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Sandra Rauch, E.ON Deutschland: Frauen, TRAUT EUCH! – Für mehr Female IT-Leadership

by Yara El-Sabagh

Exclusive im #ConfareBlog: Sandra Rauch, E.ON Deutschland: Frauen, TRAUT EUCH! – Für mehr Female IT-Leadership

Traditionelle Rollenbilder, Vorurteile und Ängste sorgen immer noch dafür, dass Frauen in IT-Management Positionen selten sind, meint Sandra Rauch, CDO und CEO bei E.ON Deutschland und eine der Nominierten bei der Confare #ImpactChallenge. Als Mutter von drei Kindern und Führungskraft weiß Sandra: Veränderung erfordert ein Umdenken – nicht nur in den Köpfen der Männer, sondern auch in den Köpfen der Frauen. .

Im Jahr 2021 feierten wir die Premiere des Confare Female IT-Mentorings im Rahmen des Confare #CIOSUMMIT Wien. Ziel war und ist den Erfahrungsaustausch zwischen erfolgreichen CIOs und Frauen, die Karriereziele in der Unternehmens-IT anstreben, zu fördern. Der Erfolg hat uns Recht gegeben.

Mentorinnen und Mentees können sich jetzt anmelden – ZürichFrankfurtWien.

Warum ist es eine gute Idee, als Frau eine Karriere in der IT anzustreben?

Zunächst einmal – IT macht Spaß! Aus meiner Sicht ist am aller wichtigsten, dass man sich einen Beruf sucht, wo das, was man kann, auf das trifft, was einem Spaß macht und was einen Mehrwert bringt.

IT und Digitalisierung werden immer wichtiger. Ohne sie kommt kein Unternehmen mehr aus, und diese Relevanz wird noch weiter steigen. Als Querschnittsfunktion ist die Rolle der IT sehr breit – je nach den eigenen Stärken kann man sich hier eher technisch orientieren, eher nahe am Business, oder nahe am Menschen.

Gerade der letzte Bereich, die Arbeit mit und am Menschen, ist essentiell für die Zukunft. Kein ITler sitzt mehr im Keller zwischen Pizzaschachteln und Coladosen und tüftelt vor sich hin. Die Interaktion mit den Stakeholdern wie Fachbereichen und externen Partner wird immer wichtiger , genauso wie die aktive Begleitung von Veränderung, die mit der Digitalisierung einhergeht. In diesem Beriech können gerade Frauen oft ihre Stärken ausspielen.

Was nicht heißen soll, dass es nicht auch Männer gibt, die feine Antennen haben und gut kommunizieren können, und wiederum Frauen, deren Ding das überhaupt nicht ist. Letztendlich geht es um Diversität, die natürlich nicht nur das Geschlecht betrifft, sondern auch Alter, Nationalitäten, Denkweisen, Mindset, … Diversität bereichert – Unternehmen haben das erkannt, und suchen immer mehr gezielt Frauen für Stellen in der IT. Also optimale Startvoraussetzungen!

Was würden Sie Recruitern und HR-Abteilungen empfehlen um Frauen für IT-Berufe besser zu erreichen?

Wie auch in der Digitalisierung die „Customer Experience“, steht beim Gewinn von Talenten die „Employee Experience“ im Vordergrund. Wenn ich eine bestimmte Gruppe erreichen möchte, wie zB Frauen, ist es essentiell, die Bedürfnisse der KandidatInnen zu kennen und zu bedienen – auf eine „ehrliche Weise“, so dass das Unternehmen gut repräsentiert wird. Falsche Versprechungen helfen natürlich nicht.

Es gibt Studien, die zeigen, dass Frauen ihren idealen Job etwas anders beschreiben als Männer. Zum Beispiel stehen Unternehmenskultur, Arbeitsatmosphäre und gute Zusammenarbeit viel weiter oben als bei der Vergleichsgruppe der Männer. Da können und sollten Unternehmen  im Recruiting Prozess ansetzen. Flexibilität für die Mitarbeiter spielt eine große Rolle, zB was Zeit und Ort angeht. Hier brauchen Unternehmen ein Umdenken, um langfristig attraktiv für Bewerber zu bleiben. Das gilt natürlich nicht nur für Frauen.

Ein anderer Aspekt-  in einem modernen und menschenorientierten Unternehmen ist auch das HR Thema „Retention“, also das Halten und die Weiterentwicklung der bestehenden Mitarbeiter eine Priorität. Ich habe schon so manche interne Wechsel gesehen, die das Unternehmen total bereichert haben! Nur –  leider, leider – tun Frauen oft  zu wenig kund, dass Sie bereit für etwas Neues oder den nächsten Schritt sind. Hier braucht es einerseits, dass Frauen ihre Wünsche und Fähigkeiten stärker artikulieren, und andererseits die Führungskräfte, die die Fähigkeiten und Stärken der einzelnen Mitarbeiter (er)kennen und diese auf den Bedarf im Unternehmen „matchen“ können.

Was sind konkrete Gründe, dass Frauen im Bereich IT-Leadership so unterrepräsentiert sind? Gibt es Hemmnisse, mit denen Sie selbst konfrontiert waren?

Zunächst einmal ist dies ja ein statistisches Problem. Schon in Ausbildung und fängt es an – zu wenige Frauen interessieren sich für MINT Fächer. Da ist es klar, dass sich dieser Effekt in der Führungspyramide immer weiter zuspitzt. Daher muss man hier schon in der Schule und in der Ausbildung ansetzen.

Für mich persönlich habe ich relativ früh erkannt, dass ich in eine Führungsrolle möchte, weil mir das Spaß machte und ich es gut konnte. Ich habe Diplom Mathematik studiert, mit Nebenfach Informatik, und bin dann in die IT-Beratung eingestiegen. Führung habe ich zunächst in Teilprojekten übernommen, habe dann eigene Projekte und Projektteams geleitet und bin dann in eine Teamleiter Rolle eingestiegen. Von Anfang an war ich in meinen Projekten und Teams in einer Männerdomäne – ich kannte es gar nicht anders, dass ich oft eine der wenigen oder sogar die einzige Frau war. Von daher hat mich das nie in dem Sinne beeinflusst, sondern es war einfach die Normalität.

Abseits von Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, gibt es jedoch meiner Meinung nach etwas, wo Frauen sich oft in der Karriereentwicklung selbst im Weg stehen. Ich nenne das die „Kann-ich-das-Falle“.

Frauen stellen sich viel eher die Frage „Kann ich das wirklich? Ist das nicht zu groß für mich? Was, wenn ich scheitere?“  Männer dagegen sehen die Chance, sagen „Ja!“ – und überlegen danach 😉

Das ist natürlich etwas überspitzt ausgedrückt, es geht um das Prinzip. Hier können Frauen sich noch etwas abschauen!

Ein Beispiel: eine Freundin und Arbeitskollegin von mir wurde mit ca 5 Jahren Beufserfahrung eine Stelle angeboten, in der sie 70 Leute leiten sollte. Sie hatte davor kleinere Teams von max 5 Leuten geleitet. Nach langer Überlegung hat sie abgesagt, weil sie sich die Rolle nicht zutraute. Ein Kollege bekam den Job, und schon nach kurzer Zeit merkte sie – der kann das gar nicht besser als ich! Das hätte ich locker geschafft!

Dieses Erlebnis hat sie zum Umdenken gebracht. Bei der nächsten Chance hat sie anders reagiert, leitet nun einen IT Prozessbereich mit 700 Leuten und macht da einen fantastischen Job.

Welchen Nutzen bieten Networking und Mentoring konkret?

Ein Mentor oder ein Netzwerk verbieten vor allem die Möglichkeit, von der Erfahrung anderer zu profitieren, und auch seine eigene Erfahrung weiterzugeben. Das kann ein Erfahrungsaustausch zu einer Situation sein, in der jemand anders schon einmal war. Das kann die Suche nach einem geeigneten Kontakt sein, oder ein Sparring, wenn man vor lauter Bäume den Wald nicht mehr sieht. In solch einer Situation auf neue Ideen zu kommen und sich sehr konkret über Learnings austauschen zu können, ist Gold wert.

Ich rate jedem, der für sich einen Sparringspartner, einen Mentor oder auch Coach sucht, sich vorab zu überlegen, was die konkrete Fragestellung ist, und was und warum der- oder diejenige dazu beitragen kann. Das bietet einen Realitätscheck, der dann einen guten Start ermöglicht.

Was würden Sie Frauen mit auf den Weg geben, die eine IT-Leadership Karriere vorhaben?

In Kürze – werde Dir klar, was Du wirklich willst, und dann suche Dir Deinen Weg. Dazu benötigt es meiner Meinung nach drei Schritte:

  1. Werde Dir klar, was Du willst – und was Du nicht willst. Worin bist Du richtig gut? Was macht Dir Spaß? Was wird gebraucht? In diesem Schnittpunkt liegt dein „idealer Job“, Dein Wertbeitrag. Suche Austausch, nutze Netzwerke, Mentoren und Coaches. Reflektiere Deine Gedanken mit jemanden, am besten mit mehreren Leuten mit unterschiedlichen Blickwinkeln.
  1. Kommuniziere, was Du kannst, was Du machen möchtest und wo Du hin willst! Woher soll Dein Umfeld wissen, dass Du für den nächsten Schritt bereit bist, wenn Du es nicht sagt? Ich habe den Eindruck, gerade Frauen denken manchmal „wenn ich einen guten Job mache, dann muss mein Umfeld das ja merken, und dann werde ich für den nächsten Karrierelevel gefragt.“ Das passiert meiner Erfahrung nach so (leider) nicht. Das musste ich auch lernen 😉  Daher – spreche unbedingt regelmäßig über Deine Ziele und Entwicklungsperpektiven, mit deinem Chef, aber auch mit anderen Personen in Deinem Umfeld.
  2. Sei mutig und trau Dich! Wenn die Chance dann kommt, greif zu! Oftmals geht es dann in die „schaff ich das“-Falle. Nicht falsch verstehen – sich zu überfordern macht auch keinen Sinn. Lerne diese beiden Phänomene zu unterscheiden. Bin ich überfordert, oder fühle ich mich nur so? Spreche mit Menschen über die neue Rolle. Suche nach Unterstützung in den ersten Monaten, zB durch eine gute Einarbeitung, oder Austausch mit einem erfahrenen Mentor oder Coach. Das kann Dir große Sicherheit geben.

Was kann jeder Einzelne beitragen, um Vorurteilen und antiquierten Rollenbildern entgegenzuwirken?

Eine schöne Frage – ich bin davon überzeugt, dass sich der Frauenanteil in der IT nur dann erhöht, wenn wir ganzheitlich ansetzen und jeder Einzelne bereit ist, seine Einstellung zu hinterfragen und zu verändern.

Ziel sollte sein – Offenheit, Flexibilität im eigenen Denken, und letztlich konkret Chancen zu geben.

Es geht darum, sich von den traditionellen Bildern im Kopf zu lösen. Manche Frauen wollen zB keine Familie gründen, oder können keine Kinder bekommen. Wiederum wünschen sich manche Männer, Elternzeit zu nehmen oder mit Familie in Teilzeit zu arbeiten. Diese Modelle werden immer verbreiteter – und damit immer normaler. Ich hoffe, dass wir hier bald nicht mehr in „Mann oder Frau“ denken!

Was ich auch für wichtig halte, sind Erfolgsgeschichten. Gerade Menschen in Top Positionen können und sollten zeigen, dass es möglich ist, Familie und Beruf zu vereinen.

Ich persönlich habe drei Kinder, mein Mann und ich haben beide spannende und herausfordernde Jobs. Wir beide lieben unsere Familie und unsere Arbeit – und nur deswegen schaffen wir es, beides unter einen Hut zu bekommen. Gemeinsam.

In meiner täglichen Arbeit versuche ich herauszufinden, was den oder die Einzelne antreibt, egal ob Mann oder Frau. Und dann gemeinsam ein Setting zu finden, das auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse eingeht, und Raum für Wachstum gibt. Es macht sehr viel Freude zu sehen, wenn das gelingt, die MitarbeiterInnen in ihrem Element und motiviert sind und sich weiterentwickeln! Solche Momente erfüllen mich mit großer Zufriedenheit und Stolz.

Gender-Hinweis:

Zur besseren Lesbarkeit dieses Blogartikels verwenden wir das generische Maskulinum. Die in diesem Blogartikel verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.

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