fbpx

Agathe Engelmann, IT-Lead, ING Deutschland: Schluss mit IT-Stellenanzeigen, die Frauen abschrecken

by Yara El-Sabagh

 OUT NOW im #ConfareBlog mit Agathe Engelmann, IT-Lead, ING Deutschland:
Schluss mit IT-Stellenanzeigen, die Frauen abschrecken

Agathe Engelmann hat es in vielen Jahren in der IT einer Bank gelernt, sich in einer von Männern dominierten Welt zu behaupten. Ihren Arbeitgeber, die ING Deutschland sieht sie als „vielleicht modernste, fairste und innovativste Bank Deutschlands”. Sie teilt gerne ihr Wissen und unterstützt Frauen, die ebenfalls eine Karriere in der IT ins Auge fassen. Daher ist Agathe auch eine der engagierten Mentorinnen, die im Rahmen des Confare Female IT-Mentorings aktiv dazu beitragen, weibliche IT-Laufbahnen zu unterstützen.

Persönlich treffen Sie Agathe Engelmann und zahlreiche weitere CIOs, CDOs und Digitalisierungsprofis beim Confare #CIOSUMMIT Wien.

Das Confare Female IT-Mentoring gibt es in Wien, Frankfurt und Zürich. Hier sind die aktuellen Termine, für die sich Frauen aus IT-Abteilungen kostenfrei anmelden können. Nutzen Sie also diese einmalige Gelegenheit oder empfehlen Sie diese gleich an Ihre Kolleginnen weiter.

Warum ist es eine gute Idee, als Frau eine Karriere in der IT anzustreben?

Agathe Engelmann: Das ist eine gute Frage, wofür es meiner Meinung nach einige überzeugende Argumente gibt, welche ich auch immer wieder anderen Frauen vor Augen führe.

Zum einen bietet die IT-Welt die vielfältigsten Aufgaben, welche nicht nur spannend, sondern auch am Puls der Zeit sind. Frauen haben hier in zukunftsweisenden Bereichen wie der Cyber Security die Chance eigene Ideen zu verwirklichen.

Viele denken jedoch, dass im IT-Sektor nur Nerds zu finden sind, die am liebsten im Keller sitzen und wenig Tageslicht brauchen. Das ist aber überhaupt nicht (mehr) so. Neben den klassischen Entwicklerjobs gibt es z.B. ArchitektInnen, Feature Engineer oder auch Koordinationsjobs.

Außerdem ist der IT-Sektor als Vorreiter von Benefits für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bekannt. Das heißt, hier gibt es sehr oft die Möglichkeit hybrid – also im Büro als auch von zuhause aus zu arbeiten – aber auch seine Arbeitszeit frei einzuteilen, so wie es einem am besten in den Berufsalltag zwischen Kita und Co. passt. Das kommt auch mir als Mama von einem 10-jährigen Sohn sehr zugute!

Einen letzten Punkt, welchen ich betonen möchte, sind die guten Karriere-Möglichkeiten, welche im IT-Bereich auch Frauen mit Teilzeit-Arbeit oder im Rahmen von Job-Sharings geboten werden.

In dem Sinne lautet mein Appell an alle Frauen: Traut euch einen Fuß in die IT-Welt zu setzen und überzeugt euch selbst.

FrauenWas würden Sie Recruitern und HR-Abteilungen empfehlen, um Frauen für IT-Berufe besser zu erreichen und um mehr weibliche Bewerberinnen zu erhalten?

Agathe Engelmann: Ich persönlich würde Recruiter*innen und HR-Abteilungen empfehlen, ihre Stellenausschreibungen so anzupassen, dass Frauen weniger abgeschreckt werden. Was meine ich damit? Stellenausschreibungen sollten meiner Meinung nach nicht die harten Anforderungen an die gesuchte Person (wie z.B. sehr gute Kenntnisse mit Confluence) hervorstellen, sondern eher auf Eigenschaften wie ein agiles Mindset und eine hohe Lernbereitschaft setzen. Denn ich bin davon überzeugt, dass wir Frauen alles, was wir uns Vornehmen erreichen können, uns jedoch schnell abschrecken lassen, wenn wir nicht mindestens 100 % der Kriterien erfüllen.

Ein weiterer Punkt, den ich Recruiter*innen sowie HR-Abteilungen raten würde, ist in Stellenanzeigen Benefits hervorzuheben, welche laut Statistiken für das weibliche Geschlecht bei der Job-Auswahl relevant sind. Und um auch die Mehrheit der Frauen anzusprechen, ist eine weitere Idee meinerseits, öfter über Teilzeit- und Jobsharing-Modelle bei offenen Jobs nachzudenken und auch entsprechend über solche Angebote zu kommunizieren.

On top könnten HR-Abteilungen versuchen mehr weibliche Mitarbeitende als Botschafterinnen in der Kommunikation einzusetzen. Ein Beispiel hierfür sind Interviews oder Videos à la „So sieht mein Arbeitsalltag aus.“ Denn Frauen orientieren sich in der Regel eher an Frauen und so kann allein durch den weiblichen Einsatz in der HR-Kommunikation viel bewirkt werden.

Was sind konkrete Gründe, dass Frauen im Bereich IT-Leadership so unterrepräsentiert sind?

Agathe Engelmann: Aktuell sind leider nur etwa 25 % der Mitarbeitenden der verschiedenen IT-Berufe weiblich. Daher spiegelt sich diese Minderheit auch im Leadership-Bereich wider. Außerdem kommt hier auch wieder der Fakt „Frauen ziehen Frauen“ hervor. Dadurch, dass es in der IT nur wenige weibliche Führungskräfte – also Vorbilder – gibt, wagen sich auch nicht so viele der weiblichen Mitarbeitenden an die vorhandenen Leadership-Positionen heran.

Um dies anzugehen, müssen wir dazu beitragen, dass allgemein mehr Frauen im Tech-Sektor arbeiten. Dazu können Kindergärten, Schulen, Universitäten und Unternehmen beitragen. Denn die Prägung fängt bereits sehr früh an. Die ING Deutschland hat vor Kurzem beispielsweise einen Coding-Nachmittag unter dem Motto „Exploring IT“ für Schüler*innen angeboten, um ihnen einen interessanten Einblick in die Welt der IT zu geben. Wir prüfen gerade, ob wir in Zukunft vermehrt mit Schulen zusammenarbeiten, um den jungen Leuten bereits in dieser prägenden Zeit die IT schmackhaft zu machen. Auch ich engagiere mich auf zahlreichen Events, auf welchen ich Einblicke in das Arbeiten in der IT gebe, und damit versuche Frauen zu ermutigen, in den IT-Sektor einzusteigen. Dafür teile ich auch sehr gerne Tipps und Learnings.

Linkedin Confare Titelbild Logos 2022 dunkel

Welche Maßnahmen für Geschlechtergerechtigkeit in den Unternehmen haben sich bewährt?

Agathe Engelmann: Meiner Erfahrung nach hängt viel von der Unternehmenskultur und dem Mindset der Führungskräfte ab. Wenn Unternehmen transparent und fair bezüglich der Vergütung und (Aufstiegs)-Möglichkeiten agieren, ist damit schon ein sehr wichtiger Grundstein für Geschlechtergerechtigkeit gelegt. Wichtig ist dann noch, dass auch die Führungskräfte, die am besten einschätzen können, ob 2 Kolleg*innen die gleiche Arbeit machen, für eine gerechte Bezahlung sorgen. Um das zu unterstützen, sollten Unternehmen ihren Führungskräften geeignete Tools an die Hand geben.

Außerdem wirkt es sich positiv aus, wenn Unternehmen klare Vorgaben einführen, wenn eines der Geschlechter unterrepräsentiert ist. Das gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Eine Zielvorgabe könnte sein dafür zu sorgen, dass nicht weniger als 30 % der Team-Mitglieder männlich beziehungsweise weiblich sind.

Welchen Nutzen bieten Networking und Mentoring konkret?

Agathe Engelmann: Networking hat für jede Personen einen anderen, bereichernden Nutzen. Mir persönlich zeigt Netzwerken mit anderen Frauen immer wieder, dass ich mit meinen Struggles nicht allein bin. Daher bestärkt es mich umso mehr, wenn ich von einem Networking-Event einen hilfreichen Takeaway mitnehme, der mich weiterbringt. Manchmal entsteht durch Networking sogar eine gute Bekanntschaft oder Geschäftsbeziehung mit einer Person, die man sonst wahrscheinlich nie getroffen hätte und welche einem beispielsweise eine Tür für Neues öffnet.

Welchen Nutzen man auch immer aus Networking zieht, es ist stets eine wahnsinnig tolle Bereicherung.

Genauso sehe ich das mit Mentoring. Seit einigen Jahren, habe ich stets Mentees sowie unterschiedliche Mentor*innen – und von beiden Seiten lerne ich jede Menge dazu. Meinen Mentees gebe ich Tipps aufgrund meiner langjährigen Erfahrung und sie bringen unglaublich frischen Wind und inspirierende Perspektiven in mein Berufs- aber auch Privatleben. Ich finde es unheimlich schön zu sehen, wie sich meine Mentees entwickeln und was ich dazu beitragen konnte.

Networking und Mentoring sind aus meiner Sicht zwei unterschätzte Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln und seinen Horizont zu erweitern. Probiert es einfach einmal aus und staunt, welchen Nutzen es für euer Leben bringt.

Was würden Sie Frauen mit auf den Weg geben, die eine IT-Leadership Karriere vorhaben?

Agathe Engelmann: Wichtig ist aus meiner Sicht, dass ihr euch als erstes klar macht, ob ihr tatsächlich ins Leadership wollt, oder ob nicht eine Fachkarriere das ist, wofür ihr brennt.

Wenn ihr dies durchdacht habt, dann: Seid mutig, traut es euch zu und geht euren Weg.

Um auf dem Weg zur Führungskraft Tipps und Learnings für die Rolle zu sammeln, ist es sinnvoll, sich mit anderen (angehenden) Leads aus eurem beruflichen als auch privaten Bereich auszutauschen. Besonders hilfreich kann es sein eine Mentorin zu haben, welche über einen längeren Zeitraum Einblicke und Erfahrungen mit euch teilen kann.

Und um eurem Ziel näher zu kommen: Haltet stets Ausschau nach Möglichkeiten, um Berufserfahrung als Lead sammeln zu können. Ein Beispiel könnte die Elternzeit einer Führungskraft oder ein Jobsharing-Modell sein. Um von solch einer Chance zu erfahren, kann auch das ein oder andere Networking-Event beitragen. *Zwinker*

Wenn ihr den Step in eine Leadership-Rolle erfolgreich geschafft habt:

Lasst euch nicht von den überrepräsentierten Männern einschüchtern und fühlt euch keinesfalls gezwungen ihre Verhaltensweisen zu kopieren. Es ist zwar sinnvoll, sich diese bewusst zu machen, um clever damit umgehen zu können, aber ihr solltet unbedingt eure eigenen Verhaltensweisen etablieren, hinter welchen ihr steht und euch somit mit ihnen identifizieren könnt. Damit könnt ihr ein Vorbild für andere Frauen sein, welche ebenfalls eine Karriere als Lead anstreben.

Was kann jeder Einzelne beitragen, um Vorurteilen und antiquierten Rollenbildern entgegenzuwirken?

Agathe Engelmann: Ganz klar: Erfolgsgeschichten von jenen teilen, welche nicht der gesellschaftlichen Vorstellung entsprechen. Beispielsweise wenn Frauen Karriere in der IT machen und erfolgreich Vollzeit arbeiten trotz Familie, oder wenn der Mann daheimbleibt und auf das Kind aufpasst. Bezogen auf die Bildung ist ein Beispiel, wenn eine Frau Jahrgangsbeste im Bereich Informatik ist und ein Mann der Jahrgangsbeste im Bereich Grundschullehramt. Durch das Teilen solcher Geschichten tragen wir dazu bei, dass vermeintliche verkehrte Rollenbilder zur Normalität werden.

Einen weiteren Tipp, den ich gerne weitergeben möchte, ist sich stets seine eigenen Vorurteile bewusst zu machen. Sobald man also etwas denkt oder ausspricht und im Nachhinein merkt, dass dies ein totales Vorurteil ist, sollte man dies reflektieren und aktiv versuchen in der Zukunft zu vermeiden.

Damit wir solche Vorurteile und Sichtweisen auf klassische Rollenbilder weniger in unseren Köpfen tragen, kann aus meiner Sicht unter anderem im Kindergarten und in der Schule einiges geleistet werden, da Kindergärtner*innen und Grundschullehrer*innen einen großen Teil der Erziehung unserer Kinder übernehmen. Doch auch die Produzenten von Filmen und Werbeformaten sollten versuchen nicht immer auf klassische Rollenbilder zu setzen, um für eine inklusivere Gesellschaft zu sorgen. Das sind jetzt nur zwei konkrete Beispiele. Im Endeffekt kann meiner Meinung nach jede Person einen wertvollen Beitrag dazu leisten.

Für Sie ausgewählt

Leave a Comment