Corona macht unser Leben laufend noch komplizierter. Als gebe es nicht schon genug geschriebene und ungeschriebene Regeln, kommen jetzt auch noch Impfpflicht, 3G- und Abstandsregeln zum Tragen. Auch wenn Regeln für unser Zusammenleben eine wichtige Rolle spielen, sie können auch zum Fallstrick werden. Wenn Sie zum Beispiel heissen: „Das haben wir schon immer so gemacht“ oder „das macht man halt so“. Dagegen tritt Autor und Keynote Speaker Markus Czerner mit seinem neuen Buch an: Ignore the Rules heisst es. Im Gespräch verrät uns Markus, warum es mitunter herausfordernd ist, den eigenen Weg zu gehen, wie er als Vortragsredner von der Pandemie betroffen ist und was er daraus gelernt hat.
Wie sehr hat Dich als Speaker und Autor die Corona-Krise betroffen und beeinflusst?
Total! Als Speaker habe ich zu Beginn der Pandemie alle Aufträge verloren, weil alle Veranstaltungen gestrichen wurden. Da das Speaking online nicht wirklich funktioniert, sind es wirtschaftlich sehr schwere Zeiten. Zu Beginn der Pandemie kam mein Buch FAIL GOOD – Die Kunst des Scheiterns raus – auf solch einen Titel hatte natürlich zu diesen Zeiten niemand Lust. Aber es hat auch was Positives: Ich habe gesehen, dass das Fundament meines Business nicht stark genug ist. Und das war Motivation genug, das Fundament zu stärken.
Welche Auswirkungen siehst Du denn gesellschaftlich?
Ich denke, dass sich die Gesellschaft in den letzten zwei Jahren sehr verändert hat und sich noch weiter verändern wird. Und um ehrlich zu sein: Das ist auch gut so. Endlich arbeiten wir remote, haben flächendeckendes Home-Office und sehen, wie wichtig das höchste Gut unserer Gesellschaft ist: Gesundheit.
Was sind die Dinge, die Dich zu einem neuen Buch inspirieren? Wie kommst Du zu Deinen Themen
Das passiert tatsächlich spontan. Auf einmal hast du eine Idee im Kopf und sie lässt dich nicht mehr los. Das ist dann die Geburtsstunde zu einem neuen Buch. Ich plane nicht „ich will jetzt ein neues Buch schreiben“ – das passiert einfach. Auch wenn es jetzt vielleicht spirituell klingt, aber das Thema findet mich, nicht umgekehrt. Als ich die Idee zu Ignore the rules hatte, hatte ich keine Ahnung, wie ich damit ein ganzes Buch füllen soll. Aber das ist das Spannende: Du fängst an zu recherchieren, zu lesen und nachzudenken – und auf einmal kommt eines zum anderen und es entsteht ein Buch.
Du schreibst in Deinen Bücher über Fehler und Regelbruch als Instrument für Wachstum und Innovation. Worin liegt denn Deiner Ansicht nach das Risiko des „Alles richtig machen“?
Das Risiko besteht darin, dass wir unser Leben nicht so leben, wie wir es wollen. Du kannst nie alles richtig machen. Wir streben Perfektion an, aber Perfektion gibt es nicht. Das führt dazu, dass wir uns nicht erlauben Fehler zu machen und gar nicht erst ins Handeln kommen. Oder wir machen alles streng nach Vorschrift und hoffen auf Erfolg. Leider funktioniert Erfolg so nicht. Think outside the box heißt hier das Kredo.
Die Arbeitswelt verändert sich drastisch. Während auf der einen Seite Mut und Unternehmergeist propagiert werden, scheint es immer schwerer zu werden, Menschen dazu zu bringen ihre Komfortzone zu verlassen. Finden Sich überhaupt noch genug Menschen, die bereit sind Regeln zu brechen?
Es finden sich leider nur sehr wenige Menschen, die bewusst Regeln brechen. Aber das sind genau diejenigen, die von den meisten Menschen beneidet werden. Schau dir die erfolgreichsten Menschen der Welt an: Richard Branson, Jeff Bezos, Steve Jobs – alles Regelbrecher. Netflix zum Beispiel ist eines der innovativsten Unternehmen der Welt.
Warum? Weil sie kontinuierlich die Regeln des Marktes brechen. Nur leider traut sich das die breite Masse nicht, was im Durchschnitt endet. Wir müssen uns beim Regelbruch auch teilweise von gesellschaftlichen Regeln verabschieden. Wir dürfen anfangen, unsere eigenen Lebensregeln zu brechen. Nur so kommen wir weiter.
Bewusst Regeln zu brechen, braucht auch viel Verantwortungsbewusstsein und wohl manchmal auch eine dicke Haut. Was ist denn dabei zu beachten, wenn man seinen eigenen Weg geht?
Du sagst es ja schon: Du brauchst eine dicke Haut, also Resilienz. Sobald du Regeln brichst und dein Ding machst, schwimmst du gegen den Strom. Fällst du dann auf die Nase werden alle sagen: „Selber schuld, er musste ja unbedingt anders sein.“ Damit muss man umgehen können. Aber es lohnt sich anders zu sein und sein Leben nach seinen eigenen Regeln zu leben, denn es gibt viel zu gewinnen: ein glückliches Leben, jenseits des Durchschnitts.
Wieviel Regelbrecher steckt in Dir selbst?
Das ist wirklich eine sehr gute Frage! Vor meinem Buch hätte ich dir gesagt: Ich bin kein Regelbrecher. Beim Schreiben habe ich allerdings schnell gemerkt: Hey, du bist ja selbst ein Rulebreaker. Die wirklich tollen Dinge, die ich in meinem Leben bisher erreicht habe, habe ich erreicht, weil ich Regeln gebrochen habe. Manchmal gesellschaftliche Regeln, manchmal ungeschriebene Regeln. Ganz oft aber meine eigenen Lebensregeln. Ich kann also guten Gewissens sagen, dass ich ein Regelbrecher bin – und das ist gut so!