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Diversität, Digitalisierung und Demokratie: Was die 3 D’s des gesellschaftlichen Wandels für Lehrer und Schulen bedeuten

by Yara El-Sabagh

Exclusive im #ConfareBlog: Was die 3 D’s des gesellschaftlichen Wandels für Lehrer und Schulen bedeuten

Mit Livin IT Young Perspectives ermöglicht Confare in diesem Jahr erstmals Schüler:Innen den Besuch des Confare #CIOSUMMITs, des wichtigsten IT-Management Treffpunkts Österreichs. Sie erhalten einen Einblick in die Welt von IT und Digitalisierung, treffen hochkarätige Manager und können mehr über Perspektiven und Jobaussichten in diesem Umfeld lernen.

Im Zuge der Vorbereitung der Veranstaltung haben wir mit Bildungsexperten und Pädagogen über Schule und Digitalisierung gesprochen.

Kaum eine Berufsgruppe ist im Moment so gefordert wie die Lehrerschaft. Zwischen Covid, gesellschaftlichem Wandel, neuen Technologien und anspruchsvollen Eltern sind die Anforderungen vielfältig. Darüber hinaus fehlt es an personellen Ressourcen und die Belastungen für den Einzelnen steigen, während das Image des Berufs einen Tiefflug hat.

Die digitale Bildungsplattform Lörn soll hier unterstützen und weiterbilden. Beim ÖBV, dem Österreichischer Bundesverlag Schulbuch, verantwortet Evelyne Fössleitner das Projekt. Evelyne bezeichnet sich selbst als Bildungsenthusiastin und war auch selbst als Pädagogin tätig.

Auch die CIO und CDO Community ist gefragt. Was können Unternehmen und ihre IT zu einer besseren Welt beitragen? Dafür gibt es die Confare #ImpactChallengeNominieren und Einreichen ist jetzt möglich!

Was sind denn die wichtigsten gesellschaftlichen Entwicklungen, die auf unser Bildungssystem Auswirkungen haben?

Die 3 D’s: Diversität, Digitalisierung und Demokratie.

Demokratische Mitbestimmung und damit die Einbindung von Schüler:innen oder im tertiären Bildungsbereich auch der Studierenden, werden mehr Beachtung finden müssen, weil es im Bildungsbereich immer ein Generationenproblem geben wird: Wir sind immer eine Generation “hinten nach”. Das kann aber durch gezielte und sinnvolle Einbindung von allen an Bildung Beteiligten reduziert werden. Das Von- und Miteinanderlernen wird in unserer komplexen und globalisierten Welt mehr Beachtung finden müssen. Dadurch würde man auch dem Anspruch der Diversität gerecht werden, indem durch das Erfahren von Selbstwirksamkeit und Toleranz neue Möglichkeiten zur Mitgestaltung geschaffen werden. Und all diese Prozesse – besonders administrative – können durch Digitalisierung zielgerichtet begleitet, verbessert und vereinfacht werden.

Man hat den Eindruck, die Welt ändert sich rasant. Gleichzeitig scheint im Bildungssystem der Wandel nur sehr langsam zu passieren. Wie gut sind unsere Schulen denn wirklich an die Anforderungen unserer Zeit angepasst?

Ich glaube, dass es weniger darum geht, wie gut die Schulen selbst an die Anforderungen angepasst sind, sondern wie gut die Lehrkräfte aus- und weitergebildet werden und welches Mindset in einer Schule gelebt wird. Wenn die Lehrer:innen an einer Schule alle an einem Strang ziehen, bereit und offen sind, sich mit den Themen und Welten der jungen Menschen und den Ereignissen der Welt auseinanderzusetzen und diese in ihren Unterricht holen, dann kann man der gefühlten und tatsächlichen rasanten Änderung unserer Welt zumindest ansatzweise gerecht werden. Dass die Rahmenbedingungen häufig nicht gegeben sind, ist die eine Sache, aber man kann und muss alle Ressourcen nutzen. Das habe ich selbst in meiner fast 10-jährigen Tätigkeit als Lehrerin erfahren: Das Bildungssystem zu ändern vermag man alleine nicht, man muss an der Schule gemeinsam – als pädagogisches Team, Administration, Eltern und Schüler:innen – daran arbeiten, den Anforderungen unserer Zeit gerecht zu werden.

Wie sehr hat sich Corona denn auf unser Bildungswesen ausgewirkt?

Es hat aus meiner Sicht noch deutlicher aufgezeigt, wo es hakt: An den äußeren Rahmenbedingungen und einer ordentlichen digitalen Infrastruktur, an einer zeitgemäßen und umfassenden digitalen Bildung im gesamten Schulsystem, nämlich bei Lehrkräften und Schüler:innen  (zumindest in Österreich). Die Überforderung war an allen Ecken und Enden spürbar und sichtbar, was in vielen Fällen zur raschen Umsetzung einer digitalen Lernwelt führte, die zum Teil sehr strukturiert war, zum Teil aber aufgrund mancher fehlender Kompetenzen im Lehrkörper auch sehr chaotisch. Auf dieser Ebene des Bildungswesens ist das Leck in der Professionalisierung und Aus- und Fortbildung sichtbar gemacht worden, wo allerspätestens jetzt Handlungsbedarf besteht. Dann kann man auch die Entwicklungen auf der nächsten Ebene, jene der Kompetenzvermittlung, gut begleiten und zukunftsorientiert gestalten. Hier geht es aus meiner Sicht in die richtige Richtung: lebensrelevante Kompetenzen anstatt auswendig lernen, Quellen kritisch hinterfragen und Wissen anwenden lernen, Zusammenhänge verstehen und diese dann zum Lösen eines Problems einsetzen lernen, und, ein Herzensthema von mir, mentale Gesundheit und inter- und intrapersonelle Kompetenzen entwickeln, um sich in der Welt zurecht zu finden und das eigene Leben gelingend gestalten zu können.

Auf der anderen Seite haben uns die Lockdowns auch klar gezeigt, wie wichtig die soziale Komponente beim Lernen ist und welchen Einfluss das soziale Umfeld auf die Bildungsmöglichkeiten junger Menschen hat. Dringlicher denn je haben uns die Lockdowns und das damit einhergehende Auslagern von “Schullernen” darauf hingewiesen, dass kein Kind zurückgelassen werden darf und wie prekär die Situation für Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch benachteiligten Familien ist. Das würde bedeuten: kognitives, soziales und persönliches Lernen müssen aufeinander abgestimmt werden. Weil Lernen immer individuell und zirkulär, niemals linear und vor allem nicht auf den Klassenraum beschränkt ist, wird ein ganzheitlicher Zugang zu Bildung notwendig sein, der die Lebenswelten der Lernenden mitdenkt. Ich hoffe, diese Learnings wirken sich noch stärker auf Bildungseinrichtung aus.

Wo siehst Du am meisten Handlungsbedarf?

In der Schulentwicklung und in der Lehrer:innen- Aus- und Fortbildung. Bildungseinrichtungen müssen aus meiner Sicht befähigt werden, tragfähige Werte und umsetzbare (Lern-)Strategien (in der digitale und analoge gleichwertig nebeneinanderstehen und zielgerichtet eingesetzt werden) zu entwickeln, die den Lernprozess aller am Schulleben Beteiligten – auch die Eltern!  – So fördern und unterstützen, dass jede:r sein/ ihr Talent entdecken und einsetzen kann, um ein gelingendes Leben zu gestalten – ungeachtet des sozioökonomischen Status.

Das ist bei uns in Österreich ganz gut vorstellbar, in anderen Ländern sind wir noch weit von dieser Vorstellung entfernt. Ich bin der Meinung, dass es dennoch Best-Practice-Beispiele geben muss, an denen man sich orientieren kann. Das sind schon seit Jahren die skandinavischen Länder, allen voran Finnland, in denen Lehrkräfte nicht nur sehr gut bezahlt werden, sondern auch in der Gesellschaft sehr wertgeschätzt werden. Ein anderes Beispiel ist Neuseeland: Sie haben – ganz nach der Forderung der Journalistin Alexia Weiss – das Schulsystem zerschlagen und neu aufgebaut und das ist ihnen aus meiner Sicht sehr gut gelungen. Ziel sollte es für ein hochentwickeltes (und im Vergleich kleines) Land wie Österreich dennoch sein, eine Vorreiter-Rolle einzunehmen, was aus meiner Sicht aufgrund der hohen Rate an Expert:innen auch möglich wäre.

Bis das der Fall ist, müssen wir dort ansetzen, wo es geht. Das gelingt im Schaffen und Bereitstellen von Angeboten, die das Entwickeln und Entfalten von persönlichen Stärken und praktischen Skills fördern, um mit den Herausforderungen, vor denen wir aktuell stehen, bestmöglich umzugehen und handlungsfähig zu bleiben. Ein solches Angebot wollen wir auf lörn.at bereitstellen.

Welche Perspektiven bietet die Digitalisierung für das Schulsystem?

Zum einen die Vereinfachung von administrativen Abläufen, um sich als Lehrkraft und auch als Schulleitung wieder auf das konzentrieren und fokussieren zu können, was Wesentlich ist: die Schüler:innen bzw. das Team. Zum anderen die – in meinen Augen – unterschätzte Möglichkeit, den Lernprozess viel individueller sowie nachvollziehbarer zu gestalten, wodurch mehr Lernerfolge gefeiert werden können – was wiederum zu mehr Motivation und Freude am Lernen führt.

Das gilt nicht nur für Schüler:innen, auch Lehrkräfte brauchen die Möglichkeit, sich individuell zu den Themen weiterzubilden und zielgerichtet auszutauschen, die sie aktuell beschäftigen und wo sie praktische (!) Unterstützung brauchen. Dazu eignen sich digitale Formate wie lörn sie bereitstellt besonders, wenn es um den bundesländerübergreifenden Austausch geht und das Thema einer Fortbildung zwar persönlich relevant und spannend, aber zeitlich und räumlich unpassend ist.

Eine weitere Perspektive ist die Möglichkeit, durch eine digitale Infrastruktur die Möglichkeit zu schaffen, auch Eltern mit ins Boot zu holen, die oft nur zu konkreten, häufig negativen Anlässen zu einem Gespräch gebeten werden. Eine positiv gerichtete, transparente Kommunikation kann das Schulklima deutlich verbessern, was sich hervorragend über digitale Kommunikationswege einrichten und fördern lässt. Bildung ist kein statischer Prozess – Digitalisierung nutzt dieses Prinzip und entwickelt sich ständig weiter; diesem Prinzip sollte auch Schule folgen und den Akteuren sollten dementsprechende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Wo können zum Beispiel EduTechs wirklich etwas beitragen?

Im Schulsystem auf nahezu allen Ebenen! Vom Abbilden individualisierter Lern- und Entwicklungsprozesse und dem damit einhergehenden Entwickeln und Fördern von Talenten und Potentialen jeden Schülers / jeder Schülerin (beispielsweise auch durch KI-gestützte Lernapps) über das Unterstützen bei spezifischer Content-Erstellung, eines effizienten Classroom-Management bis hin zu Empowerment-Formaten für Lehrende und Lernende können EduTechs auf allen Ebenen so eingesetzt werden, dass Bildungseinrichtungen zu einem Wohlfühlort werden, wo von- und miteinander gelernt wird, ganz im Sinne der oben genannten 3 D’s.

Gender-Hinweis:

Zur besseren Lesbarkeit dieses Blogartikels verwenden wir das generische Maskulinum. Die in diesem Blogartikel verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.

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