattung (die meisten Volksschulen haben z.B. keine Mäuse für die digitalen Leihgeräte) handelt oder um didaktische und methodische Herausforderungen im Zusammenhang mit den digitalen Inhalten, die man sich vorgenommen hat aber auch bezüglich der Schülerschaft, da auch in manchen Kursen Kinder mit einem SPF daran teilnehmen, die eine besondere Unterstützung beim digitalen Wissenserwerb benötigen. Die Kursberichte sind gleichzeitig auch ein Qualitätsnachweis und dienen auch der Transparenz, was in den 10 Wochen an digitalen Inhalten wirklich umgesetzt wird. Somit ist eine hohe Qualität der digitalen Wissensvermittlung garantiert.
Durch meine Öffentlichkeitsarbeit konnte ich glaubhaft beweisen, was im Bereich der digitalen Frühförderung möglich ist! Die pädagogische Freiheit öffnet den Pädagog*innen Tore zu spielerischer Umsetzung ihrer eigenen Kreativität und Erweiterung sowohl ihres als auch des kindlichen Horizonts im Zusammenhang mit Digitalisierung an Schulen. Mittlerweile kann sich das Ergebnis sehen lassen!
Das Feedback und das Interesse von IT-Unternehmer*innen, aber auch von Professor*innen an den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen im gesamten deutschen Sprachraum bestätigt auch hier meine richtige Vorgehensweise.
Aufgrund der fehlenden Laptops frage ich vor jedem Kursstart die Volksschulen, wie es mit ihren IT-Ressourcen steht, damit ich die von Sponsoren wie TTTech Group zur Verfügung gestellten Laptops, an die Schulen liefern kann. Sonst wäre ein Kursstart nicht möglich und die digitale Frühförderung an Volksschulen nach wie vor kein Thema!
Meine bisherige Erkenntnis nach fast drei Jahren: Es braucht eine digitale schulische Infrastruktur, insbesondere für Volks- und Sonderschulen, entsprechende Lehrpläne – hoffentlich mit didaktischen Freiräumen für die Pädagog*innen und die Möglichkeit der Aus- und Fortbildung. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass es ohne die Möglichkeit einer Ausbildung in diesem Bereich, bereits gute Fortbildungsangebote an den Pädagogischen Hochschulen gibt. So manche DigiFö-Kursleiter*innen bilden sich fort, was man auch an der Qualität der Durchführung einer DigiFö-Kurseinheit im DigiFö-Computerförderkurs deutlich merkt. Da gibt es enorme Unterschiede zwischen den Pädagog*innen und leider auch die Erkenntnis, dass es noch immer keine Selbstverständlichkeit ist, gut ausgebildete Lehrer*innen an den Schulen zu haben. Nicht nur im IT-Bereich, aber auch.
Wo siehst Du die weiteren Perspektiven? Was hast Du in Zukunft vor?
DigiFö ist österreichweit ein einmaliges Projekt, das derzeit an Wiener Volks- Mittel- und Sonderschulen der Stadt Wien umgesetzt wird.
Seit Beginn der Digitalen Förderinitiative nahmen über 800 Schüler*innen an ca. 70 Schulen teil.
Die Initiative spiegelt die Vielfalt der Kinder an Wiener Schulen. Alle haben das Recht auf gleiche Bildung – auch im Bereich der Digitalisierung.
Ich habe jedoch auch bereits im Burgenland mit Vamos kooperiert. Vamos ist ein gemeinnütziger Verein, der sich mit allen Themen der Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen in allen Lebensbereichen befasst.
Hier werden junge Menschen mit Beeinträchtigungen auf das Berufsleben vorbereitet. Die Kontaktaufnahme fand über LinkedIn statt. Mir ist bei der Besichtigung der Homepage aufgefallen, dass keine Computerförderkurse angeboten werden. Also nahm ich mit dem Geschäftsführer auf und er verriet mir, dass er nicht nur ein Fan der Digitalisierung ist, sondern auch meine Initiative seit längerem mitverfolgt. So ermöglichten wir den Erwachsenen einen zehnwöchigen DigiFö-Computerförderkurs, der vom Rotary Club Eisenstadt gesponsert wurde.
Wie man sieht, sind im Rahmen der Digitalen Förderinitiative vielfältige Kooperationen für verschiedene Zielgruppen möglich. Und anscheinend auch notwendig. Dies betrifft viele Menschen in verschiedenen Berufen.
Es geht um Innovation, Integration, gelebte Bildungsförderung, Chancengleichheit, Inklusion, Diversität, Reformpädagogik aber auch um Schulentwicklung, reform – und autonomie.
„Gemeinsam. besser .machen“ ist auch das Motto von Confare. DigiFö ist ein Beispiel dafür, dass dieses Motto ein schönes Zitat ist, welches sich leicht umsetzen lässt, wenn alle daran glauben und wenn man sich aus ideologischen Gründen nicht im Weg steht. Hier geht es nicht um Politik. Hier geht es um die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.
Seit dem Bestehen der Digitalen Förderinitiative habe ich mich nicht so sehr um die Fragen nach der Zukunft gekümmert, außer es ging um die beruflichen Chancen meiner ehemaligen Schüler*innen, sondern ich war angetrieben von der Sinnhaftigkeit des aktuellen Tuns und seines Wirkens im Hier und Jetzt. Also im Klassenzimmer. Die Zukunft ist schon morgen. Und morgen kann alles wieder anders aussehen. Solange die Bildungsdirektion Wien mir meine mittlerweile auch unternehmerischen Freiheiten, die für die Umsetzung dieser Initiative notwendig sind, lässt und mich unser größter Kooperationspartner, die AK Wien dabei unterstützt, Pädagog*innen ihren wertvollen Beitrag zum digitalen Wissenserwerb für die Schüler*innen an Wiener Schulen zu leisten, leisten wir alle einen großartigen Beitrag für die Zukunft unserer Kinder.
Wie formulierte es eine Referentin vom Förderprogramm go-international bei Wirtschaftskammer Österreich/Außenwirtschat Austria, Karl-Franzenz-Universität Graz im Mai 2022: „Herzlichen Glückwunsch zu diesen Erfolgsgeschichten!“
Mir ist nur wichtig, dass diese Erfolgsgeschichte nicht durch politisches Kalkül ein abruptes Ende nimmt.