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Kulturwandel geht nicht auf Knopfdruck – Aber wie dann?

by Barbara Schweinberger

„Digitale Unternehmenskultur: Strategien für die moderne Arbeitswelt“, heißt das neue Buch von Josef Herget. Im Gespräch mit Confare Gründer Michael Ghezzo verrät Josef, warum Kulturwandel in Unternehmen zu einer zentralen Forderung unserer Zeit geworden ist, was sich ändern muss und wie die Veränderung erfolgreich sein kann.

Diskutieren Sie die Anforderungen an eine moderne Unternehmenskultur mit IT- und Digitalisierungs-Profis aus Top-Unternehmen bei den Confare CIOSUMMITs in Wien, Zürich und Frankfurt – auf Augenhöhe, persönlich und praxisnah.

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Kulturwandel ist heute ein großes Thema in Unternehmen. Hierarchien werden hinterfragt, Diversity wird gefördert, die Art des Zusammenarbeitens revolutioniert. Wo siehst Du die größten Handlungsfelder dabei?

Deine Beschreibung der Phänomene trifft den Kern der Sache: Unternehmen und Organisationen aller Art können nur überleben, wenn sie sich im Inneren den äußeren Rahmenbedingungen anpassen können – und diese ändern sich permanent. Hätten wir stabile Rahmenbedingungen, könnte eigentlich alles beim Alten bleiben, dem ist aber nicht so und der Veränderungsdruck wird immer größer. Neue Ansprüche an die Unternehmen wachsen und diese kommen von den Kunden, dem Markt, dem Wettbewerb, den Ökosystemen aber auch von den Anforderungen der Mitarbeiter an ihr berufliches Umfeld. Das Unternehmen muss attraktiv bleiben, um sich im Markt zu behaupten. Das sind natürlich erstmal allgemein seit langem akzeptierte Aussagen, sie sind aber wichtig, um zu verstehen, dass sich diesem Veränderungsdruck kein Unternehmen entziehen kann, ohne langfristig seine Existenz zu gefährden. Gleichzeitig ist es ein Plädoyer für ein aktives Herangehen an den Kulturwandel und nicht an ein reaktives Handlungsmuster. Je eher das Unternehmen sich mit den Fragen der „richtigen und gewünschten“ Unternehmenskultur beschäftigt, umso besser. So liegt zunächst das erste und wichtigste Handlungsfeld in der Beantwortung der Frage, welche Unternehmenskultur wollen wir eigentlich haben – und dahinter steht die Frage, wie man zukünftig die Zusammenarbeit und den Arbeitsprozess gestalten möchte. Das klingt vielleicht trivial, die Beantwortung ist allerdings alles andere als einfach, müssen dabei doch die oben genannten Veränderungen der Umwelt berücksichtigt werden. Eine Monoperspektive reicht hierbei nicht aus. Ein Kulturwandel betrifft immer das Mindset, das Verhalten und die im Unternehmen eingesetzten Methoden. Diese Klaviatur gilt es zu bedienen.

Warum ist der Kulturwandel so wichtig?

Kultur wird sich in der Regel nicht auf Knopfdruck ändern lassen, gleichzeitig verändert sich eine Unternehmenskultur stetig. Die Frage ist nur, ob in die gewünschte Richtung. Hierzu muss diese bekannt sein. Alle empirischen Ergebnisse zeigen jedoch, dass sich die meisten Unternehmen und Führungskräfte gar nicht dessen bewusst sind, welche Unternehmenskultur sie anstreben sollten. Auch verneinen die meisten die Frage, ob das Unternehmen die richtige Unternehmenskultur hätte. Bei den Mitarbeitern ist der Befund noch düsterer: neun von zehn Mitarbeitern glauben gar nicht an die propagierte Unternehmenskultur und konstatieren, dass ihr tägliches Handeln mit dieser gar nicht verbunden wäre. Der Ruf nach einem aktiven, weitestgehend initiierten und gesteuerten Prozess zwingt sich geradezu auf.

Wo beginnt der Veränderungsprozess optimaler Weise?

Der Prozess sollte von den Führungskräften ausgehen, je höher, umso besser. Natürlich kann auch ein Abteilungs- oder Teamleiter in seinem Bereich diesen Prozess starten. Eine breite Abstützung des anzustrebenden Kulturbildes sollte möglichst viele Mitarbeiter umfassen. Die Unternehmenskultur sollte originär in der eigenen Vergangenheit, den gemachten Erfahrungen und den angestrebten Zielen und Strategien verankert werden, nur dann wird sie auch akzeptiert. Eine generelle Best-Practice-Kultur funktioniert in der Regel nicht, jedes Unternehmen ist anders und muss individuell den eigenen Weg gehen, nur dann wird der Prozess des Kulturwandels nachhaltig sein. Bleiben wir bei den Führungskräften: die Vorbildwirkung ist der stärkste Faktor, der der gewünschten Unternehmenskultur zum Erfolg verhilft, dabei darf es allerdings nicht bleiben, neben dem „Walk your Talk“ muss die gewünschte Unternehmenskultur in allen Prozessen verankert werden. Das betrifft die Budgetpriorisierung, die KPI`s oder OKR´s, die betrieblichen Belohnungs- und Sanktionssysteme und so weiter. Erst diese Verankerung der operationalisierten Kulturattribute in den betrieblichen Prozessen und den organisationalen Praktiken führt zu einem Push in Richtung der gewünschten Unternehmenskultur.

Was sind die ersten Schritte?

Hier bieten sich zwei Vorgehensschritte an: erst einmal festzustellen, wie die eigene Unternehmenskultur aus der Perspektive der unterschiedlichen Bezugsgruppen ausgeprägt ist. Dabei kann gleichzeitig neben der Identifizierung das Ausmaß der Ausgeprägtheit gemessen werden, also ob diese spezifischen Kulturfaktoren, wie etwa Innovation, Vertrauen, Kundennähe und so fort, gut oder weniger gut gelebt werden. Gleichzeitig kann auch nach der zukünftigen Bedeutung der festgestellten Kulturfaktoren gefragt werden. Die Mitarbeiter haben dabei eigentlich immer ein sehr gutes Gespür. Diesen Teil nennen wir Diagnose, die Ergebnisse lassen sich auch gut in ein Reifegradmodell überführen. Der andere Schritt besteht darin, den eigenen Rahmen zu verlassen und generell über Systemgrenzen hinweg zu fragen, welche Kulturfaktoren denn wichtig erscheinen, um zukünftig erfolgreich auf dem Markt wirken zu können. Das kann durchaus zu ergänzten Einsichten führen. Diese Kombination der Schritte führt zu guten Ergebnissen. Und nein, das muss nicht komplex und langwierig sein, je nach Größe des Unternehmens reichen häufig auch nur wenige Workshops, um einen guten Startpunkt zu finden.

Welche Rolle spielen Geschäftsführung, Führungskräfte und Mitarbeiter dabei?

Wie bereits oben angerissen, eine Kultur wird nur in den allerseltensten Fällen von unten verändert. Gleichzeitig kann die gewünschte Kultur sehr schnell von oben zerstört werden. Die Initiative liegt also in aller Regel bei den Führungskräften, die jedoch den Mitarbeitern die gewünschte Unternehmenskultur vorleben müssen und das Verhalten der Mitarbeiter auch an diesen Vorgaben beurteilen. In einer sehr reifen Organisation tragen alle dazu bei, dass die von allen mitgetragene Unternehmenskultur am Leben gehalten und fortentwickelt wird. Das kann auch bedeuten, dass die Mitarbeiter ihre Führungskräfte darauf hinweisen, wenn diese selbst gegen die akzeptierten Prinzipien der Unternehmenskultur verstoßen. Das klappt aber nur bei einer bereits sehr stark ausgeprägten und gelebten Unternehmenskultur, die das sanktionsfrei zulässt.

Buch Josef Herget
Josef Herget Culture Hacks

Alle weiteren wichtigen Informationen rund um Unternehmenskulturen und wie diese gestaltbar sind sowie der gezielte Einsatz von Culture Hacks beschreibt Josef Herget in seinen weiteren Büchern.

Was kann jeder Einzelne dazu beitragen?

Jeder kann und sollte seinen Beitrag zur gewünschten Unternehmenskultur erbringen. Vergegenwärtigt man sich, dass eine gute Unternehmenskultur die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gewährleistet und gleichzeitig die bestmöglichen Bedingungen für die Mitarbeiter bietet, um ihre eigenen Potentiale auszuschöpfen, wird dies auch nicht schwerfallen. Eine gute Unternehmenskultur ist im Interesse aller und nicht ein weiteres Managementtool, das vor allem eine Produktivitätssteigerung im Fokus hat. Unternehmenskultur postuliert hingegen, dass erst in einem guten und motivierenden Umfeld exzellente Leistungen möglich werden. Eine hohe Innovativität, Produktivität und eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit sind also eine Folge einer guten Unternehmenskultur.

Was ist für nachhaltige Veränderung notwendig?

Ich empfehle ein strategisches Vorgehen, das folgende drei Ebenen adressiert: die strategische Ebene mit den klar fokussierten Kulturfaktoren, eine operative Ebene mit einer Umsetzung der Kulturfaktoren in die täglichen Prozesse und dazu eine dritte, sogenannte punktuelle Ebene, die auf das Einhalten der Kulturfaktoren im täglichen Miteinander hinweist. Diese nenne ich Culture Hacks, also schnelle Kniffe, die rasch bewusst machen, wenn nicht kulturadäquat gehandelt wird.

 

Welche Begleitung ist auf dem Weg notwendig?

Der Kulturwandel benötigt natürlich engagierte und kompetente Mitarbeiter. Externe Unterstützung darf geholt werden, es muss jedoch ein interner Prozess bleiben. Wir brauchen keine weiteren Hochglanzbroschüren mit Werten, Missionen, Visionen und Leitbildern, die ohne Relevanz für den gelebten Alltag bleiben. Dieses nötige Wissen kann man sich auch erarbeiten. Ich selbst habe, wenn ich das anführen darf, mehrere Bücher zum Thema geschrieben, die sehr konkret die Vorgehensweisen, Methoden und Roadmaps thematisieren. Eine gute Unternehmenskultur muss ohnehin von innen heraus fortentwickelt werden, die Veränderungen bleiben auch zukünftig und die Herausforderungen sollten dann selbstverständlich proaktiv angegangen werden. Der Kulturwandel ist eine Lernreise. Gut vorbereitet wird man immer neue, spannende Ziele entdecken und dort auch ankommen.

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