fbpx

Die Würde des Weiblichen … und des Männlichen: twogether.wien Gründer Klaus Podirsky im Interview

by Yara El-Sabagh

Exklusiv im #ConfareBlog mit twogether.wien Gründer Klaus Podirsky:
Die Würde des Weiblichen … und des Männlichen

Die Würde des Weiblichen und Männlichen … unter diesem Motto findet am 21. September wieder das twogether.wien Symposium statt. Mit dabei sind Keynotespeaker wie Ali Mahlodji und Prof. Sandra Kostner – hier kann man sich anmelden www.twogether.wien.
Es gibt nur ein Boot, sagt Initiator Klaus Podirsky gerne. Daher sprechen auf dem Symposium namhafte Frauen für Männer und namhafte Männer für Frauen. Das „Gehen in den Schuhen des anderen“, ist für den Sozialpädagogen und Künstler ein entscheidender Faktor für Geschlechter-Gerechtigkeit. Im Bloginterview lesen Sie den ein oder anderen, vielleicht kontroversen Gedanken dazu und erfahren mehr darüber, warum der Besuch beim twogether.wien Symposium für jeden auf der Agenda stehen sollte, der sich intensiv mit Diversity, Genderfragen und gesellschaftlicher Gleichberechtigung befasst.

Geschlechtergerechtigkeit ist immer noch ein Thema bei dem die Gemüter heiß laufen. Es gibt durchaus widersprüchliche Sichtweisen. Was sind aus Deiner Sicht die wichtigsten Debatten, die gerade geführt werden? 

Ja, es gibt tatsächlich widersprüchliche Sichtweisen. Meines Erachtens hat dies zentral mit jenen Standpunkten zu tun, die wir für unser Welterleben einnehmen, bzw. als „Weltsicht“ unhinterfragt übernehmen.

Lass mich das an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn ich mit Menschen – Männern wie Frauen – darüber spreche, ob sie Unterschiede zwischen Männern und Frauen erleben, dann gibt es eine durchgängig klare Antwort: „Ja!“ – Wenn ich dieselben Menschen weiter frage, ob bzw. wie sich diese Unterschiedlichkeiten in unserer Kultur, in der Gesellschaft, der Familie, in der Wirtschaft etc. auch abbilden dürften, dann – wird‘s überraschend schwierig. Von vielen ist darauf keine entsprechende Antwort zu bekommen. Natürlich könnte man es dabei belassen, zu sagen, das sei „eine Auffälligkeit in meiner gesellschaftlichen Blase“. Aber IST es das?

Liebe Leserin, lieber Leser dieses Blogs, was wäre Deine / Ihre Antwort darauf? Erleben Sie diese Unterschiede (noch)? Wenn ja, dürfen sich Deiner / Ihrer Auffassung nach, diese Unterschiede in der Gesellschaft künftig abbilden oder sind wir auf diesem Feld für keinen Denk-Spielraum mehr offen.

würde

Viele Menschen – vor allem auch junge – stellen Qualitäten wie männlich/weiblich – in ihrer Unterschiedlichkeit – generell infrage. Unser Erleben ist heutzutage sowohl vom Materialismus, wie auch vom Gleichheits-Feminismus geprägt. Interessant: Diesbezüglich können intrinsisch motivierte, echte Transpersonen etwas Entscheidendes beitragen: Denn diese Personen erleben diese komplementären Geschlechterunterschiede – wie mir glaubhaft versichert wurde: Eine Geschlechtsumwandlung wäre ihnen sonst keine Lebens-Notwendigkeit.

Überleg mal, ob dieser Satz für Dich stimmt: Wer Diversität will, muss auch die Unterschiede der Geschlechter anerkennen! – Getrauen wir uns dafür einzutreten, dass solch erlebbare Unterschiede auch gesellschaftlich Konsequenzen haben dürfen, ohne als rückständig oder gar „politisch rechts“ verortet zu werden. – Zur sachgemäßeren Einschätzung meines obigen Standpunktes möchte ich ergänzend sagen: Ich kenne selbst meine weiblichen Anteile an mir: Ich war selbst vor 41 Jahren und nach Fertigstellung meines Architekturstudiums, 1 Jahr in Vaterkarenz. Ich war also zu einer Zeit in Vaterkarenz als es dieses Wort ebenso wenig gab, wie Gelder vonseiten der öffentlichen Hand für diese Tätigkeit. Man hätte mich vermutlich als „feministischen Aktivisten“ oder auch als „Feminist“ bezeichnet, wenn das Wort damals schon üblich gewesen wäre. Ich möchte die Zeit im Rückblick nicht missen. Ich habe u. a. auch viel gelernt etc. und habe mich wohlgefühlt, mein Vater-Sein auch danach verantwortungsvoll gelebt. Meines Erachtens gibt es diesbezüglich bei Frauen / Männern dennoch voneinander auffallend abweichende Lebensprioritäten, um Zufriedenheit bzw. Glück zu finden.

Ein weises Wort sagt: „Das Herz hat nur ein Ohr.“ – Was für ein vielsagendes Bild! – Lernen wir UNS SELBST (und anderen) mit unserem Herzen zuzuhören, statt unser Leben opportunistisch bzw. aufgrund finanzieller Vorteile oder rein gesellschaftlicher Anerkennung, auszurichten. Ich glaube, jede/r weiß im Innersten, was WIRKLICH wichtig ist, für sein / ihr innerstes, innerstes, individuelles Menschsein – und das eigene Glück. Und genau darin, sollte man jeden Menschen – ob Mann 0der Frau – bestärken.

2023 wurde etwas – meines Erachtens – diesbezüglich Wichtiges entschieden: Die EU-Kommission hat am 23. Juli 2023 eine „Verordnung über die Wiederherstellung der Natur“ beschlossen. Dies stellt keine Re-Traditionalisierung im Sinne einer „Blut-und-Boden-Propaganda“ dar, sondern basiert auf dem Verständnis dessen, was fortschrittlichste Geister als Basis der Diversität des Lebens begreifen, um „den Kollaps der Natur“ (Zitat: Biodiversitätsrat in Ö) zu verhindern. – Politischer Widerstand gegen diese Re-Naturierungs Bestrebungen kommt ausschließlich von „Traditionalisten“ (EVP sowie Afd- bzw. FPÖ-nahe Parteien). Wir erkennen daran, wie essenziell es ist, klar zwischen Natur-Bewusstsein und Traditions-Bewusstsein zu unterscheiden. Re-Naturierung hat – wie man m. E. daran erkennen kann – nichts mit Re-Traditionalisierung zu tun. Einfach, weil schon das Motiv ein anderes ist. Selbst dann nicht, wenn manche das nicht unterscheiden wollen.

Bei Veränderungen – so sagt man – möge man / frau immer bei sich selbst ansetzen. Für uns bei twogether.wien gilt daher: Re-Naturierung. – Der Mensch als Kulturwesen aber auch Teil der Natur möge beim Re-Naturieren nicht auf sich selbst vergessen, sondern bei sich selbst beginnen!

Der Mensch ist ein Kulturwesen, ja! Mit unserem Körper aber, mit Herz, Hand und Hirn als wesentliches Steuerungsorgan, haben wir Anteil an der uns umgebenden Natur. Punktum. (Vielleicht wird sich das, als Folge unserer zeitgeistlichen Bestrebungen Richtung Transhumanismus bald verändert haben, aber JETZT ist es noch so.) Insofern steht die Uhr aus meiner Sicht diesbezüglich auf 5 vor 12. Was ansteht ist, sich wieder die wesentlichsten Grundpfeiler der Natur bewusst zu machen – ihre komplementär wirkenden Qualitäten. Sie zu achten und MIT ihnen zu arbeiten, statt gegen sie.

Geschlechtergerechtigkeit: Überall, wo wir uns soziologischen Theorien mehr verpflichtet fühlen, als unserer eigenen Erleben, auf Basis unserer Neigungen, Gaben, Talente sowie unserer individuellen Intuitionen, besteht m. E. die Gefahr, uns als Gesellschaft UND als Individuen von unseren natürlichen Wurzeln zu entfremden. Die Folge: die Entwicklung spezifisch neurotischen Verhaltes. Wenn wir bezüglich unserer gesellschaftlichen Veränderungen nachhaltig sein wollen, werden wir auch unsere eigene Natur, inklusive unseres gefühlten Erlebens miteinschließen müssen, statt sie auszugrenzen und für obsolet zu erklären.

Der sogenannte Transhumanismus sowie digitale Welten auf Basis der „Künstlichen Intelligenz“, ziehen unsere Gesellschaft allesamt in eine klar positionierte Richtung. Dies ist eine Entwicklung, die ich Hand in Hand damit als durchaus problematisch sehe: Da, wo Qualitäten, welche die Evolution und unser Menschsein bestimmt haben, wie Tag/Nacht, Winter/Sommer aber eben auch Männlich/Weiblich nicht mehr wahrgenommen werden (können), sehe ich die Würde des Menschseins – auf Basis unserer Menschennatur – in Gefahr: Je neurotischer die Entwicklung der Individuen sich möglicherweise gestalten wird, desto „sinnvoller“ könnte zukünftigen Generationen eine von künstlicher Intelligenz bestimmte, „funktionierende“, transhumane und androgyne Menschheit erscheinen.

Wie „heiß“ ist der Geschlechterkonflikt heute? Welche Auswirkungen hat das auf unsere Gesellschaft? 

Der Geschlechterkonflikt ist für die meisten von uns in ihrer Alltags-Realität wenig spürbar. Mir drängt sich dabei der Vergleich mit dem „globalen Klimawandel“ auf: Wer hat davon vor 30 Jahren etwas wahrgenommen, „gespürt“? Viele fragen mich daher, berechtigt: Wo siehst Du „Konflikte“, oder gar einen „sozialen Klimawandel“?! – Deine von Dir angesprochenen „Konflikte“ und Deine Hinweise auf „Qualitäten“ sind doch auch nicht mehr als „Meinungs-Verschiedenheiten“, die einfach zum-guten-Ton einer pluralistischen Gesellschaft gehören: Der / die eine hat eben jene Meinung – und andere haben eine andere Meinung. – Wenn es uns allerdings nicht gelingt, bei entscheidenden Fragen zum Leben über bloße „Meinungen“ hinaus zu gelangen, dann schätze ich das für durchaus problematisch ein. Menschheitlich betrachtet.

Der Geschlechterkonflikt scheint somit heute noch nicht „heiß“ (genug) zu sein, bzw.: Er stellt sich eher schleichend ein. Für diejenigen, die wach sind, brodelt es dennoch (wenn auch fast unbemerkt).

Ich erzähle Dir eine sehr eigenartige Anekdote: Kürzlich fragte mich eine Frau (ca. 50 Jahre) auf einer Tagung (Thema: „Zukunfts-Impulse“) in Deutschland: „Nenn mir doch bitte IRGENDETWAS Positives am Mann-Sein, irgendeine Eigenschaft, die das positiv charakterisieren könnte! Ich frag Dich das, weil Du mir als ein g’standener Mann‘ vorkommst, der mir da eine Antwort geben könnte. Ich kenne niemand in meinem Umfeld, der mir irgendetwas wertvoll Positives zum Mannsein sagen kann.“ – Sie sagte das wirklich geradezu händeringend. – Ja, da konnte ich doch etwas beisteuern. Neuland für sie. Aber, es erfreute sichtlich und sie bedankte sich. … Crazy!

Jetzt stell Dir mal vor, jemand würde Dich ähnlich händeringend fragen, ob Du ihm / ihr „IRGENDETWAS Positives über die Nacht sagen könntest, irgendeine Eigenschaft, welche die Nacht positiv charakterisiere, weil alle im eigenen Umfeld … ?! Oder dasselbe bzgl. des Winters?! – Natürlich kann man sagen, das sei doch nur ein kurioser Einzelfall. Und das war er ja auch. Andererseits beschreibt er einen zumeist unbemerkten Verlust an „positiver Wahrnehmung“ des, einem selbst Fremden.

Bitter finde ich, zu erleben, welche Art kurioser Blüten der Geschlechterkonflikt heute (be)treibt, wenn „Männlichkeit“ bei Männern vermehrt als abzulehnendes Problem erachtet (ja sogar als „toxisch“, siehe gleich), bei Frauen jedoch hoch dekoriert wird (selbst da, wo Frauen sich aggressiv übergriffig verhalten: „Na, dem hat sie‘s aber gezeigt!“). Zur politisch angestrebten Vollerwerbstätigkeit von Frauen gilt: Während „stark & berufstätig“ früher für „typisch-Mann“ stand und ein heutiges Frauen-Lobbying dafür eine-stete-Lanze-bricht, steht es bei Männern mittlerweile für „toxic masculinity“ (Nicht aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat: „Die ‚traditionelle Männlichkeit’ – stark, berufstätig, heterosexuell – herrsche allerdings vor. Die Gruppe feministischer Männer wachse zwar, sei aber nach wie vor klein, schätzt Wojnicka. Die Kombination der klassisch männlichen Eigenschaften trägt in feministischen Kreisen den Titel ‚Toxic Masculinity’.“ (S. Fellner / K. Mittelstaedt: „Das geschwächte Geschlecht“, Standard, 29.1.2017).)

Umgekehrt wird „Weiblichkeit“ – wie zum Beispiel GERNE Mutter UND dabei zufrieden & glücklich zu sein – vom feminismus-politischen Standpunkt heute als tendenziell rückständig und gesellschaftspolitisch „nicht zeitgemäß“ erachtet. Während solch eine Art von „zufrieden & glücklich sein“ bei Männern sozial hoch dekoriert wird.

Das ist das Eine. Das allerdings ebenfalls daraus resultierende andere, ist: Frauen wird es ebenso schwer gemacht, in Führungsetagen weiblich zu agieren (DAS BRAUCHT ES ABER!), wie es Männern in ihrem Zuständigkeitsbereich als Vater schwer gemacht wird, männlich agieren zu dürfen. Väter werden primär als „Ersatz-für-die-Mutter“ gewünscht. Dabei hat „Väterlichkeit“ doch eine wahrnehmbar andere Qualität als jene der Mütterlichkeit – und m. E. auch eine andere Bedeutung in der Kindererziehung. (Doch dazu wäre vielleicht mal eine eigene Auseinandersetzung bzw. ein eigener Confare-Blog nötig.) Meine persönliche Erfahrung bzgl. mir als Vater: Eine männliche Mutter: ja! Aber bitte kein Vater. Ebenso werden in den Führungsetagen Frauen als „Ersatz-für-den-Boss“ gewünscht. Dabei hat „Weiblichkeit“ in der Führungsetage nicht nur eine andere Qualität – sondern auch eine andere Aufgabe für die Betriebsführung – als es männliche Führung je haben kann bzw. hat.

Mein Credo: Lassen wir den Frauen ihre Weiblichkeit in den Führungsetagen, so sie da hin wollen – und das sollte man auch unterstützen! Und lassen wir Männern ihre Männlichkeit im Vatersein, so sie da hin wollen und auch das sollte man unterstützen! – Alles andere befördert nur eine zunehmende Neurotisierung (in) unserer Gesellschaft.

Das m. E. Wesentlichste: Halten wir uns als Gesellschaft zurück, nun anstelle traditioneller Rollenmodelle neue Role-Models vorzugeben. Denn: „Auch neu aufgetischte Geschlechter-Rollen werden ‘mal zu schimmligen Speiseresten und ideologischem Abfall. – Genieße was das Leben Dir schenkt. Aus Deinem ureigensten Esprit!

Der Geschlechterkonflikt treibt somit schräge Blüten und eigenartige Ranken an überraschenden Stellen. Meiner Auffassung nach, wird dies leider durch das gegenwärtige, mono-geschlechtliche Gender-Lobbying befeuert.

Diese Art einseitigen Lobbying muss durch bewusste Aktivität hin zu wertschätzender Gemeinsamkeit ersetzt werden – twogether –, sonst kann das soziale Klima auch schnell mal kippen. – Für solch wertschätzende Gemeinsamkeit habe ich mit anderen twogether.wien gegründet. (Zu twogether.wien und unseren „Thursdays4future“ wie am Weltfriedenstag etwas später im Blog.)

Nun, frag Dich mal: Wo könnten derart erste Anzeichen für ein Kippen des sozialen Klimas eventuell sichtbar werden?

Im Bereich der Bildung. – Als Sozialpädagoge fiel mir das vor etwa 10 Jahren erstmals auf. Ich habe darauf schon in einem früheren Blog hingewiesen: U. a. lag das prozentuelle Verhältnis bei höheren Bildungsabschlüssen (Matura / Abitur und Hochschule) am Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts – in Österreich, zwischen (jungen) Frauen und Männern – bei problematischen 30:70 %. Zur Jahrtausendwende wies die Statistik ca. 50:50 % aus. Seit Beginn der 10er Jahre des 21. Jhdts. haben wir in Österreich Abschlüsse im Bereich von ca. 70:30 %. – Diese Umkehr der Entwicklung dauerte somit gerade mal EINE Generation: Jungs steigen in Scharen und bedeutend früher als Mädels aus dem staatlich finanzierten Bildungssystem aus, ohne nennenswerte Aufmerksamkeit in unserer Gesellschaft oder den Medien zu generieren. Wie kann das sein?

Weil ich dazu bereits in einem anderen Blog auf Confare Bezug genommen, gehe ich an dieser Stelle nicht weiter drauf ein. (Siehe K. Podirsky: https://confare.at/klaus-podirsky-gender-und-geschlechtergerechtigkeit/). Daten, Fakten sowie Details dazu und ihre statistischen Quellen, finden sich in meinem Buch „Der Eisberg des Gender Gap“ (Siehe auch unsere twogether Infowebsite: https://www.twogetherwien.com/gender-in-der-bildung).

Früher fand „Diversität bzgl. der KINDER“ in der Erziehung / Bildung so statt: Weibliche Erziehung für die Kleinen durch die Mutter und später für die Größeren durch den Lehrer. Heute aber erleben immer mehr Kleinkinder keinen Vater und größere keinen (Mann als) Lehrer. (In Ö: 13% Lehrer in der Pflichtschule). HIER braucht es Veränderung! – Bessere Bezahlung. Und VOR ALLEM: mehr Eigenständigkeit in der Berufsausübung – nur DAS kann die Männer m. E. wieder zurück in die Pädagogik bringen. (Ich weiß, wovon ich spreche, war ich doch selbst 21 Jahre Lehrer.)

Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, dass „höhere Schulbildung“ (von Jungs) von Pädagogen und Psychologen als die sinnvollste bzw. beste Gewaltprävention eingeschätzt wird.

Nun: Wie wird der Geschlechterkonflikt heute befeuert?

Ein mir wesentliches Beispiel: Kürzlich haben wir vonseiten twogether.wien als „Verein zur Versöhnung und ‚Vertöchterung‘ der Geschlechter“ eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und beim Österreichischen Presserat eingebracht. Sie bezieht sich auf die – u. E. missbräuchliche – Verwendung des Begriffs „Femizid“ bezüglich Beziehungsdelikten mit tödlichem Ausgang und lautet auf: „Diskriminierung bzw. mögliche Verhetzung“. Das klingt auf den ersten Blick ziemlich hoch gegriffen – man / frau wolle doch nur „zur Sensibilisierung bzgl. Gewalt und Machtmissbrauch beitragen“. Wer allerdings um JENEN Begriff weiß, auf dessen Bedeutung „Femizid“ (ganz bewusst) Bezug nimmt, nämlich „Genozid“, der / die weiß, was damit bewirkt wird. Es hat eine kleine Ewigkeit gebraucht, Völkermord (Genozid) als das zu benennen was er ist, um solche Bluttaten speziell zu ächten: systematische, meist aus ideologischer Verirrung begangene Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Charakteristikum: Die Täter kennen ihre Opfer (zumeist) nicht. Diesbezüglich darf sich unserer Ansicht nach der Gesetzgeber die Deutungshoheit nicht aus der Hand reißen lassen, sondern möge sie sich auf Basis der verwandten Wortschöpfung, „Genozid“, zurückholen! Sollten wir weiterhin derart verallgemeinernd mit der Bezeichnung „Femizid“, als Geschwisterbegriff der ursprünglicheren Wortschöpfung umgehen, werden wir womöglich alle, gesellschaftlich gravierende Kollateralschäden in Kauf nehmen müssen. (Auf unserer twogether Info-Website findest Du ein paar Gedanken dazu sowie unsere Begründung an VfGH und Presserat: https://www.twogetherwien.com/gewalt-in-beziehungen).

Genozid / Femizid: Was liegt bei einem im Affekt begangenen Gewaltverbrechen an der eigenen Partnerin (Partner) vor. Und wie wollen wir solche Verbrechen als Gesellschaft einordnen und in Zukunft damit umgehen?

In eine ungewohnt andere Richtung als jene, von „Femizit“ zu sprechen, weist uns die österreichische Wissenschaftlerin des Jahres 2016 sowie 1. Professorin für Gendermedizin, Univ.-Prof.in Dr.in Kautzky-Willer. Sie formuliert den Hintergrund sowie den diesbezüglichen Forschungsstand aus gendermedizinischer Sicht, auf einer vom Sozialministerium veranstalteten „Österreichischen Männergesundheitstagung“ (2018) sehr nachdrücklich, nämlich – als Krankheit:Warum sind diese Symptome, die klar der männlichen Depression zugeordnet sind – vermehrte Aggressivität, das Suchtproblem, die Impulskontrolle, die Gereiztheit, das Ausagieren – nach wie vor nicht im Katalog drin? Es heißt dann immer, es weiß ohnehin jeder Psychiater und es wird ohnehin unterrichtet. … Wieso das nicht gemacht wird, verstehe ich nicht, denn ich glaube schon, dass das eine Hilfe wäre. Und man sollte auch im Studium noch mehr darauf aufmerksam machen.“ (A. Kautzky-Willer – online unter: https://www.sozialministerium.at – dort suchen (Lupe): Männergesundheitstagung 2018.pdf (S. 56).

Männer und Frauen sind eben auch bzgl. ihres Depressions-Verhaltens alles andere als gleich – sondern hochgradig unterschiedlich. Weiter gilt es auch, dem Begriff „Geschlechtergerechtigkeit“ ein anderes Gepräge zu geben. Nämlich, dass der Aspekt des eigenen Geschlechts am Individuum mitbedacht sowie einbeschlossen wird. Und nicht wie heute üblicherweise, ignoriert und zunehmend ausgeschlossen.

Livin IT

Die unter diesen Aspekten in Österreich begangenen Beziehungsverbrechen mit tödlichem Ausgang sind nicht nur tragisch für diese Frauen und deren Angehörige. Sie sind tragisch fürs Vertrauen zwischen den Geschlechtern und das verallgemeinerte Männerbild („Täter-Geschlecht“). Wahr ist: Diese Frauen wurden nicht getötet „weil sie Frauen sind “, sondern aufgrund eskalierender, persönlicher Konflikte im Affekt. Mir ist bewusst, eine Diskussion, ob „Femizid-oder-nicht Femizid“ macht diese Frauen nicht wieder lebendig. Die sachgemäße Anwendung des Begriffs erscheint uns dennoch gesellschaftlich betrachtet wesentlich. – JEDER von uns trägt seinen / ihren Opfer- & Täteranteil in sich. Und wir alle bilden die Gesellschaft. Eine jedoch, wo Opfer- / Tätergeschlecht explizit, in voneinander getrennte, komplementäre Gruppenzugehörigkeiten aufgeteilt werden. Derartige Projektionen / Zuordnungen sind nicht zeitgemäß und sollen nicht weiter genährt werden.

Helfen auch Sie / hilf auch Du durch „Abrüstung-der-Worte“ mit, die gesellschaftliche Täter- / Opfer-Thematik sowie damit verbundene Rivalitäten und Traumata nicht zusätzlich zu befördern, sondern das geschwundene Vertrauen zwischen den Geschlechtern neu zu bestärken. Nachhaltigen Frieden zwischen den Geschlechtern und in Partnerschaften kann es nur geben, wenn Versöhnung, Vertrauen und Wohlwollen gestärkt werden, statt zu problematisieren.

Hier gilt es, jene gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, potentiellen Tätern/innen beizeiten andere copying-Strategien beizubringen. (Gewaltprävention – sinnvollerweise für beide Geschlechter). Für eventuell künftige Momente existenziell anmutender Hilflosigkeit bzw. solche, eines männlichen Depressions-Verhaltens infolge „Eifersucht, Kontrollverlust, Trennungsangst“ (Zitat aus der Gewaltstudie des Österr. Justizministeriums 2023).

Wie sieht aus Deiner Sicht ein gerechter Weg zu Gleichstellung und gesellschaftlichem Ausgleich? 

Als erstzunehmende bzw. wesentlichste kulturelle Herausforderung sehe ich, Männer / Frauen und ihr Geschlecht nicht primär in ihren pathologischen Erscheinungsformen (siehe oben) an den Pranger zu stellen. Wenn wir uns als Gesellschaft nicht für einen sachgemäßen Umgang mit systemischen Aspekten bzw. Problemen entscheiden, kann ein Flächenbrand entfacht werden, der – zurzeit noch am Rande der Gesellschaft – manchen „Eingeweihten“ gerade anfänglich bewusst wird: Männer, die sich rechten Strömungen zuwenden, weil sich in der Mitte dieser Gesellschaft keine/r ihrer Nöte bzw. Bedürfnisse anzunehmen scheint. Den Begriff „Incels“ kennen bislang viele nur erst aus TV-Krimiserien. Das Problem: Chancen-UNgleichheit kennt kein Geschlecht. Es gibt zurzeit zwar eine traditionalistische Frauen- UND Männerpolitik wie es auch eine fortschrittlich Frauenpolitik gibt. Es gibt aber keine auch nur im Entferntesten vergleichbar fortschrittliche Männerpolitik. Mit anderen Worten: Es fehlt unseren Gesellschaften ein zweites, fortschrittliches Standbein im Gender-Diskurs. Welch‘ ein Dilemma!

Der Begriff „Geschlechtergerechtigkeit“ erschöpft sich heute in zwei „kommunizierenden Strategien“ (Stell Dir dabei als Bild zwei „kommunizierende Gefäße“ vor, wo der Flüssigkeits-Stand NIE unabhängig voneinander verschieden hoch stehen kann): 1.) Propagiere die Lebens-Bedürfnisse und -Interessen der Geschlechter als möglichst gleich. 2.) Steigere die Chancen von Mädchen- und Frauen und führe sie an die Möglichkeiten von Jungs und Männer heran. – Das war bzgl. mangelnder Chancengleichheit einmal durchaus berechtig. Deshalb erachte ich den Feminismus in seinem früheren Anliegen (Frauen-Emanzipation) als wesentlichste Befreiungs-Bewegung im 20. Jahrhundert.) M. E. sind seine nach wie vor einseitigen Bestrebungen bzgl. Geschlechter-Fairness, in vielem nicht mehr zeitgemäß. Und doch findet solch einseitige Gender-Förderung heutzutage immer noch bereitwillig Anwendung. Aber ist dies nachhaltig betrachtet noch die passende Lösung …? – Ungleichheit, bedeutet nicht per se – Ungerechtigkeit. Und Chancengleichheit führt nicht zwingend zu Ergebnisgleichheit (höchstens: zwangsweise). Meines Erachtens gehören längstens auch die Jungs, Väter / Männer sowie ihre heutigen Fragestellungen, Bedürfnisse und Nöte in solche Lösungsansätze einbezogen. (Bezeichnender Weise gibt‘s im deutschsprachigen Raum über 260 Uni-Lehrstühle für „Gender- & Frauenforschung“. Aber nicht einen für „Gender- & Männerforschung“.)

Deshalb haben wir unter anderem twogether.wien gegründet. Ein Friedensprojekt, das die Interessen beider / aller Geschlechter gleichermaßen in sich vereint. Unsere Initiative steht für einen Empathie-Impuls zwischen allen Geschlechtern: renommierte Frauen setzen sich für Männer-(Anliegen) ein sowie für Väter & Jungs. Und renommierte Männer setzen sich für Frauen-(Anliegen) ein sowie für Mütter & Mädels – und offen für ALLE Geschlechter. Hier wird niemand vergessen oder ignoriert. ZWEI fortschrittliche Standbeine für einen GEMEINSAM gestalteten Entwicklungsprozess der Geschlechter. Wir nennen es das twogether „Crossover“-setting: Men4Women, Women4Men – HUMANS4HUMANS!

Mein persönlicher Schluss, bzw. die diesbezügliche Essenz – quasi als Schluss-Satz: Der Schlüssel für künftig frei gestaltete „Geschlechtergerechtigkeit“, liegt meines / unseres (twogether-)Erachtens bereits im Kleinkind-Alter.

Deshalb steht twogether.wien auch als gesellschaftspolitisches Sprachrohr für diese (noch) Unmündigen sowie die gleichwertig achtsame Anerkennung auch ihrer Interessen. Fremdbetreuung ist – wo nötig – entsprechend medizinisch-psychologisch geforderter Standards (Betreuungsschlüssel) anzubieten für Bonding in den 3 ersten Lebensjahren (Fragen Sie sich doch auch mal selbst: „Könnten Sie 6-8linge betreuen?“) – Versorgung kann elterliche Fürsorglichkeit nicht ersetzen, will man / frau diese später einmal weitergegeben wissen. Ebenso entscheidend: ein klärender Diskurs über individuell zu beurteilende „Krippen-Reife“ (analog der „Schulreife“) sowie die verpflichtende Einführung zeitgemäßer „Eltern-Kompetenztrainings“. Mütter und Väter sollen ihre Elternrolle in guter Weise leben können. Unser diesbezüglicher Ansatz heißt: „Bindung vor Bildung!“ sowie die Einführung eines „Kinder-Gehalts“ für jedes Kind ab der Geburt, um ein Heranwachsen in Würde und Geborgenheit sowie adäquate Förderung zu ermöglichen. (Siehe dazu: https://www.twogetherwien.com/babykrippen-bindung-vor-bildung).

Wie wirken sich Social Media und Digitalisierung auf das Geschlechterverhältnis aus? 

Dies ist ein sehr spannendes Thema. Wir alle, jede/r von uns, lebt ja immer schon in sozialen Blasen. Social Media verstärkt und befördert die isolierende Verengung solcher „Bewusstseins-Blasen“ von Menschen, die sich real betrachtet gar nicht mal kennen. So haben wir heute geradezu ein Unmaß an Information zur Verfügung. Und dennoch erreichen jeden von uns zumeist nur jene Infos, die uns die Digitalisierer über Bots auf den Leib schneidern.

Vielleicht kann ich da nicht wirklich viel Neues beisteuern. Was mir aber deutlich wird: In der digitalen Social Media Welt gilt: Wenn wir uns für ein „Crossover“ zwischen diesen oft sehr eindimensionalen Bewusstseins-Blasen nicht EIGENAKTIV auf versöhnliche Weise öffnen, wird jedem / jeder von uns als vermeintlich reale Welterfahrung nur jene Wirklichkeit zugänglich sein, die andere für uns aufbereiten.

Dieses Crossover aber setzt die stete Bereitschaft voraus, Lernende/r sein zu wollen. Jemand also, der darum weiß, dass man / frau sich nichts vergibt, auch andere Menschen in ihrer Lebensrealität (für) wahr zu nehmen. Ja, das zeitigt immer wieder Schwellen, welche zu überschreiten sind. Der Lohn: Die eigenen Grenzen erweitern sich zumeist auf überraschende Weise: Wir machen eine solche Übung somit nicht primär nur für den jeweils anderen / die jeweils andere, sondern in hohem Maß für uns selbst. Um zu wachsen.

In der Zukunft ist Digitalisierung nicht wegzudenken. Dennoch bzw. gerade deshalb erscheint es uns entscheidend, parallel dazu für REALE Begegnungsorte eines derartigen Austauschs, mit REALEN Menschen zu sorgen. Das erscheint zunächst „aufwändig“. Doch: Von nichts, kommt nichts.

Echte Begegnung braucht heute ein besonders kostbares und wesentliches Gut: ZEIT. – Zeit einander auch von Angesicht zu Angesicht, REAL zu begegnen und – zuzuhören. Wie kann man so eine Begegnung begünstigen? Wie fühlt man / frau sich ECHT gehört?

Noch ein – vereinzelter – Gedanke dazu: Vielleicht wäre es stimmiger, nicht den Tieren im Zoo ihre Namen zu entziehen (wie dies kürzlich in Wien angedacht war), sondern sich auf eine andere Gepflogenheit zu verständigen: Robotern und Maschinen im Bereich der „künstlichen Intelligenz“ KEINE Namen zu geben. … Natürlich weiß der Hersteller von „Alexa“, warum er diesbezüglich wohl „not-very-amused“ wäre. Das Geschäft …

Ich komme nun zu Deiner letzten Frage. Das Symposium von twogether.wien 2023: Konzipiert wurde das twogether-setting als ein Projekt „Sozialer Kunst“ (Joseph Beuys): Men4Women, Women4Men – HUMANS4HUMANS stellt ein Paradox dar und stellt Geschlechter-Versöhnung und -Vertöchterung in den Fokus des leider so oft künstlich aufgeheizten Diskurses. Wer solch einen Festtag einmal erlebt hat, weiß, wovon ich hier spreche.

Das twogether.wien Symposium findet im September statt. Was kann man bei dieser Veranstaltung erleben? Was nimmt man mit?

Für twogether.wien geht es um eine radikal neue Qualität im Gender-Diskurs: bestehende Rivalitäten aufzulösen, um einen empathischen Bewusstseins-Shift in Gesellschaft, Wirtschaft und Familie anzustoßen. Den Rahmen bietet u.a. unser jährliches Symposium, wo diese Übung gegenseitiger Empathie stattfinden darf: Renommierte Frauen sprechen für Männer(-Anliegen) und renommierte Männer sprechen für Frauen(-Anliegen). Das Symposium findet am Donnerstag, den 21. September (ab 13:00 nachmittags) in der „Kulturgarage“ in Wien statt. – Ein „Thursday4future“ für den gemeinsam zu gestaltenden „sozialen Klimawandel“.

In diesem Jahr ist der Zeitpunkt unseres Symposiums auf doppelte Weise besonders: Es findet zur „Tag-und-Nacht-Gleiche“ statt und zugleich am „Internationalen Weltfriedenstag“. Beides verdeutlicht auf sehr sprechende Weise unser Anliegen: Zwei komplementäre Qualitäten stehen einander gleichwertig gegenüber. Ein Fest gegenseitiger Verständigung. Unser Schwerpunkt 2023 heißt: „Von der Würde des Weiblichen & Männlichen“.

In den letzten Jahren standen uns Matthias Horx (Zukunftsinstitut), Mari Lang (ORF-Moderatorin und Podcasterin „Frauenfragen“), Prof. Bernhard Heinzlmaier (Trend- und Jugendforscher), Doris Palz (Great Place to Work) sowie Prof. Gerald Hüther (Akademie für Potentialentfaltung) und weitere Speaker ehrenamtlich zur Verfügung. – Auch dieses Jahr werden wieder bekannte Expert(inn)en diesen Impuls ehrenamtlich weitertragen: Ali Mahlodji, BSc (EU-Jugendbotschafter und CEO von futureOne), Univ.-Prof.in Katharina Mader (AK Wien), Dr. Georg Fraberger (WU Wien) und Daniela Philipp, Dipl.-LSB (Viktor Frankl Zentrum) u.a.

Gemeinsam praktizieren wir an diesem Tag bewusst ein „Gehen-in-den-Schuhen-des-jeweils-anderen-Geschlechts“. Soziale Kräfte werden bestärkt, gesundende Impulse gesetzt. 

John Lennon formulierte einst: „Love is the answer.“ – Könnte sein, er liegt damit ziemlich richtig …

Zusätzliche Infos zu unserer zivilgesellschaftlichen Initiative twogether.wien finden Interessierte auf unserer Veranstaltungs-Website: www.twogether.wien. (Ebenso LINKs zur Film-Nachlese unseres letztjährigen Symposiums, den Speakern etc.)

Gender-Hinweis:

Zur besseren Lesbarkeit dieses Blogartikels verwenden wir das generische Maskulinum. Die in diesem Blogartikel verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.

Für Sie ausgewählt

Leave a Comment