Michaela Lindinger, CEO & Co-Founder von think300, ist Mutter einer 7-jährigen Tochter, leidenschaftliche Entrepreneurin, Coach, Beraterin, gefragte Rednerin, Autorin und Mitglied des Forbes Coaches Council.
Im Blog erzählt Michaela Lindinger uns, wie sie den Spagat zwischen dem Privaten und Beruflichen schafft, welche Hürden es für GrünerINNEN gibt und warum die Zusammenarbeit in Ecosystems im Start-up Bereich so wichtig ist.
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Frauen sind in der Start-up Szene selten. Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?
Unternehmerin zu sein ist für mich die direkte Übersetzung von “seinen eigenen Weg bestimmen” und “tun, was und wie ich es will” – und das ist aus meiner Sicht um ein Vielfaches spannender als Befehlsempfänger mit geringem Handlungsspielraum zu sein. Ich würde mir wünschen, dass mehr Frauen den oftmals starken Wunsch nach “Sicherheit” und “versorgt sein” zumindest in Teilen hinter sich lassen können und vom Beifahrer- auf den Fahrersitz wechseln.
Welche Erfahrungen haben Sie bisher in der Start-up Szene gemacht? Werden Frauen akzeptiert?
Ich kann die Frage schon fast nicht mehr hören, ob Frauen akzeptiert werden – natürlich werden sie akzeptiert, wenn sie auch selbstbewusst und selbstbestimmt auftreten! Die Herausforderung lauert für Frauen aber nicht in der Startup-Szene an sich – da sind sie nicht nur akzeptiert, sondern auch gewünscht und gesucht – sondern viel eher an der Schnittstelle von Startup und Old Economy: So mancher Old-Economy-CEO war dann schon verwundert, als er auf meiner Visitenkarte tatsächlich “CEO” gelesen hat….
Gibt es einen Unterschied zwischen GründerINNEN und ihren männlichen Kollegen?
Es gibt auch bei männlichen Gründern ganz viele unterschiedliche Zugänge und ja, Frauen gehen manche Dinge anders an. Ich kann nur auf mich selbst referenzieren und weiß, dass ich deutlich mehr Zeit und Aufmerksamkeit auf das „gemeinsame Gedanken spinnen“ und den Austausch zu kritischen Fragen mit mehreren Personen lege – da neigen die männlichen Gründerkollegen vielleicht zu weniger abgestimmtem und dadurch schnellerem Vorgehen. Beides hat seine Berechtigung.
Der Anteil an GründerINNEN liegt in Europa bei knappen 15 %. Was braucht es, um diesen Anteil zu erhöhen?
Ich hatte in meiner Karriere – egal ob früher im Corporate Setting oder später als Unternehmerin – fast ausschließlich männliche Rolemodels…und das passte nicht immer ganz. Ich denke es braucht daher mehr weibliche Vorbilder, die wiederum anderen Frauen mögliche Wege aufzeigen, wie sich Startup und privates kombinieren lassen. Als Mama und Unternehmerin ist mir durchaus bewusst, wie schwierig dieser Spagat manchmal sein kann. Viele Gründerinnen stellen genau diese Frage als erstes, wenngleich nicht selbstsicher, sondern eher hinter vorgehaltener Hand. Wenn wir die Quote der Gründerinnen nach oben bringen wollen, dann braucht’s eine revolutionäre Veränderung zu rechtlichen Rahmenbedingungen wie Arbeitszeiten, Behördenauflagen, ein Pflichtschulfach “Unternehmertum und persönliche Leistungsfähigkeit”…. und es braucht übrigens auch Männer, die ihren Frauen die Chance geben, “ihr Ding” durchzuziehen und sich dafür auch mal im privaten Kontext einspannen lassen!
Was sind die größten Herausforderungen für GründerINNEN? Welche Hürden gibt es?
Das ist eine ganz schwierige Frage, weil sie so vielschichtig ist. Wahrscheinlich ist die größte Hürde, nicht vorbehaltlos den eigenen Stärken zu vertrauen und vollkommen überzeugt davon zu sein, dass es immer einen Weg gibt, wenn man ihn nur sucht. Frauen und Männer sind verschieden – das ist aber keine Hürde, sondern das ist eine Chance!
Welche Tipps würden Sie Frauen mit auf den Weg geben, die ein Start-up gründen möchten?
Startup ist kein Lifestyle, sondern eine Arbeitseinstellung. Das heißt, es muss – egal ob von Männern oder Frauen – ein echtes Kommittent zu dieser Bergtour geben und nicht die Erwartungshaltung, dass das ein Spaziergang ist. Wenn alles glatt läuft (was es aber nie tut), umso besser. Wichtig war für mich auch eine Handvoll vertrauter Mentoren, mit denen man ungeniert und offen über die großen und kleinen Herausforderungen diskutieren kann. Und immer eine Antwort auf die Frage nach dem Warum: Warum tu ich das? Auf welches meiner „big five for life“ zahlt dieses Startup, diese Aufgabe ein?
Wie wichtig ist die Zusammenarbeit in Ecosystems im Start-up Bereich?
Zusammenarbeit ist immer essenziell, wenn es tatsächliche Kollaboration im Sinne von “gemeinsam mehr schaffen” ist. Rein physisches Nebeneinandersitzen bringt nix. Wichtig ist der persönliche Austausch, das gegenseitige Challengen, sich als Accountability-Buddy des anderen sehen und auf dessen Erfahrung aufbauen. Auch die Kooperation mit Startups und Corporates darf nicht einem “Zoobesuch” gleichen, wo derjenige mit dem größeren Kontorahmen dem anderen die Ideen abkauft. Es muss ein Begegnen auf Augenhöhe sein, da sowohl das Startup, aber auch das Corporate vom jeweils anderen verdammt viel lernen kann!
Unsere startup300-Familie ist ein Beispiel für solch ein heterogenes Ecosystem, wo nicht nur Startups und Business Angels, sondern auch die Talente aus den Corporates aktiv andocken und sich gemeinsam auf eine Reise in die unbekannte Zukunft begeben …. klingt jetzt fast theatralisch, aber ist tatsächlich so. Jeder, der bereit ist für diese Reise, kann dazustoßen und mitmachen.